UCITS III, darunter versteht man ganz allgemein die beiden Richtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.2.2002, die UCITS I, also die Richtlinie 85/611/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) a) hinsichtlich der Anlagen der OGAW (2001/108/EG) und b) zwecks Festlegung von Bestimmungen für Verwaltungsgesellschaften und vereinfachte Prospekte (2001/107/EG) geändert haben und am 13.2.2002 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wurden.
Offene Fragen und Auslegungsschwierigkeiten
Der österreichische Gesetzgeber wurde durch diese Richtlinien verpflichtet, bis zum 13.8.2003 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, die erforderlich sind, um den Richtlinien nachzukommen; mit einigen Tagen Verzögerung wurde daraufhin am 26.8.2003 das BGBl. I 80/2003, mit dem auch das Investmentfondsgesetz 1993 (InvFG) geändert wurde, veröffentlicht. Bei näherer Auseinandersetzung mit dem Gesetzestext, der über weite Abschnitte im wesentlichen wortgleich dem Richtlinientext folgt, stößt man aber auf offene Fragen und Auslegungsschwierigkeiten in Zusammenhang mit den Bestimmungen über die Unternehmensgruppe. Dabei kann dem österreichischen Gesetzgeber jedoch grundsätzlich kein Vorwurf gemacht werden, da die Probleme in der Richtlinie 2001/108/EG (in weiterer Folge „Richtlinie“ genannt) selbst liegen. Die nachstehende Analyse soll einen Problemkreis bei den allgemeinen Veranlagungsbestimmungen und in weiterer Folge bei diese Veranlagungsvorschriften weiter einschränkenden Bestimmungen über die Unternehmensgruppe aufzeigen.
Der neu gefasste Artikel 22 der Richtlinie bestimmt in Absatz 1: „Ein OGAW darf höchstens 5 % seines Sondervermögens in Wertpapieren oder Geldmarktinstrumenten ein und desselben Emittenten anlegen. Ein OGAW darf höchstens 20 % seines Sondervermögens in Einlagen bei ein und demselben Einrichtung anlegen.“
Artikel 22 (2) der Richtlinie gestattet es den Mitgliedstaaten, dass die in Absatz 1 genannte Anlagegrenze von 5 % auf höchstens 10 % angehoben wird. Jedoch darf der Gesamtwert der Wertpapiere und Geldmarktinstrumente der Emittenten, bei denen der OGAW jeweils mehr als 5 % seines Sondervermögens anlegt, 40 % des Wertes seines Sondervermögens nicht überschreiten.
Weiters normiert Artikel 22 (2) der Richtlinie eine wichtige Beschränkung: „Ungeachtet der Einzelobergrenzen des Absatzes 1 darf ein OGAW bei ein und derselben Einrichtung höchstens 20 % seines Sondervermögens in einer Kombination aus
- von dieser Einrichtung begebenen Wertpapieren oder Geldmarktinstrumenten und/oder
- Einlagen bei dieser Einrichtung und/oder
- von dieser Einrichtung erworbenen OTC-Derivaten investieren.“
In Artikel 22 (4) gestattet die Richtlinie den Mitgliedstaaten, dass für bestimmte Schuldverschreibungen die in Artikel 22 (1) Satz 1 genannte Obergrenze von 5 % auf höchstens 25 % angehoben werden kann, wenn die Schuldverschreibungen von bestimmten Kreditinstituten begeben werden.
Wie viel darf in Kombination investiert werden?
Dabei vergisst die Richtlinie aber in weiterer Folge zu regeln, wie dieses 25 %-Limit mit dem 20 %-Limit der „Kombination“ (Artikel 22 (2)) harmonisieren soll, lässt also offen, wie viel ein OGAW aus einer Kombination dieser Schuldverschreibungen und/oder Einlagen (und/oder OTC-Derivaten) bei diesem Kreditinstitut erwerben darf. Diese Frage ist dann von großer Bedeutung, wenn Schuldverschreibungen der Depotbank erworben werden sollen, da diese naturgemäß auch erste Adresse für das Einlagengeschäft und OTC-Transaktionen (insbesondere Devisentermingeschäfte) des betreffenden OGAW sein wird.
