Angesichts einer wenig erfreulichen konjunkturellen Entwicklung in den Industriestaaten und der damit in Verbindung stehenden geringen Wachstumsperspektiven stellt sich für den Anleger verstärkt die Frage, in welchen Bereichen oder Regionen sich eine gute Investmentalternative bieten könnte, die ein entsprechendes Rendite-Risiko-Verhältnis verspricht. Eine Antwort auf diese Frage könnten die Emerging Markets sein. Trotz einer schwächelnden Weltwirtschaft weisen viele Regionen hohe Exportraten und politische Stabilität auf. Daneben ist in vielen Ländern der Emerging Markets ein Anziehen der Binnennachfrage zu beobachten. Hinzu kommt der Strukturwandel der in den Ländern des ehemaligen Warschauer Paktes stattfindet und hohe Wachstumsraten verspricht.
Mit der Untersuchung der beiden von Vontobel und Julius Baer angebotenen Emerging Markets Fonds, die beide einen Value Ansatz verfolgen, hat FondsConsult für das Fondsduell zwei interessante Produkte herausgegriffen, mit denen es dem Anleger gelingen sollte, von den Chancen die sich in den Emerging Markets bieten, entsprechend zu partizipieren.
Fondsmanagement
Der Vontobel Emerging Markets Equity Fund wurde am 4.11.1992 aufgelegt. Seit Januar 1997 wird der Fonds von Rajiv Jain gemanagt, der Fabrizio Pierallini ablöste. Jain, der 1993 sein M.B.A.-Studium in Miami abschloss, kam im November 1994 als Aktienanalyst zu Vontobel USA. Vor seiner Karriere bei Vontobel leitete er 1989 bis 1990 die Exportabteilung bei Indo Rama Synthetics in Delhi. Nach seinem Studium arbeitete er von 1993 bis 1994 als Analyst bei einer Schweizer Bank in New York.
Der im April 2000 aufgelegte Julius Bär Emerging Markets Value wird von Hansberger Global Investors beraten. Die Gesellschaft, die 1994 in Fort Lauderdale von Thomas L. Hansberger gegründet wurde, versteht sich als klarer Value-Investor. Bevor Hansberger die Gesellschaft 1994 ins Leben rief, war er 15 Jahre für Sir John Templeton, den „Grand Old Man“ der Fondindustrie tätig.
Gemanagt wird der Fonds von Aureole Foong als leitender Portfoliomanager, sowie von Robert Mazuelos und Vladimir Tyurenkov. Foong, der neben der Verantwortlichkeit im Asien Research auch den Telekom-Bereich abdeckt, konnte bereits in der Vergangenheit hinreichend Erfahrung im Portfoliomanagement auf dem asiatischen Markt sammeln. Mazuelos, ehemaliger Performanceanalyst bei Templeton, ist im Research für die globale Investitionsgüterbranche und die Region Südamerika verantwortlich. Tyurenkov der vorher in der Russischen Regierung und an der Pepperdine Universität tätig war, hat die Researchverantwortlichkeit für mehrere globale Industriezweige sowie für die Region Osteuropa.
Der Investmentprozess
Die Investmentphilosophie von Hansberger Global Investors (HGI`s) basiert auf der Überzeugung, dass Wert nur dann entstehen kann, wenn es gelingt, die Investmentgelegenheit frühzeitig zu erkennen. Die Bewertungsmethode stützt sich dabei auf Aktien, die einen größtmöglichen Abschlag bezüglich der zukünftigen Gewinne, Cashflow oder NAV aufweisen.
Beim Investmentprozess von HGI`s dominiert die fundamentale Unternehmensanalyse. Dabei werden Unternehmen gesucht, deren Geschäftsmodell verständlich ist. Betrachtet wird die Stellung des Unternehmens im Vergleich zu lokalen als auch zu globalen Wettbewerbern. Eine weitere Voraussetzung für eine Investition ist, dass die Technologien und Innovationen, die zu einer Umformung des jeweiligen Industriesektors führen können, bekannt sind. Auch der Aktienkurs des Unternehmens im Verhältnis zum Gewinn, Dividenden, Vermögen und anderer Kriterien wird berücksichtigt.
Hansberger beobachtet derzeit 10.000 Aktien weltweit, wovon 450 bis 500 unterbewertet sind und aktiv verfolgt bzw. analysiert werden. Die Analyse beinhaltet unter anderem auch Unternehmensbesuche der HGI Analysten. In den Schwellenländern ist Hansberger derzeit mit drei Analystenteams – Moskau, Hongkong und Bombay – vertreten.
