Von Januar bis August 2004 wurden in Deutschland 177 Fonds aufgelöst, weniger als halb soviel wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres, als noch 390 Fonds geschlossen wurden (Quelle: Privates Institut für Fondsanalyse). Ein Grund für die Schließungen sind häufig zu geringe Fondsvolumina von unter 20 Millionen Euro. Zehn Millionen Euro sind nach Branchenangaben die kritische Größe, damit sich ein Fonds rechnet und rentabel arbeiten kann. Laut dem Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) gibt es jedoch keine einheitlichen Break-Even-Werte, da sich die Fonds in ihren Researchaufwendungen je nach Anlagesegment deutlich unterscheiden. e-fundresearch fragte nach:
dit: Kritische Größe hängt von Assetklasse ab
„Die kritische Größe eines Fonds hängt sehr stark vom Segment ab, in das der Fonds investiert“, so ein Sprecher des dit. Aufgrund des höheren Researchaufwandes erreicht beispielsweise ein Emerging-Market-Fonds seine kritische Größe schneller als ein Large-Cap-Fonds. Ab etwa 20 Millionen Euro Volumen lässt sich ein Fonds gut managen, es gibt in der Branche aber auch zahlreiche Beispiele mit geringeren Volumina wie fünf Millionen Euro. Da Fonds in der Regel in bestimmten Produktsortimenten zum Vertrieb angeboten werden, kommt es immer wieder einmal vor, dass bestimmte Fonds eher defensiv abgesetzt werden oder im Zuge von Umschichtungen in andere Produkte getauscht werden. Obwohl dies auf die Fondsvolumina der einzelnen Produkte Einfluss hat, kann im Interesse des Vertriebs nicht auf einen solchen Sortiments-Baustein verzichtet werden. Eine Einzelbetrachtung mache daher keinen Sinn.
Fondsschließung nur als allerletztes Mittel
„Eine Fondsschließung ist immer nur das letzte Mittel“, so der Sprecher weiter. Zu bedenken ist immer der hohe Prozessaufwand von der Genehmigung durch die BAFin bis zur Kündigung der Verträge und der Auszahlung der Fondsmittel. Durch den Zusammenschluss zwischen Allianz und Dresdner Bank kam es in den Jahren 2002 und 2003 beim dit zu Produktüberlappungen und somit zur Zusammenlegung und Schließung einer Reihe von Publikumsfonds mit ähnlichen Ausrichtungen. Dabei wurde geprüft, welcher Fonds die stärkeren Argumente auf seiner Seite hat. Diese Konsolidierungsphase ist inzwischen abgeschlossen.
Fondsvolumen und Gebühren
Eine Steuerung der Fondsvolumina über die Gebühren der Fonds, wie dies teilweise im angelsächsischem Raum üblich ist, hält der dit für nicht sinnvoll. „Die Höhe der Verwaltungsvergütung eines Fonds lässt sich nicht beliebig verändern, da jede Änderung der Gebühren außerhalb ihrer Bandbreite von der BaFin genehmigt werden muss.“ Eine Gestaltung der Gebühren nach Höhe der jeweiligen Fondsvolumina wäre daher nicht praktikabel. Lediglich der Ausgabeaufschlag lässt sich reduzieren, dies liegt aber im Ermessen der Vertriebspartner, und deren Entscheidung ist völlig unabhängig vom Fondsvolumen.
Nordinvest: Größe hat nichts mit Qualität zu tun
Für Sven Hoppenhöft von Nordinvest ist das Thema kritische Fondsgrößen in der Berichterstattung oft zeitlichen Schwankungen unterworfen. Mal wird Fonds mit großen Volumina vorgehalten, dass sie zu schwerfällig seien, mal kursieren so genannte Todeslisten mit Fonds geringer Größe, die von der Schließung bedroht sind. „Die Größe hat jedoch nichts mit der Qualität des Fonds zu tun“, so Hoppenhöft. Zwar können Fonds mit großem Volumen häufig in engen Marktsegmenten nicht agieren, auf der anderen Seite lassen sich hier Fixkosten wie etwa für die Prüfer der Rechenschaftsberichte besser verteilen.
