Wer an Unternehmensanleihen denkt, sollte kapitalgarantierte Produkte ins Auge fassen. Dort ist das Kapital zu 100% gesichert, positiver Schwung bei den Unternehmen wird durch die Partizipation an den Aktienmärkten mitgenommen. Die Entwicklung von Aktien- und Unternehmensanleihenmärkten korreliert stark, verläuft quasi weitestgehend parallel. Wer ein bisschen mehr Mut hat, kann auf die Kapitalsicherung eventuell auch verzichten und auf qualitativ hochwertige Aktieninvestments setzen. Allen aber, die diese Risiken nicht eingehen möchten, sei die Frage nach dem empfehlenswerten Segment im Anleihenbereich klar beantwortet: AAA/AA ist der sichere Hafen; der vergleichsweise geringe (und im Übrigen rein statistische) Mehrertrag bei Unternehmensanleihen rechtfertigt in keiner Weise so manche schlaflose Nacht.
Es kann ja nichts schief gehen oder?
Jene, die Unternehmensanleihen als Beimischung empfehlen, haben auch die passenden Argumente zur Hand. Betrachtet man die Ausfallswahrscheinlichkeiten, so stellt man fest, dass das durchschnittliche Risiko in der Mehrzahl der Perioden durch die entsprechenden Aufschläge mehr als abgegolten wird. Risikoadjustiert bleibt nach dieser Rechnung am Ende des Tages also ein Mehrertrag übrig. Häufiges Zusatzargument bei Einzelwerten: Bei großen Unternehmen könne eigentlich nichts passieren, schlimmstenfalls werde sogar der Staat helfend unter die Arme greifen. Die entsprechende Begründung heißt dann im Branchenjargon „Too big to fail“. Ein bedenkliche Haltung, wenn man sich die oben zitierten Beispiele vergegenwärtigt.
Aber es muss ja nicht immer gleich wirklich etwas passieren, das Investoren und Beratern den Schlaf raubt. Speziell die Kreditmärkte reagieren sensibel, oft hypersensibel auf Unternehmensnachrichten. Plötzlich ist ein Unternehmen in der öffentlichen Diskussion – und spätestens dann fühlen sich Berater und Investor reichlich unwohl. Denn typische Anleihenanleger sind bewusst sicherheitsorientiert und betrachten den Anleihenteil – zu Recht – als den sicheren Hafen ihrer Geldanlage.
Wie läuft es in der Realität ab? Ist ein Unternehmen erst einmal in die Schlagzeilen geraten, sind die üblichen Reaktionen vorprogrammiert. Panikverkäufe und oft drastisch fallende Anleihenkurse sind die Folge. Selbst zu diesem Zeitpunkt ist guter Rat immer noch teuer: Schnell verkaufen oder „Augen zu und durch“? Zumeist überschlagen sich die Meldungen (leider auch die Falschmeldungen), der Ausgang bleibt ungewiss. Tyco hat sich wieder erholt, auch einige Finanzdienstleister stehen heute schon wieder deutlich besser da als noch vor einem Jahr; andere Unternehmen (Beispiele siehe oben) gibt es nicht mehr. Die so genannten „Recovery Rates“ (Konkursquoten) nehmen sich tendenziell bescheiden aus.
Welchen Mehrertrag liefern Unternehmensanleihen?
Die Antwort ist stereotyp: Je schlechter die Bonität, desto höher der Ertrag, wobei die allgemeine Risikoeinschätzung des Marktes noch einmal alles überlagert. In der schlimmsten Krise des Jahres 2002 zahlten BBB-Schuldner im zehnjährigen Bereich rund 250 Basispunkte (= 2,5 Prozentpunkte) mehr als Staatsanleihen. Heute, rund 15 Monate später, sind es 80 Basispunkte und das alles bei einer statistischen Ausfallswahr-scheinlichkeit von gut einem Prozent für BBB-Anleihen (gerechnet auf 10 Jahre).