Bei der Konstruktion des Emerging Markets Portfolios werden 50 – 60 der relevanten Titel aus der VALUE- Liste selektiert. Die Gewichtung jedes einzelnen Titels bewegt sich dabei in einer Range zwischen 0,5 % bis 1,5 %. Bei der Länderallokation, die ein Ergebnis des Bottom Up Ansatzes darstellt, wird darauf geachtet, dass die Abweichung zu den drei wichtigsten Regionen +/- 30% nicht übersteigt bzw. unterschreitet. Bei der Sektorallokation beträgt die maximale/minimale Abweichung 50%.
Die Einhaltung einer strikten Verkaufsdisziplin ist Teil des Investmentprozesses und Risikomanagements. Diese tritt in Kraft, wenn ein Titel den Zielpreis erreicht oder eine Verschlechterung des fundamentalen Umfeldes zu beobachten ist. Auch ein Vertrauensverlust in das Management oder eine günstigere Investmentalternative kann ausschlaggebend für einen Verkauf sein.
Am Beginn des Investmentprozesses beim Vontobel Fonds steht ein allgemeiner Screeningprozess mittels Bloomberg-Daten. Damit ein Wert in das Auswahluniversum gelangt, muss er beispielsweise einen Jahresumsatz größer 250 Mio. USD generieren. Neben anderen Auswahlkriterien, berücksichtigt das Fondsmanagement ausschließlich stabile Industriezweige oder Branchen, von denen keine gravierenden Veränderungen zu erwarten sind.
Bei der individuellen Titelselektion werden vor allem solche Werte berücksichtigt, die eine gewisse Vorhersehbarkeit aufweisen. Damit ist gemeint, dass ein Unternehmen durchschaubare Geschäfte betreibt, eine schlüssige Geschäftspolitik und ein Shareholder-orientiertes Management hat. Wichtig ist auch, dass der Geschäftserfolg einer gewissen Nachhaltigkeit unterliegt. Deshalb beurteilt das Fondsmanagement beispielsweise die Fähigkeit, eine gleich bleibende Dividendezahlung zu gewährleisten oder ob bei wachsender Kapitalbasis auch ein hoher ROE (Eigenkapitalrendite) erzielt wird.
Um in das Portfolio des Fonds aufgenommen zu werden, sollte die Bewertung der untersuchten Titel unter dem vom Fondsmanagement erwarteten Marktpotential liegen.
Zur Kontrolle der Portfoliorisiken bewegt sich die Ländergewichtung innerhalb eines 10% Verhältnisses zum MSCI EM Free Index. Außerdem ist der Fonds mindestens in 10 Länder und 5 Sektoren gleichzeitig investiert. Im Unterschied zum Julius Baer Fonds, bei dem die Gewichtung des einzelnen Titels bei der Portfoliokonstruktion zwischen 0,5% bis 1,5% liegt, bewegt sie sich beim Vontobel Fonds in einer Range zwischen 1% und 5%.
Auch der Vontobel Fonds verfolgt klare Leitlinien, wann ein Titel verkauft wird, die im wesentlichen mit denen des Julius Baer Fonds übereinstimmen.
Portfoliobetrachtung
Ein Unterschied in der Portfoliostruktur der beiden Fonds ergibt sich aus der Ländergewichtung. Betrachtet man die prozentualen Länder-Investitionsquoten, wird deutlich, dass Rajiv Jain mit seinem Vontobel Fonds mit derzeit 30,8 % in Korea wesentlich stärker vertreten ist, als der von Foong gemanagte Julius Bär Fonds, der lediglich mit 20,90 % in Korea investiert ist. Gegenüber der Benchmark, MSCI EMF, in der Korea mit ca. 23,2 % gewichtet ist, ergibt sich für den Vontobel eine deutliche Übergewichtung von 7,6 %, während der Julius Baer mit 2,3 % hier leicht untergewichtet ist.
Ein weiterer Unterschied in der Länderaufteilung stellt Russland dar. Während der Julius Bär Fonds Russland mit derzeit 9,7 % gegenüber der Benchmark (4,9 %) deutlich übergewichtet, findet sich dieses Land nicht unter der Aufstellung der größten Länder des Vontobel Fonds. Parallelen ergeben sich hingegen bei den Ländern Mexiko, Hongkong und Malaysia die in beiden Portfolios nahezu gleich vertreten sind.