Günstige Kostenstrukturen
Bei Nordinvest kam es bislang nur einmal zu einer Schließung, weil man sich vom Vertriebspartner, für den der Fonds aufgelegt wurde, getrennt hat. Ansonsten wurden kritische Größen bislang nicht erreicht, auch wenn es Fonds mit einem Volumen von nur einer Million Euro gibt. „Durch eine günstige Kostenstruktur unserer Gesellschaft rechnen sich bei uns auch kleinere Fonds“, erklärt Hoppenhöft. So können wir beispielsweise durch die elektronische Verteilung von Rechenschaftsberichten und Verkaufsprospekten erhebliche Druckkosten einsparen. Eine Steuerung der Fondsvolumina über die Gebühren hält Hoppenhöft für nicht umsetzbar, „da ein einmal festgelegter Ausgabeaufschlag nicht so einfach nach oben korrigiert werden kann.“ Der Nordinvest Europa Growth etwa wurde mit einem Prozent Ausgabeaufschlag angeboten, sodass der Vertrieb nur geringe Anreize hatte, den Fonds aktiv anzubieten. „Dennoch sind wir bei einem Prozent geblieben.“
DWS: Fondsschließung keine Volumensfrage
„Das Thema kritische Fondsgrößen sollte sehr differenziert betrachtet werden“, erklärt die DWS. Pauschale Rechenmodelle, ab wann ein Fondsvolumen seinen Managementaufwand nicht mehr rechtfertigt, kann es nicht geben. So ist das Fondsvolumen immer Schwankungen durch die zugrunde liegenden Wertpapiermärkte und das wechselnde Nachfrageverhalten der Anleger unterworfen. Bei den Internetfonds beispielsweise hat sich der Markt gedreht, sodass das Anlegerinteresse weitgehend erloschen ist. Dies geht allerdings auch in die andere Richtung: Während der DWS Vermögensbildungsfonds I Ende 1998 noch ein Volumen von zehn Millionen Euro hatte, ist er heute mehr als sechs Milliarden Euro schwer. Eine Schließung wäre somit ein klarer Fehler gewesen.
Darüber hinaus lassen sich Researchkapazitäten nicht einem einzigen Fonds zuordnen. „Wenn es bereits mehrere Fonds in einem Teilsegment gibt, kann das vorhandene Research auch für einen weiteren neu aufgelegten in dieser Kategorie genutzt werden.“ Die Frage einer Fondsschließung oder Zusammenlegung ist daher keine Volumensfrage, sondern hängt vom Fondsprofils und der Ausrichtung des Produktes ab. „Erst wenn es hier keine Unterschiede mehr gibt, sollte eine Fondsgesellschaft über eine Schließung oder Zusammenlegung nachdenken.“
Fidelity warnt vor Pauschalierungen
Ähnlich äußert sich auch Fidelity: „Die Frage nach kritischen Fondsgrößen lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern hängt von vielen grundsätzlichen und einzelnen Faktoren ab. Zu diesen zählen beispielsweise unter anderem das Anlageuniversum, Marktgegebenheiten und Ausrichtung des Fonds. Es kann also gar keine bestimmte Volumengrenze geben, die für alle Fonds unseres Unternehmens gilt“. Im Interesse der bereits in den Fonds investierten Anleger stehen den Fondsmanagern aber im Falle des Falles eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung: „Die Schließung des Fonds ist nur eine davon“.
Lupus alpha: Bisher noch kein Fall aufgetreten
Bei Lupus alpha gab es bislang noch keinen Fall, einen Fonds wegen zu geringer Volumen schließen zu müssen. Zur grundsätzlichen Vorgehensweise lässt Lupus alpha verlauten, dass keine konkrete Volumensgröße existiert, bei der über die Schließung eines Fonds diskutiert wird. Sollte ein Fonds ein sehr geringes Volumen erreichen, wird dann im speziellen Fall eine kritische Prüfung aller Kriterien stattfinden, eine generelle Aussage lasse sich aber nicht treffen.
Fazit
Keine der befragten Gesellschaften gab an, in den vergangenen Monaten einen Fonds aufgrund eines zu geringen Volumens geschlossen zu haben. Ein zu geringes Volumen alleine sei kein ausreichender Grund einen Fonds zu schließen. Anleger sollten trotzdem Produkte mit einem zu geringen Fondsvolumen meiden, da die anteilsmäßig hohen Fixkosten auf die Performance des Fonds drücken (siehe auch "Jetzt ist Schluss" vom 16.7.2002). Bei der Analyse eines Fonds sollte man diese Überlegungen zwar berücksichtigen, den Fokus darf dies jedoch sicher nicht darstellen.