Besteuerung von Hedge Fonds: Noch immer viele Fragen offen

Das neue Budgetbegleitgesetz brachte in letzter Zeit einige wesentliche Änderungen mit sich. Davon auch betroffen: die Besteuerung von Hedge Fonds. Ein Gastkommentar von Dr. Sabine Kirchmayr, Partnerin bei Leitner+Leitner. Funds | 06.02.2004 08:25 Uhr
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Ausländische Hedgefonds werden in vielfältiger Form angeboten:

  • als Direktinvestment,
  • als Genussscheine österreichischer Kapitalgesellschaften,
  • als strukturierter Produkte,
  • und zukünftig auch als inländische Dachfonds im Rahmen von § 20 a InvFG (nach der InvFG-Novelle 2003).

Die steuerlichen Konsequenzen beim Investor richten sich nach Ausgestaltung der Beteiligungsform. Die folgenden Ausführungen gehen davon aus, dass Investor eine natürliche Person ist, die das betreffende Veranlagungsinstrument im Privatvermögen hält.

Zu den steuerlichen Konsequenzen im Einzelnen:

A. Beteiligung an einem ausländischen Hedgefonds

Beteiligungen an ausländischen Hedgefonds können als Direktbeteiligung angeboten werden. Ausländische Hedgefonds können – im Einzelfall – als ausländische Investmentfonds nach Abschnitt II InvFG zum öffentlichen Vertrieb zugelassen sein. Ansonsten können die Investoren die ausländischen Fondsanteile im Wege eines Private Placements erwerben.

In steuerlicher Hinsicht ist der Begriff des ausländischen Investmentfonds in § 42 Abs 1 InvFG definiert. Danach gilt als ausländischer Investmentfonds „... ungeachtet der Rechtsform jedes einem ausländisches Recht unterstehende Vermögen, das nach dem Gesetz, der Satzung oder der tatsächlichen Übung nach den Grundsätzen der Risikostreuung angelegt ist.“

Die Rechtsform spielt für den ausländischen Investmentfonds keine Rolle. Es können daher sowohl Miteigentumsfonds, Treuhandkonstruktionen, Kapitalgesellschaften, Partnership-Strukturen oder „Managed Accounts“ unter den Begriff des ausländischen Investmentfonds fallen. Es ist ebenfalls nicht notwendig, dass die österreichischen Veranlagungsvorschriften und -grenzen des InvFG eingehalten werden. Maßgebend ist, dass das eingesetzte Kapital nach dem Grundsatz der Risikostreuung angelegt wird. Dementsprechend können ausländische Hedgefonds unter § 42 InvFG fallen, und zwar auch dann, wenn eine vergleichbare Veranlagung in einem inländischen Investmentfonds unzulässig wäre.

Die Besteuerung des Investors erfolgt auf Basis der tatsächlichen Ausschüttungen sowie der ausschüttungsgleichen Erträge. Ausschüttungsgleiche Erträge sind fingierte Ausschüttungen aus dem Investmentfonds. Der Besteuerungszeitpunkt (Zuflussfiktion) ist dabei mit spätestens 4 Monaten nach Ende des Fondswirtschaftsjahres anzunehmen. Das Ausmaß der Besteuerung von Erträgen ausländischer Investmentfonds hängt von der steuerlichen Qualifikation der Fonds ab. Bis zum BBG 2003 waren drei Fondskategorien zu unterscheiden:

Weiße Fonds sind ausländische Investmentfonds, die zum öffentlichen Vertrieb im Inland zugelassen sind und deren ausschüttungsgleiche Erträge durch einen inländischen steuerlichen Vertreter nachgewiesen werden. Substanzgewinne, die von weißen ausländischen Fonds erzielt werden, werden – wie bei inländischen Investmentfonds – nur zu 20 % (ausgenommen Substanzgewinne aus Forderungswertpapieren) erfasst.

Graue Fonds sind nicht zum öffentlichen Vertrieb im Inland zugelassen, haben jedoch einen steuerlichen Vertreter, der die ausschüttungsgleichen Erträge nachweist. Bei grauen ausländischen Investmentfonds waren 100 % der Substanzgewinne steuerpflichtig.

Schwarze Fonds sind nicht zum öffentlichen Vertrieb im Inland zugelassen und haben keinen steuerlichen Vertreter. Im Fall von schwarzen Fonds errechnen sich die ausschüttungsgleichen Erträge auf Basis einer Pauschale (mind. 10 % des letzten Rücknahmewertes).

Seit dem BBG 2003 wurde die Fondskategorie „grau“ abgeschafft. Hat ein ausländischer Investmentfonds einen steuerlichen Vertreter im Inland, gilt der Fonds als „weiß“. In diesem Fall werden die auf Ebene des Investmentfonds erzielten Substanzgewinne – ebenso wie bei inländischen Investmentfonds – nur eingeschränkt erfasst: 20 % der Substanzgewinne (ausgenommen Substanzgewinne aus Forderungswertpapieren) unterliegen bei einer natürlichen Person im Privatvermögen der Besteuerung mit 25 %. Alle übrigen Erträge sind ebenfalls endbesteuert.

