Die Gewinne bei europäischen Aktien (+35 Prozent) bzw. Weltaktien (+30 Prozent) hielten sich dagegen in Grenzen. Besonders seit Jahresbeginn beschleunigt sich dieser Prozess noch, Osteuropa-Aktieninvestoren freuen sich über Gewinn von rund 27 Prozent.
Obwohl Jürgen Kirsch, Fondsmanager des in den letzten Jahren erfolgreichsten Osteuropa-Aktienfonds Griffin Eastern European, mittel- und langfristig für die Region positiv gestimmt ist, will er eine kurzfristige Konsolidierungsphase explizit nicht ausschließen: „Auf Sicht der nächsten drei bis vier Jahre erscheinen die Kurse aber attraktiv“, deutet er an.
Den starken Anstieg der letzten Zeit führt er auf die gestiegene Liquidität, vor allem aus den USA, zurück: „Viele amerikanische Investoren haben davor eher auf asiatische Emerging Markets gesetzt und verschieben den Fokus nun stärker nach Osteuropa“, so Kirsch.
Noch positiver ist er für Russland: „Makroökonomisch und politisch wird das Land immer stärker. Die Akteinbewertungen sind darüber hinaus immer noch attraktiv“, so der Experte.
Mark Mobius: Es gibt noch Chancen
Für Mark Mobius, Fondsmanager des Templeton Eastern Europe Fund, erscheinen die osteuropäischen Börsen nach den Anstiegen der letzten Zeit nicht mehr billig. Trotzdem findet er in einzelnen Bereich noch Chancen.
„Indexorientierte Fonds haben es hier aber schwer“, so Mobius. Vor allem im Bankenbereich oder bei Nahrungsmittelherstellern ortet der Stockpicker noch Potential. „Auch werden wir in Zukunft stärker auf Small- und Mid-Caps dieser Region achten. Diese sind aufgrund des Liquiditäts- und Größennachteiles bisher noch vernachlässigt worden“, schildert Mobius. Langfristig habe die gesamte Region aber großes Potential: „Die demografischen Nachteile des Westeuropas können durch Osteuropa ausgeglichen werden. Das sollte den Wohlstand und die Konkurrenzfähigkeit Europas insgesamt erhöhen“, gibt er sich optimistisch.
Hohe Liqudität stützt Märkte
Auch Angelika Millendorfer vom Raiffeisen-Osteuropa-Aktien, warnt vor den Konsequenzen der starken Kursanstiege: „An allen osteuropäischen Börsen darf die Möglichkeit kurzfristiger Konsolidierungen nicht ausgeschlossen werden. Diese sollten allerdings - aufgrund der langfristig weiterhin positiven Aussichten - zu Zukäufen genutzt werden“, rät die Expertin. Denn bis weit in das 2. Halbjahr 2004 rechnet sie - aufgrund des anhaltend hohen Investoreninteresses - mit hoher Liquidität an den Märkten. Derzeit gewichtet Sie Russland und Ungarn über, Polen und Tschechien dagegen unter: „Dort haben die Aktienbewertungen schon relativ hohe Niveaus erreicht“. Bei den Branchen gefallen Millendorfer Banken („profitieren besonders von der EU-Konvergenz“), Energie mit Schwergewicht russische Ölwerte sowie osteuropäische Generikaproduzenten und Mobilfunkbetreiber. Nach der EU-Osterweiterung im Mai bleibt sie optimistisch: „Trotz der erfreulichen Wertentwicklung der vergangenen Jahre sind osteuropäische Aktien im Vergleich zu den Westeuropäischen im Durchschnitt noch deutlich günstiger bewertet. Vor allem im Pharma und Energiesektor besteht noch großes Potenzial“, prognostiziert sie.
Positives Momentum durch EU-Beitritte
Das ist auch in etwa der Grundtenor von Stefan Böttcher, Fondsmanager des Magna Eastern Europe: „Der baldige EU-Beitritt, der natürlich schon eingepreist ist, scheint dennoch in manchen Bereichen ein neues, positives Momentum zu zeugen. Mit dem Beginn der EU-Zahlungen an die neuen Mitliedsländer werden in diesem Staaten zusätzliche Kräfte frei gesetzt. Wir sehen diesen Trend noch nicht völlig eingepreist, so dass bei BIP-Wachstumsraten von vier bis sechs Prozent in den größeren Ländern, wie Ungarn, Tschechien oder Polen, noch Potenziale an den Finanzmärkten existieren.“ Noch optimistischer gibt er sich für Russland: „Trotz der Kursanstiege sind russische Aktien in Relation zum Wachstum niedrig. Weiters rechnen wir mit einem anhaltend hohen Ölpreis“, so der in London stationierte Fondsmanager.
Dimitrov mit nur vorsichtigem Optimismus
Alexandre Dimitrov, Fondsmanager des Capital Invest Eastern Europe Stock, ist dagegen für Osteuropa nach den Kursanstiegen dieses Jahres weiterhin nur vorsichtig optimistisch: "Obwohl der MSCI Eastern Europe mit Sektoren wie Öl & Gas, Telekom, Pharma und Finanz schon recht defensiv ausgerichtet ist, versuche ich Gewinne mitzunehmen", schildert der gebürtige Bulgare. Er gewichtet, trotz eines erwarteten weiterhin hohen Ölpreises, russische Öl- und Gaswerte unter, auf der anderen Seite kauft er verstärkt Telekom-Firmen und Banken. Und obwohl osteuropäische Aktienfonds 2004 bereits Nettomittelzuflüsse von insgesamt 1,2 Milliarden US-Dollar gesehen haben, sieht er das nicht als Warnung: "Das Geld kam nicht nur von europäischen Emerging Markets Fonds, sondern zusätzlich auch von westeuropäischen Branchenfonds. Ein gutes Zeichen dafür, dass dies erst der Anfang eines Prozesses ist", so Dimitrov. Die regionalen Aktienmärkte seien gegenüber Westeuropa schließlich immer noch um 20-30 Prozent unterbewertet. Wichtig wären ihm in Zukunft mehr IPO´s aus Osteuropa: "Das würde es vielen Investoren leichter machen, zu diversifizieren".
Kursanstiege durch Mittelzuflüsse und Ölpreisanstieg
Auch James Syme vom Sogelux Eastern Europe macht für die Kursanstiege die massiven Nettomittelzuflüsse seit Jahresbeginn verantwortlich: „Letzte Woche allein sind 161 Millionen US-Dollar in Osteuropa-Fonds geflossen, der höchste Zufluss bis jetzt in diesem Jahr“. Die Bewertungen seien zwar schon hoch, aber mittelfristig scheint dies aufgrund des gestiegenen Investoreninteresses gerechtfertigt. Da Syme von einem weiterhin hohen Ölpreis ausgeht, ist er für russische Aktien besonders positiv, in Tschechien geht man aber nur noch von einer Seitwärtsbewegung aus. „In Polen ist der Ausblick wegen der politischen Situation noch ungewiss und in Ungarn gehe ich in nächster Zeit auch nicht von großen Gewinnen aus“, so der Fondsmanager aus Paris.