Widersprüchliche Aussagen in §20 InvFG
Auch der österreichische Gesetzgeber konnte diese Rechtslücke nicht schließen, war er ja an die Vorgaben der Richtlinie gebunden. Zwar hat er von der Richtlinienermächtigung in vollem Ausmaß Gebrauch gemacht und gewährt wie vor der Novelle in § 20 (3) Z. 7 InvFG Investments bis zu 25 % für Schuldverschreibungen von bestimmten Kreditinstituten, doch schränkt er dieses Limit gleichzeitig durch den neugefassten § 20 (3) Z. 8d, letzter Satz InvFG wieder ein, weil er normiert: „Ungeachtet sämtlicher Einzelobergrenzen darf ein Kapitalanlagefonds bei ein und demselben Kreditinstitut höchstens 20 % des Fondsvermögens in einer Kombination aus von diesem Kreditinstitut begebenen Wertpapieren oder Geldmarktpapieren und/oder Einlagen bei diesem Kreditinstitut und/oder von diesem Kreditinstitut erworbenen OTC-Derivaten investieren.“ Diese leider an etwas unübersichtlicher Stelle im InvFG platzierte Bestimmung steht in Widerspruch zu § 20 (3) Z. 7 InvFG, während die Richtlinie, die die Ausnahmeregelung des Artikel 22 (4) im Richtlinientext nach der „Kombinations“-Bestimmung des Artikel 22 (2) normiert, lediglich eine Rechtslücke, aber keinen Widerspruch darstellt.
Weitere Interpretationsschwierigkeiten
Legt man über diese Veranlagungsbestimmungen noch den Raster der neuen Bestimmungen über Investitionen bei ein und derselben Unternehmensgruppe, treten weitere Interpretationsschwierigkeiten auf:
Artikel 22 (5) der Richtlinie enthält fünf Unterabsätze, wobei die beiden letzten Bestimmungen über die Unternehmensgruppe beinhalten: „Gesellschaften, die im Hinblick auf die Erstellung des konsolidierten Abschlusses im Sinne der Richtlinie 83/349/EWG oder nach den anerkannten internationalen Rechnungslegungsvorschriften derselben Unternehmensgruppe angehören, sind bei der Berechnung der in diesem Artikel vorgesehenen Anlagegrenzen als ein einziger Emittent anzusehen.“ Die Richtlinie normiert im fünften Unterabsatz weiter: „Die Mitgliedstaaten können gestatten, dass Anlagen in Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten ein und derselben Unternehmensgruppe zusammen 20 % erreichen.“
Hier liegt auch auf Ebene der Richtlinie ein Widerspruch vor, da diese 20 %-Grenze mit der Bestimmung des Art 22 (4) der Richtlinie in Konflikt gerät, nach welcher Investments bis zu 25 % für Schuldverschreibungen von bestimmten Kreditinstituten möglich wären. Von einer „Gestattung“, einer „besonderen Begünstigung“ für alle Investitionen bei ein und derselben Unternehmensgruppe kann hier also keine Rede sein.
Offen bleibt weiter, ob ein OGAW, der durch Investitionen in Wertpapiere und Geldmarktpapiere derselben Unternehmensgruppe das 20 % Limit von Artikel 22 (5), 5. Unterabsatz der Richtlinie voll ausgeschöpft hat, zusätzlich in Einlagen bei der Unternehmensgruppe und in von Einrichtungen der Unternehmensgruppe erworbenen OTC-Derivaten investieren darf, gilt doch gemäß Artikel 22 (4) der Richtlinie auch für Unternehmensgruppen die „Kombinations“-Bestimmung des Artikel 22 (2), die einen 20 %-Riegel vorsieht.
Der österreichische Gesetzgeber hat die Vorgaben der Richtlinie über die Unternehmensgruppe in § 20 (3a) InvFG und in § 20 (3) Z. 8a InvFG umgesetzt. Während die Richtlinie die Generalnorm in Artikel 22 (5), 4. Unterabsatz verständlicherweise vor die Spezialnorm im 5. Unterabsatz gestellt hat, hat der österreichische Gesetzgeber durch unterschiedliche Platzierung im Text den Zusammenhang dieser Bestimmung „zerrissen“ und die lex spezialis des § 20 (3) Z. 8a etwas unübersichtlich im Gesetzestext vor die Generalnorm des § 20 (3a) aufgenommen.
