Durch die gemäß BGBl. I 80/2003 initiierten Änderungen des Investmentfondsgesetzes, die per 13.2.2004 in Kraft treten werden, stellen sich hinsichtlich der Einordnung des „Devisentermingeschäfts“ Zweifelsfragen, deren Klärung nicht nur aus Gründen der Rechtssicherheit von großer Bedeutung ist, sondern auch ungeahnte Auswirkungen auf das geschäftliche Umfeld der Kapitalanlagegesellschaften und ihre internen Kontrollsysteme haben kann.
Aus dem InvFG idF BGBl. I 80/2003 ergibt sich, dass
- das mit den Derivaten verbundene Gesamtrisiko den Gesamtnettowert des Fondsvermögens nicht überschreiten darf (§ 21 Abs. 3 InvFG),
- ein Kapitalanlagefonds als Teil seiner Anlagestrategie innerhalb der in § 20 Abs. 3 Z 5, 6, 7, 8a und 8d festgelegten Grenzen Anlagen in Derivaten tätigen darf, sofern das Gesamtrisiko der Basiswerte die Anlagegrenzen des § 20 Abs. 3 Z 5, 6, 7, 8a und 8d nicht überschreitet,
- das Ausfallrisiko bei Geschäften eines Kapitalanlagefonds mit OTC-Derivaten 10% des Fondsvermögens nicht überschreiten darf, wenn die Gegenpartei ein Kreditinstitut im Sinne des § 20 Abs. 3 lit. 8d ist (§ 21 Abs. 4 InvFG),
- ungeachtet sämtlicher Einzelobergrenzen des § 20 InvFG ein Kapitalanlagefonds bei ein und demselben Kreditinstitut höchstens 20% des Fondsvermögens in einer Kombination aus von diesem Kreditinstitut begebenen Wertpapieren oder Geldmarktinstrumenten und/oder Einlagen bei diesem Kreditinstitut und/oder von diesem Kreditinstitut erworbenen OTC-Derivaten (§ 20 Abs. Z. 8d, letzter Satz InvFG) investieren darf.
Devisentermingeschäfte sind Handelsgeschäfte zwischen zwei Kontrahenten mit der Maßgabe, einen festgelegten Betrag in ausländischer Währung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt und zu einem vorher festgelegten Kurs abzunehmen bzw. zu liefern. Als „von einem Kreditinstitut erworbenes OTC-Derivat“ im Sinne des § 20 Abs. 3 Z. 8d, letzter Satz InvFG können Devisentermingeschäfte meiner Meinung nach nicht bezeichnet werden, da ein Erwerb zumindest eine Zahlung voraussetzen würde. Devisentermingeschäfte wären daher nicht in die „Kombinationsbestimmung“ des § 20 Abs. 3 Z. 8d, letzter Satz InvFG einzubeziehen. Das würde bedeuten, dass Devisenterminverkaufsgeschäfte zur Absicherung von Währungsrisken, denen Vermögensgegenstände des Fondsvermögens im gleichen Umfang und in gleicher Währung gegenüberstehen, auch über die Grenze des § 20 Abs. 3 Z. 8d, letzter Satz InvFG (max. 20%) hinaus mit ein und demselben Kreditinstitut abgeschlossen werden können, vorausgesetzt, die 10%-Grenze hinsichtlich des Ausfallsrisikos gemäß § 21 Abs. 4 Z. 1 InvFG wird dabei nicht überschritten.
Meiner Meinung nach ist daher bei Devisentermingeschäften nur die 10 %-Grenze des Ausfallsrisikos bei ein und demselben Kreditinstitut gemäß § 21 Abs. 4 Z. 1 InvFG zu berücksichtigen. Das Ausfallsrisiko kann aber selbst bei einem Absicherungsgrad von weit über 90% des Fondsvermögens unter 10% bei ein und demselben Kreditinstitut liegen, da nur eine etwaige positive Bewertung (aus Sicht des Fonds) dem Ausfallsrisiko entsprechen dürfte.
Fazit
Es ist daher aus meiner Sicht nicht notwendig, Devisentermingeschäfte, bei denen Devisenkurssicherungsgeschäfte gem. § 21 Z. 2 InvFG idF vor der Novelle BGBl. I 80/2003 ausschließlich oder überwiegend mit einem einzigen Kreditinstitut geschlossen wurden, nach Anpassung der betroffenen Fondsbestimmungen an die neue Rechtslage im Rahmen von neu abzuschliessenden ISDA-Master-Agreements auf mehrere Kreditinstitute „aufzuteilen“, um nicht in Konflikt mit der „Kombinationsbestimmung“ des § 20 Abs. 3 Z. 8d letzter Satz InvFG zu kommen. Eine „Aufteilung“ ist wohl nur dann vorzunehmen, wenn das Ausfallsrisiko in Form der positiven Bewertung des Devisentermingeschäfts bei einem einzigen Kreditinstitut die 10 %-Grenze des § 21 Abs. 4 InvFG Z. 1 InvFG übersteigt.
Dr. Rolf Majcen ist Leiter der Rechtsabteilung der ERSTE-SPARINVEST Kapitalanlagegesellschaft m.b.H., Tel.: 050100 17104, Fax.: 050100 17102, e-mail: [email protected]
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