Als Besonderheit ist bei ausländischen Investmentfonds auf die Sicherungssteuer hinzuweisen. Ausländische Investmentfonds, die auf einem inländischen Depot gehalten werden, unterliegen einer Sicherungssteuer in Höhe von 1,5 % jährlich, wenn nicht gegenüber der depotführenden Bank die Steuerehrlichkeit des Investors nachgewiesen wird.

B. Hedgefonds als Genussrechte

In der österreichischen Hedgefondspraxis werden Beteiligungen an Hedgefonds in vielen Fällen in Form von Genussrechten an österreichischen Kapitalgesellschaften ausgestaltet. In diesem Fall emittiert eine österreichische Kapitalgesellschaft obligationenähnliche Genussscheine, deren Wertentwicklung von einem oder mehreren Hedgefonds abhängt.

Unabhängig davon, ob die referenzierten Hedgefonds als Investmentfonds iSd § 42 InvFG zu qualifizieren sind, erfüllen die Genussscheine nicht die Voraussetzungen des § 42 InvFG. Denn sie unterliegen nicht einem ausländischen Recht. Darüber hinaus ist zu beachten, dass es zu keiner „Doppelzurechnung“ der ausländischen Fondsanteile kommen kann. Selbst wenn die zugrunde liegenden Hedgefonds als ausländische Investmentfonds iSd § 42 InvFG zu qualifizieren sind, ist wirtschaftlicher Eigentümer und ertragsteuerliches Zurechnungsobjekt die Genussscheine emittierende Kapitalgesellschaft. Die Genusscheininhaber partizipieren zwar wirtschaftlich an der Wertentwicklung der betreffenden Hedgefondsanteile, sie haben aber in der Regel keine Dispositions- oder Verwaltungsrechte in Bezug auf die Hedgefondsanteile. Die Genussscheine sind daher nicht als Beteiligung an einem ausländischen Investmentfonds iSd § 42 InvFG zu qualifizieren.

Die betreffenden Genussscheine sind ertragsteuerlich in der Regel als obligationenähnliche Genussrechte ausgestaltet. Nach Maßgabe einer langjährigen Verwaltungspraxis hing die steuerliche Behandlung des Investors davon ab, ob eine Kapitalgarantie vorgesehen war. Nur im Falle einer Kapitalgarantie (im Sinne einer Mindestabschichtung von mind. 20 %) war ein Forderungswertpapier im steuerlichen Sinne anzunehmen, dessen Erträge kapitalertragsteuerpflichtig und endbesteuert waren. Diese Verwaltungspraxis wurde durch ein höchstgerichtliches Erkenntnis (VwGH 26.11.2002, 99/15/0159) in Frage gestellt. Nach Auffassung des VwGH sind Erträge aus Forderungswertpapieren unabhängig von einer Kapitalgarantie kapitalertragsteuerpflichtig und endbesteuert.

Der Gesetzgeber des BBG 2003 hat auf die steuerliche Unsicherheit reagiert und eine Übergangsvorschrift geschaffen. Danach gelten Einkünfte aus Kapitalanlagen, deren Verzinsung nur von der Wertenwicklung eines (bestehenden oder künstlich geschaffenen) Wertpapierindex oder vergleichbaren Index abhängt, nicht als kapitalertragsteuerpflichtige Einnahmen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

a. die Kapitalanlagen wurden vor dem 1. März 2004 begeben und
b. es ist faktisch oder rechtlich eine Kapitalrückzahlung von nicht mehr als 20 % des bei der Begebung eingesetzten Kapitals garantiert.

Der Wortlaut der Übergangsvorschrift stellt auf einen „Wertpapierindex“ oder „vergleichbaren Index“ ab. In diesem Zusammenhang ist – aus der Sicht der Finanzverwaltung – noch nicht geklärt, ob Genussscheine, die sich auf einem bestimmten Hedgefonds beziehen, als „indexabhängig“ zu qualifizieren sind. Diese Frage entscheidet aber die Anwendung bzw Nichtanwendung der angeführten Übergangsvorschrift. Kommt die Übergangsvorschrift zum Tragen, wird die bisherige Verwaltungspraxis „fortgeschrieben“. Danach gelten Erträge aus nicht garantierten obligationenähnlichen Genussscheinen als Substanzgewinne, die bei der natürlichen Person nur dann der Steuerpflicht unterliegen, wenn sie innerhalb der Spekulationsfrist realisiert werden. Kommt die Übergangsvorschrift hingegen nicht zum Tragen, sind sämtliche Einkünfte als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu qualifizieren, die kapitalertragsteuerpflichtig und endbesteuert sind.