Die Generalnorm des § 20 (3a) bestimmt wortgleich zum Richtlinientext: „Gesellschaften, die im Hinblick auf die Erstellung des konsolidierten Abschlusses im Sinne der Richtlinie 83/349/EWG oder nach den anerkannten internationalen Rechnungslegungsvorschriften derselben Unternehmensgruppe angehören, sind bei der Berechnung der in Absatz 3 vorgesehenen Anlagegrenzen als ein einziger Emittent anzusehen.“ § 20 (3) Z. 8a bestimmt: „Wertpapiere und Geldmarktinstrumente ein und derselben Unternehmensgruppe können bis zu 20 % des Fondsvermögens erworben werden“
Auch nach österreichischer Rechtslage ergibt sich ein Widerspruch zum 25 %-Limit des § 20 (3) Z. 7 InvFG für Schuldverschreibungen von bestimmten Kreditinstituten. Werden die Bestimmungen des § 20 (3) Z. 8a und § 20 (3a) in Verbindung mit § 20 (3) Z. 8d, erster Satz, InvFG gelesen, dann dürfen bei derselben Unternehmensgruppe nur 20 % Sichteinlagen und kündbare Einlagen mit einer Laufzeit von höchstens 12 Monaten gehalten werden. Offen bleibt, ob die Verwendung des Wortes „Emittent“ in § 20 (3a) InvFG und in Art 22 (4) der Richtlinie im Sinne von „Aussteller“ oder zusätzlich auch im Sinne von „Institut“ zu lesen ist, wird doch einleitend in Punkt 10 der Erwägungen der Richtlinie festgehalten: „Aus aufsichtsrechtlichen Gründen sollte ein OGAW eine übermäßige Konzentration seiner mit einem Ausfallrisiko behafteten Anlagen oder Einlagen bei ein und demselben Emittenten bzw. Institut oder bei derselben Unternehmensgruppe angehörenden Emittenten bzw. Instituten vermeiden.“
Die angesprochenen Probleme können auch durch Artikel 20 (5), 2. Unterabsatz der Richtlinie („Die in den Absätzen 1,2,3 und 4 getätigten Anlagen in Wertpapieren oder Geldmarktinstrumenten ein und desselben Emittenten oder in Einlagen bei diesem Emittenten oder in Derivaten desselben in keinem Fall 35 % des Sondervermögens der OGAW übersteigen“), bzw. im InvFG durch die Bestimmung des § 20 (3) Z. 8, letzter Halbsatz („insgesamt dürfen die in Wertpapieren, Geldmarktpapieren oder Derivaten desselben Ausstellers oder in Einlagen bei diesem Emittenten getätigten Anlagen nicht 35 % des Fondsvermögens übersteigen“) nicht gelöst werden.
Auch die gemäß Art 22a der Richtlinie künftig zulässigen Indexfonds sind von den oben angesprochenen Problemen betroffen, da zwar die Anhebung der in Artikel 22 genannten Obergrenzen für Anlagen und Aktien und/oder Schuldtiteln ein und desselben Emittenten auf 20 % bzw. 35 % normiert wird, jedoch auch diese Grenzen mit der „Kombinations“-Bestimmung in § 22 (2) der Richtlinie nicht harmonisieren und Fragen offen lassen. Diese Rechtslücke wurde auch von § 20b InvFG (regelt Indexfonds) übernommen und lässt Probleme in Zusammenhang mit § 20 (3) Z. 8d, letzter Satz InvFG erwarten.
FAZIT
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass in Bezug auf die Bestimmungen der Unternehmensgruppe die Kommission gut beraten sein wird, wenn sie dem Europäischen Parlament und dem Rat gemäß Art 2 (1) lit d der Richtlinie spätestens am 13.2.2005 einen Bericht und Änderungsvorschläge unterbreitet, um Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden und Rechtssicherheit zu schaffen.
Dr. Rolf Majcen ist Leiter der Rechtsabteilung der ERSTE-SPARINVEST Kapitalanlagegesellschaft m.b.H., Tel.: 050100 17104, Fax.: 050100 17102, e-mail: [email protected]
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