Noch kein Wachstum in Sicht

In den europäischen Kernländern sieht Alex Scurlock vom Fidelity Euro Blue Chip Fund, noch keine Wachstumsbeschleunigung. Die europäischen Börsen sind jetzt fair bewertet. Für weitere Kurssteigerungen bedarf es erst einmal Anzeichen einer nachhaltigen Wirtschaftserholung. Funds | 28.09.2003 23:30 Uhr
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Seit Auflegung des Fidelity Euro Blue Chip Fund 1998 verfolgt Fondsmanager Alexander Scurlock das Ziel durch Investments in größere Unternehmen des Eurolandes eine beständige Outperformance gegenüber dem MSCI EMU Index zu erzielen. Für Alex Scurlock sind europäische Standardwerte globale Unternehmen und daher beurteilt er ihr Anlagepotenzial auch in diesem Kontext. (nähere Informationen zum Investmentprozess „Fidelity und die Lösung eines Puzzles“ vom 9.5.2002).

Wachstum in der europäischen Peripherie

e-fundresearch/München: Herr Scurlock, verglichen mit den USA liegt Europa beim Wachstum hinten. Probleme wie unflexible Arbeitsmärkte, kulturelle und sprachliche Barrieren, etc. kommen noch hinzu. Warum sollte ein Investor in Europa überhaupt sein Geld anlegen?

Alexander Scurlock: Wenn man von Europa als Ganzes spricht, liegt etwa das Wachstum klar hinter den USA zurück. Sieht man aber genauer hin, unterscheiden sich die einzelnen Länder enorm: In europäischen Peripheriestaaten wie Irland, Spanien oder Griechenland spricht keiner von Rezession, in Deutschland, Frankreich oder Italien dagegen leider schon.

Kostensenkungen für Gewinne allein verantwortlich

e-fundresearch/München: Aber auch in den Peripheriestaaten bleibt ein Faktum als Risikofaktor: Die Gewinnsteigerungen stammen großteils nur aus Kostensenkungsprogrammen, nicht aus Umsatzsteigerungen. Was sagen Sie dazu?

Alexander Scurlock: Das stimmt. Die Umsatzsteigerungsraten der europäischen Unternehmen sind zumeist enttäuschend, die Gewinnsteigerungen aber aufgrund der umgesetzten Kostensenkungen gut. Die guten Firmen haben solche Restrukturierungsmaßnahmen erfolgreich durchgeführt und konzentrieren sich weiters auf Regionen mit hohem Wachstum wie Osteuropa etc. Diese Fakten sind sicherlich positiv zu sehen.

Noch keine Wachstumssteigerungen in europäischen Kernländern

e-fundresearch/München: Und wann wird das Wachstum in den europäischen Kernländern wieder zunehmen?

Alexander Scurlock: Von den Informationen die wir durch Firmenbesuche usw. erhalten, sehen wir noch keinen Hinweis auf Wachstumssteigerungen. Man erkennt dafür aber auch keine Hinweise mehr auf weitere Einbrüche. Wir sind derzeit an einem Punkt angekommen, wo die Lage nicht mehr schlimmer sondern nur hoffentlich noch besser werden kann.

„Europäische Aktienmärkte jetzt fair bewertet“

e-fundresearch/München: Viele Investoren scheinen den kommenden Aufschwung schon vorweggenommen zu haben und sind wieder sehr positiv. Könnte dieser Überoptimismus  nicht ein Risiko darstellen?

Alexander Scurlock: Die letzten drei Jahre waren für Aktieninvestoren schrecklich. Jetzt erleben wir eine starke Gegenbewegung, der DAX hat seit dem Tief bereits 60 Prozent dazu gewonnen weil er überverkauft war. Wie geht es aber weiter? Ich denke, dass die Märkte nun fair bewertet sind. Um weitere Kurssteigerungen zu sehen muss sich die Wirtschaft aber jetzt auch nachhaltig erholen.  

Insiderverkäufe kein guter Indikator

e-fundresearch/München: Insider, also Mitglieder der Geschäftsführung oder Aufsichtsorganen, verkaufen derzeit 40-mal mehr eigene Aktien als sie kaufen. Im Sommer 2000 war das gleiche Phänomen zu beobachten und damals wie heute stand den Verkäufen der Firmenchefs ein wachsendes Interesse der Privatanleger gegenüber. Ist das ein schlechtes Zeichen?

Alexander Scurlock: Diese Kennzahl war und ist kein sehr guter Indikator für die weitere Entwicklung der Aktienmärkte und sollte deswegen nicht überbewertet werden.

e-fundresearch/München: Die EU-Osterweiterung ist für die europäischen Firmen sicher eine enorme Wachstumschance. Die strukturellen, bürokratischen und kulturellen Probleme nehmen damit aber in Europa weiter zu. Sehen Sie gar keine Risiken bezüglich der Osterweiterung?

Alexander Scurlock: Die Kritik ist sicher berechtigt. Wir brauchen in Europa mehr wirtschaftliche Reformen. Die zehn neuen Länder bringen aber ein großes Wachstumspotential mit. Die Währungen werden nach dem Beitritt zum Euro stärker werden, die Arbeitskosten sind niedrig, etc. Unter dem Strich bringt dieser Beitritt aber mehr Vor- als Nachteile.

e-fundresearch/München: Vielen Dank für das Gespräch!



Über die Person:
Alexander Scurlock ist seit 1994 bei Fidelity in London beschäftigt. Er war zunächst als Analyst, ab 1997 als Director European Equity Research tätig und in dieser Funktion für das gesamte Team europäischer Analysten verantwortlich. Seit 1998 verwaltet er den Euro Blue Chip Fund und den Aktienanteil des Euro Balanced Fund. Er hat einen M.A. der Universität von Oxford und einen MBA der Graduate School of Management in Lausanne.


Das gesamte Interview finden Sie als Audio/Video im Infocenter.


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