Zugegeben: 2,5 Prozentpunkte erscheinen in diesem Zusammenhang attraktiv. Denn vereinfacht ausgedrückt könnten in den nächsten 10 Jahren zwei von hundert Unternehmen in Konkurs gehen (und zwar mit einer Konkursquote von 0%) und ein weiteres mit einer Konkursquote von 50%. Dann wäre der Anleger immer noch „pari“ mit einer Staatsanleihe. Mit 0,8 Prozentpunkten „Vorsprung“ darf gerade mal ein Unternehmen (von hundert) ausfallen (und immerhin müsste die Konkursquote hier 20% betragen, damit es sich gerade noch rechnet).
Der Teufel steckt im Detail
Wer kann schon garantieren, dass man bei dem einen oder anderen Kreditausfall nicht dabei ist? Anleger in Einzeltitel haben es da besonders schwer – denn eine Adresse ist meist höher gewichtet als nur mit einem Prozent. Der „Clou“: Die statistischen Daten zu Ausfallsraten (die oben zitierten rund 1% für BBB-Schuldner auf 10 Jahre) von Moody’s und Standard & Poor’s beziehen sich auf die Anzahl der bewerteten Schuldner. Nimmt man aber die betroffenen Volumina als Bezugsgröße, fallen die Zahlen schon deutlich schlechter aus. Womit man zu den Unternehmensanleihenfonds kommt, ganz egal ob es sich um „Investment Grade“- oder „High Yield“-Fonds handelt. Problematisch wird die Geschichte, weil sich viele Fondsmanager an einer Benchmark orientieren. Benchmarks im Bereich Corporate Bonds sind aber – wie auch gute Aktienindizes – kapitalgewichtet. Ist dann ein Unternehmen mit hoch ausstehendem Anleihenvolumen von einem Ausfall („Default“) betroffen, beträgt der Anteil des Fondsvolumens im betroffenen Wert meist mehr als 1%.
Unternehmensanleihen: ja oder nein?
Wer trotzdem an die Überlegenheit von Unternehmensanleihen glaubt, dem seien immer noch gut gestreute Unternehmensanleihen-Portfolios (z.B. in Form von Investmentfonds) ans Herz gelegt. Hier kann man aus der Historie erkennen, welche Fondsgesellschaften und Fondsmanager in der Vergangenheit überdurchschnittliche Ergebnisse aufweisen konnten. Eine Garantie für die zukünftige, positive Performance ist freilich auch diese Vorgehensweise nicht, zumal das Ergebnis von Unternehmensanleihenfonds in erster Linie von der richtigen Auswahl der Schuldner abhängig ist. Denn eine Fehlentscheidung in der Laufzeitenauswahl in einem AAA/AA-Fonds (Staatsanleihen, Pfandbriefe & Co.) kann man gegebenenfalls auch einmal aussitzen (die Papiere eben bis Endfälligkeit halten), eine Kreditentscheidung bei Unternehmensanleihen nicht. Default ist Default, ein Ausfall kann nicht wieder ausgebügelt werden. Apropos AAA/AA: Natürlich gibt es auch Unternehmensanleihen aus diesem Segment. Doch es ist nicht überraschend, dass diese Anleihen auch kaum mehr bezahlen als Pfandbriefe aus diesem Segment. Die Kredit-märkte sind effizient – gleiches Risiko wird in der Regel mit gleich hohen Prämien abgegolten.
Fazit
Die Empfehlung der Schoellerbank lautet daher: Im Kern auf hochqualitative Anleihen des Bereiches AAA/AA zu setzen und einen möglichen Mehrertrag über hochwertige Aktien zu erwirtschaften. Die Höhe der Aktienquote ergibt sich aus den individuellen Bedürfnissen des Anlegers. Alternativ dazu können auch kapitalgarantierte Produkte (eventuell mit Mindestverzinsung) eine sichere und ertragreiche Variante darstellen.
Josef Falzberger ist Leiter Asset Management Anleihen/Zinsen bei der Schoellerbank Invest AG
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