Detaillierte Aktienanalyse bei Blue-Chips wenig sinnvoll
e-fundresearch/München: Thomas Radinger, Sie sind Fondsmanager des Activest TopWelt. Könnten Sie uns bitte kurz den Investmentprozess näher erläutern?
Thomas Radinger: Der Activest TopWelt ist ein globaler Aktienfonds der als Benchmark den MSCI World verwendet. Wie dieser Index, investiert auch der Fonds großteils in Blue-Chips. Der TopWelt wird Top-Down verwaltet, das heißt die Branchenallokation spielt bei uns die größte Rolle während die Einzeltitelanalyse nur rudimentären Charakter besitzt. Gerade bei Blue-Chips lohnt sich diese Detailarbeit kaum, weil da schon viele Informationen in den Kursen enthalten sind. Länder- und Branchenauswahl macht da schon mehr Sinn…
e-fundresearch/München: Welche Rolle spielt bei Ihnen die Branchen- im Vergleich zur Länderallokation?
Thomas Radinger: Wir nehmen die Länderallokation generell genauso wichtig wie die Branchenallokation. Bei der Länderauswahl konzentrieren wir uns aber nur auf Regionen wie Nordamerika, Europa (Euroland, UK, Schweiz) oder Asien (exklusive Japan/Japan), nicht auf die einzelnen Länder.
Flexibilität ist Trumpf
e-fundresearch/München: Wie flexibel sind Sie dann in weiterer Folge bei der Gewichtung dieser Regionen- oder Branchen?
Thomas Radinger: Unser Asset-Allokation Team gibt uns Gewichtungen vor. Das Management des TopWelt darf dann im Ausmaß von +/- 30 Prozent abweichen. Japan haben wir im Fonds zum Beispiel schon früh übergewichtet, was dem Fonds auch gut getan hat.
Ziel: 2,5 Prozent Outperformance mit 6-8 Prozent Tracking Error
e-fundresearch/München: Welche Anlageziele haben Sie sich gesetzt und wurden diese auch erreicht?
Thomas Radinger: Der TopWelt soll zuerst einmal ein Blend-Fonds sein. Große, spektakuläre Performancesprünge sehen wir weiters nicht gern, weder nach oben noch nach unten. Mit einem Tracking Error von 6-8 wollen wir eine jährliche Outperformance gegenüber dem MSCI World von 250 Basispunkten erreichen. Seit Auflage des Fonds 1997 haben wir dieses Ziel auch erreicht. Dieses Jahr stehen wir bei +150 Basispunkten bei einem Tracking Error von knapp unter 5.
USA gegenüber Europa weiter untergewichtet
e-fundresearch/München: Welche Regionen haben Sie derzeit über- bzw. untergewichtet und warum?
Thomas Radinger: Seit dem Frühjahr 2003 haben wir die USA schon gegenüber Europa untergewichtet und dies im Laufe der Zeit sogar noch ausgebaut. Der wesentlichste Grund ist die günstigere Bewertung der europäischen Aktien im Vergleich mit den USA. Weiters schreckt uns das hohe Leistungsbilanzdefizit und die massiven Probleme der betrieblichen Pensionskassen dort ab. Aktuell stehen wir bei 35 Prozent Europa (Übergewichtung: 15 Prozent gegenüber MSCI World) und 45 Prozent USA (Untergewichtung: 20 Prozent).
Japan: Kursverdoppelung in 6-12 Monaten
Japan war dieses Jahr sicher der interessanteste Markt und dürfte der Highflyer des Jahres 2003 unter den großen Weltblöcken werden. Japan haben wir jetzt seit zehn Wochen übergewichtet und sind dort aggressiv, also zyklisch, ausgerichtet. Mittlerweile haben wir auch Banken und sonstige Finanztitel wieder im Fonds gewichtet. Japan wird, wie schon in der Vergangenheit, von einer der Erholung der Weltkonjunktur überproportional profitieren. Das bedeutet keinen langfristigen Trendwechsel für dieses Land aber in Japan könnten sich in diesem Umfeld die Kurse auf Sicht von 6-12 Monaten durchaus sogar verdoppeln. 40 Prozent Plus haben wir ja schon gesehen…
USA: Derzeitiges Wachstum nicht nachhaltig
e-fundresearch/München: Wie schätzen Sie denn die globale Konjunktur kurz- bzw. langfristig gesehen ein?
Thomas Radinger: Momentan stehen die Ampeln eher auch Grün. Die Erwartungen für 2004 sind aber verhalten: Die meisten Volkswirte gehen von einer Abschwächung der Wachstumsraten im nächsten Jahr aus, in den USA etwa unter 3 Prozent. Generell scheint sich also der Glaube durchzusetzen, dass das derzeitige Wachstumstempo, vor allem in den USA, nicht nachhaltig ist. Ein großer Teil entfällt ja auch auf die öffentliche Nachfrage, Stichwort Rüstungsausgaben, und der Konsum könnte weiters von einer dauerhaft hohen Arbeitslosenrate in Mitleidenschaft gezogen werden.
Wir sind etwas positiver eingestellt und glauben, dass der Wandel von einer durch öffentliche und private Nachfrage getriebenen US-Konjunkturerholung zu einer Investitionsgüter-getriebenen Nachfrage durchaus möglich ist. Die nächsten Monate werden das zeigen, wir achten da besonders auf den US-Lageraufbau. Obwohl wir guter Hoffnung sind, die Kurse das in einzelnen Sektoren wie Technologie oder Industriegüter schon vorweggenommen haben, sind wir in den USA noch untergewichtet. Die Kassaquote haben wir durch Verkäufe von Technologieaktien erhöht, derzeit stehen wir bei sechs Prozent. Falls wir einen Kursrückgang von 5-10 Prozent weltweit sehen, steigen wir aber wieder ein.
Aktien werden Anleihen weiterhin schlagen
e-fundresearch/München: Kurzfristig also noch vorsichtig, aber wie geht´s langfristig weiter?
Thomas Radinger: Langfristig kehren wir auf den normalen Renditepfad zurück: Aktien schlagen Anleihen. 2004 dürfte wieder ein gutes Aktienjahr werden, die Bäume wachsen in den Himmel. Bei einer weiterhin niedrigen Inflationsrate von 2 Prozent gehen wir von einem Ertrag von sieben bis acht Prozent pro Jahr aus.
e-fundresearch/München: Vielen Dank für das Gespräch!
Über die Person:
Thomas Radinger, geboren 1963, ist seit 2001 bei der Activest Fondsmanager für globale Fonds verantwortlich. Davor war er bei der allfonds-BKG als Fondsmanager europäische Aktien und Spezialfonds bzw. bei Merck Finck Asset Management als Fondsmanager deutsche Aktien beschäftigt. Herr Radinger verfügt über 14 Jahre Erfahrung in der Vermögensveranlagung. Er ist Diplom-Volkswirt.