Bei den größten Positionen der beiden Fonds finden sich keinerlei Überschneidungen. Die noch bekannteren Namen beim Vontobel Fonds, bei dem die Top Ten insgesamt 34,9 % des Gesamtportfolios betragen, sind Telefonas de Mexico und Coca-Cola Femsa die mit 3,5 % bzw. 2,9 % gewichtet sind. Beim Julius Baer Fonds sind es mit Samsung Electronics (4,6 %), die Kookmin Bank (2,97 %) und Korea Electric Power (2,68%) in erster Linie koreanische Werte, die zu den noch bekannteren Titeln zählen. Die Gewichtung der 10 größten Titeln liegt beim Julius Bär Fonds mit 29,47% deutlich unter der des Vontobel Fonds.
Der Rendite/Risikovergleich
Betrachtet man sich die Wertentwicklung der beiden Fonds im Zeitraum 28.04.2000 (Auflagedatum des Julius Baer Fonds) bis 29.11.02, kann der von Hansberger gemanagte Julius Baer Fonds mit einem Minus von 24,92 % gegenüber dem Vontobel Fonds (-27,25%) ein leichtes Plus von 2,33 % auf Euro-Basis vorweisen. Gegenüber der Benchmark, MSCI EMF, die im gleichen Zeitraum –38,63 % verlor, gelang beiden Fonds eine deutliche Outperformance von 11,38% (Vontobel) bzw. 13,71% (Julius Bär).
Auch unter Risikoaspekten unterscheiden sich die beiden Fonds nur geringfügig. Über den betrachteten Zeitraum weist der JB Hansberger Fonds eine jährliche Volatilität von 24,77 % auf, der Vontobel liegt mit 23,21 % etwas darunter. Noch geringer sind die Unterschiede beim maximalen Verlust, der beim JB Hansberger bei –34,01 % und beim Vontobel bei –34,31 % liegt.
Ausblick
Bezüglich der weiteren Entwicklung der Emerging Markets sieht Jain insbesondere für Asien weiteres Aufwärtspotential. Risiken sieht er trotz günstiger Bewertungen in der Türkei und in Argentinien. Ähnlich zurückhaltend äußert sich der Manager zu Russland. Das Land partizipiert in erster Linie von dem hohen Ölpreis, der sich infolge der aktuellen Situation im mittleren Osten noch immer auf hohem Niveau befindet. Angesichts einer zusätzlichen Kapazität von 2,5 Millionen Barrel Öl, über die der Irak verfügt und die derzeit infolge der Beschränkungen nicht genutzt werden, glaubt das Fondsmanagement, dass bei einer Entspannung der Lage ein Preisverfall bei dem Schwarzen Gold einsetzen wird und hierdurch die Margen unter Druck geraten werden. Generell positiv für die Emerging Markets sieht Jain das niedrige Zinsniveaus, weshalb er hier den besten „Rendite-Risiko-Verhältnis Kompromiss“ der gesamten Aktienwelt sieht.
Aureole Foong rechnet hingegen mit einem insgesamt weiteren positiven Einfluss den die Krise und der einhergehende hohe Ölpreis auf die Gewinne im Energiesektor haben wird. Der Fondsmanager des Julius Baer Fonds räumt zwar ein, dass bei einer positiven Entwicklung des USA-Irak-Konflikts das hohe Preisniveau im Ölsektor nicht allzu lange anhält, sieht diese Gefahr aber kurzfristig noch nicht gekommen, weshalb der Fonds künftig vermehrt im Energiesektor investieren wird.
Weiteres Gewinnpotential vermutet er auch im Konsumgütersektor. In diesem Zusammenhang nennt er den größten Produzenten für Milchprodukte und Fruchtsäfte, Wim Bill Dann (WBD) in Russland. Angesichts eines steigenden Privatkonsums, hoher Marktanteile von 35 % bzw. 50 % in beiden Produktsegmenten und einem in Vergleich zu anderen Märkten niedrigen Verbrauch von Milchprodukten und Fruchtsäften in Osteuropa, sieht er für diesen Titel gute Wachstumsaussichten.
Fazit
Beide Fondsmanager haben in der Vergangenheit gezeigt, dass ein auf Value ausgerichteter Anlagestil in Wachstumsregionen wie sie die Emerging Markets darstellen, erfolgreich ist bzw. keinen Widerspruch darstellt. In einem persönlichen Gespräch konnten wir uns von der Kompetenz und den fundierten Marktkenntnisse beider Fondsmanager überzeugen.
Aufgrund der Qualität des Fondsmanagements als auch der Expertise, über die sowohl Vontobel als auch Hansberger im „Value-Bereich“ verfügt, sollte es dem Anleger möglich sein, mit beiden Produkten überdurchschnittliche Ergebnisse zu erzielen.