Zuletzt ist in den Medien die internationale Fondsbranche stark unter Druck geraten. Immer mehr Details über höchst fragwürdige und zum Teil illegale Handelspraktiken amerikanischer Fondsgesellschaften kamen ans Tageslicht. Dabei bediente man sich vornehmlich zweier Methoden – „Late Trading“ und „Market Timing“: Schwachstellen in der Ermittlung der Fondspreise und im Verkauf von Fondsanteilen an Anleger und Investoren wurden von findigen Spekulanten ausgenutzt. Die Anwendung dieser Praktiken ging vor allem auf Kosten von langfristig engagierten Fondskäufern und Kleinanlegern.
Die Details
Beim „Late Trading“ kauft bzw. verkauft ein Investor Fondsanteile nach Börsenschluss zu Tagesschlusskursen, quasi zu alten Preisen. Auf diese Weise ist es möglich, kursrelevante Ereignisse nach Börsenschluss auszunutzen, bevor sie den weiteren Kursverlauf am kommenden Tag beeinflussen. Trotz des ausdrücklichen Verbotes durch die US-Bundesgesetze haben führende US-Gesellschaften ausgewählten Großkunden den Späthandel erlaubt.
Beim „Market Timing“ nutzt der Investor Kursdifferenzen, die zwischen den Schlusskursen der Fonds z.B. in den USA und anderen Börsenplätzen auftreten können. Dies ist zwar nicht ausdrücklich untersagt, allerdings werden hierdurch Großanleger bevorzugt, da ein solches Handeln wegen der Spesen Kleinanlegern nicht möglich ist.
Was sagt die EU?
Aufgrund der wirtschaftlichen Verflechtung internationaler Investmenthäuser und Großbanken herrscht nun in Europa Verunsicherung, ob diese Praktiken auch hier angewendet werden können bzw. wurden. In Brüssel sieht man zwischen „Market Timing“ und „Late Trading“ erhebliche, auch rechtliche Unterschiede. Kursdifferenzen zwischen Schlusskursen der einen und der Geschäftstätigkeit einer anderen Börse spekulativ zu nützen, gilt zwar auch nach Brüsseler Sicht als unlauter, rechtlich war diese verpönte Gewinnmitnahme jedoch möglich, während „Late Trading“ auch nach EU-Sicht eindeutig als illegal einzustufen ist.
Die österreichische Fondsbranche hat vorgebaut
Um den österreichischen Anleger vor diesem Verhalten der Spekulanten zu schützen, hat sich die österreichische Fondsbranche schon Mitte des Jahres 2002 freiwillig Qualitätsstandards auferlegt, in denen die Branche im wesentlichen den Grundsatz konkretisierte, stets im ausschließlichen Interesse des Anlegers zu handeln. Verlässlichkeit, Integrität, Transparenz und vor allem die lückenlose Gleichbehandlung sämtlicher Anleger sind für die österreichische Fondsbranche maßgebliche Leitlinien im Umgang mit den Anlegern. Die lückenlose Gleichbehandlung ist insbesondere auch bei den Ausgabe- und Rücknahmemodalitäten der Anteilscheine gewährleistet, denn das vorsätzliche Einräumen von Vorteilen an einen bestimmten Kunden würde das Treuhand-Verhältnis zu den anderen Kunden verletzen.
Gewaltentrennung und Vieraugenprinzip schützen den Anleger
Weiters schreibt das österreichische Investmentfondsgesetz schon seit Jahrzehnten bei der Verwaltung von Investmentfonds eine Gewaltentrennung zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank bei österreichischen Investmentfonds vor, wodurch ebenfalls ausreichend Vorkehrungen getroffen werden, um ein „Late Trading“ und „Market Timing“ zu verhindern. Insbesondere ist die Ausgabe und Rückname von Anteilen ausschließliche Aufgabe der Depotbanken und darf von den Kapitalanlagegesellschaften nicht durchgeführt werden. Die wechselseitige Kontrolle zwischen den Kapitalanlagegesellschaften und deren Depotbanken, das sog. Vieraugen-Prinzip, sowie die zusätzlichen Überprüfungen durch den Wirtschaftsprüfer stellen außerdem sicher, dass solche Vorgehensweisen wie in den USA sofort entdeckt würden.
Eine weitere Vorkehrung, die in Österreich seit vielen Jahren gängige Praxis ist, besteht darin, den zeitlichen Abstand zwischen Orderschluss und Preisfeststellung exakt festzulegen, ausnahmslos alle Kunden gleich zu behandeln und niemandem unlautere Vorteile zu gewähren. Ein Zuwiderhandeln gegen oben dargestellte Vorschriften bzw. Branchenregeln würde sofort entdeckt werden, da diese nicht nur von der internen Revision, die gemäß Bankwesengesetz für jede Kapitalanlagegesellschaft einzurichten ist, überprüft, sondern auch durch die entsprechenden Aufsichtsorgane (FMA, OeNB) kontrolliert werden.
Fazit
Der österreichische Gesetzgeber und die österreichische Fondsbranche haben eine Reihe von Regelungen und Vorkehrungen getroffen, um damit die Anleger umfassend vor unlauteren Marktteilnehmern und deren zweifelhaften Geschäftspraktiken zu schützen. Durch die freiwilligen Qualitätsstandards der österreichischen Investmentfondsbranche werden dem Anleger Objektivität und Seriosität bei der Verwirklichung seiner Investmentziele gewährleistet.
Quelle:
Dr. Susanne Gstöttner, Schoellerbank Invest AG
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