C. Sonstige strukturierte Produkte

Im Fall von Zertifikaten, die sich auf einen oder mehrere Hedgefonds beziehen, stellt sich bei ausländischen Emittenten die Vorfrage, ob ein Zertifikat im steuerlichen Sinne oder eine Beteiligung an einem ausländischen Investmentfonds gegeben ist. Die Finanzverwaltungspraxis hat diesbezüglich in den InvF-Richtlinien vorgesehen, dass nur dann ein Zertifikat vorliegt, wenn es sich auf einen ausreichend diversifizierten Hedgefondsindex (der sämtliche Strategien umfasst) bezieht.

Ist von einem Zertifikat im steuerlichen Sinne (und nicht von einem ausländischen Investmentfonds) auszugehen, stellt sich – ebenso wie bei den obligationenähnlichen Genussscheinen – die Frage, ob die Erträge als kapitalertragsteuerpflichtige und endbesteuerte Einkünfte oder als Substanzgewinne zu qualifizieren sind. Es kommt auch hier auf die Anwendbarkeit der Übergangsvorschrift an.

D. Inländische Investmentfonds nach § 20a InvFG

Die Investmentfondsgesetznovelle 2003 ermöglicht erstmals die Zulassung inländischer Dachfonds, die auch in ausländische Hedgefonds investieren. Für die Besteuerung von § 20a-Investmentfonds gibt es keine besondere Vorschriften. Das bedeutet, dass – ebenso wie bei anderen inländischen Wertpapierfonds iSd § 20 InvFG – der Grundsatz der Transparenz zur Anwendung kommt. Die Besteuerung des Anlegers hängt somit davon ab, in welche Titel bzw Fonds der § 20a-Investmentfonds investiert. Wird der § 20a-Investmentfonds als echter Dachhedgefonds konzipiert, richten sich die steuerlichen Konsequenzen des Investors nach den zugrunde liegenden ausländischen Hedgefonds. Es wird sich in der Regel um „weiße“ ausländische Investmentfonds handeln.

E. Gesamtwürdigung der steuerlichen Rahmenbedingungen nach dem BBG 2003

Nach Maßgabe des BBG 2003 unterscheiden sich „weiße“ Investmentfonds und Genusscheine/Zertifikate, die nach dem 1.3.2004 emittiert werden, durch folgende Eck-punkte:

Umfang der Besteuerung: Substanzgewinne, die von weißen ausländischen Investmentfonds erzielt werden, unterliegen nur mehr eingeschränkt der Be-steuerung. Bei natürlichen Personen werden nur 20 % der betreffenden Substanzgewinne erfasst und mit einem Steuersatz von 25 % besteuert. Dies ergibt eine Steuerbelastung von rund 5 %. Bei Genussscheinen und sonstigen strukturierten Produkten, die nach dem 1.3.2004 begeben werden, unterliegen die gesamten Erträge der Kapitalertragsteuer und der Endbesteuerung.

Zeitpunkt der Besteuerung:  Im Fall von ausländischen Investmentfondsanteilen erfolgt die Besteuerung des Investors laufend, dh nach Maßgabe der (zumindest jährlichen) ausschüttungsgleichen Erträge. Bei Genusscheinen und sonstigen strukturierten Produkten erfolgt die Besteuerung auf Basis des Zuflussprinzips, dh im Zeitpunkt der Veräußerung oder Rücklösung des Zertifikates.

Besteuerungstechnik: Die ausschüttungsgleichen Erträge ausländischer Investmentfonds werden im Rahmen eines Veranlagungsverfahrens erfasst. Bei Genusscheinen und Zertifikaten erfolgt die Besteuerung – im Fall einer kuponauszahlenden Stelle im Inland (depotführende Stelle) – im Wege der Kapitalertragsteuer und der Endbesteuerung, dh praktisch automatisch.

Sicherungssteuer: Nur bei ausländischen Fonds kann Sicherungssteuer anfallen.

Zusammenfassend kann folgendes festgehalten werden: Im Falle von ausländischen Investmentfonds kommt es zu einer Besteuerung auf Basis von fiktiven Ausschüttungen, die im Rahmen eines Veranlagungsverfahrens zu erklären sind. Im Gegensatz dazu bieten Genussscheine auch weiterhin Steuerstundungseffekte, weil die Besteuerung erst an den tatsächlichen Zufluss (im Veräußerungs- oder Einlösungszeitpunkt) anknüpft. Die Besteue-rung wird hier an die Kapitalertragssteuer anknüpfen, der Endbestandswirkung zukommt. Die Bemessungsgrundlage kann bei ausländischen Investmentfonds zwar niedriger sein, jedoch ist die Besteuerungstechnik bei Genussscheinen wesentlich „bequemer“. Das Thema der Sicherungsbesteuerung stellt sich auch bei Genussscheinen nicht.


Dr. Sabine Kirchmayr ist Partnerin bei Leitner+Leitner,
e-Mail: [email protected]


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