Wer im Dschungel der Anlagefonds die Übersicht behalten will, hat bisher viel Zeit aufwenden müssen. Als schwierig hat sich besonders der Kostenvergleich von Anlagefonds dargestellt. Die meisten Fondsgesellschaften wiesen nur die so genannten Managementgebühren aus. Diese umfassten oft die Vermögensverwaltungsgebühren. Bei einigen Gesellschaften konnten sie aber auch die Buchführungs- und Depotbankgebühren und Ähnliches enthalten. Im Juni des Jahres 2003 hat der Schweizerische Fondsverband (SFA) über die Einführung einer Gesamtkosten-Kennzahl für Anlagefonds entschieden. Die seither zur Publikation vorgeschriebene Total Expense Ratio (TER) umfasst einen Grossteil der bei Anlagefonds anfallenden Kosten. Die Information über die TER findet sich in allen Jahres- und Halbjahresberichten und den meisten «Fact Sheets» der entsprechenden Anlagefonds.
Was die Kennzahl dem Anleger bringt
Die TER bringt mehr Transparenz und Vergleichbarkeit, da sie eine standardisierte Grösse ist. Damit werden Fonds mit demselben Anlageziel auf der Kostenseite sinnvoll vergleichbar. Die TER setzt alle anfallenden laufenden Kosten, exklusive Transaktionskosten, ins Verhältnis zum durchschnittlichen Vermögen. So ist ein Vergleich der einzelnen Produkte möglich. Als Basis dienen die dem Jahresbericht entnommenen Gesamtkosten pro Jahr, die durch das durchschnittliche Fondsvermögen dividiert werden.
Doch welche Auswirkungen haben Kosten auf die Rendite?
Ein eindrückliches Beispiel, was unterschiedliche Kosten über einen längeren Zeitraum bewirken, zeigt die Grafik über die langfristige Rendite. Die Vermögensentwicklung eines Anfangskapitals von 100 000 Fr. wird unter unterschiedlichen Kostenannahmen analysiert. Der Einfachheit halber wird angenommen, dass das Vermögen vor Kosten mit einer jährlichen konstanten Rendite von 6% wächst. Werden heute 100 000 Fr. investiert, resultiert nach 20 Jahren bei einer Gebühr von 0,5% ein Vermögen von 291 775 Fr., während bei einer Gebühr von 1,5% nur ein Vermögen von 241 171 Fr. erwirtschaftet wird. Die Vermögensdifferenz beläuft sich somit auf 50 604 Fr. Davon ist nur ein Teil, nämlich 29 622 Fr., auf zusätzliche Gebühren zurückzuführen. Der andere Teil von 20 982 Fr. ergibt sich durch den verminderten kumulierenden Zinseszins-Effekt über die Zeit.
Damit ist der Anlageentscheid aber mitnichten bereits gefällt. Grundsätzlich gilt, dass ein Fonds, dem höhere Kosten belastet werden, dies durch ein besseres Management der Anlagen kompensieren muss. Dies ist jedoch nur möglich, wenn der Anlagefonds aktiv gemanagt wird. Wie die zweite Graphik zeigt, ist die Bedeutung der TER für die einzelnen Anlagekategorien und die angewandten Anlagestile unterschiedlich gross.
Geldmarktfonds haben langfristig im Durchschnitt die tiefste Rendite-Erwartung aller Anlagekategorien. In der Regel werden sie eher passiv verwaltet. Somit sind die Renditeunterschiede der angebotenen Produkte untereinander eher gering. Die Möglichkeit, durch aktives Management höhere Kosten nachhaltig zu kompensieren, ist kaum gegeben. Damit entsteht ein grosser Teil der Rendite-Unterschiede aufgrund der unterschiedlich hohen Kosten, die belastet werden. Deshalb gilt bei den Geldmarktfonds: Die TER ist eine sehr wichtige Information und eine Entscheidungshilfe bei der Auswahl des Produktes.
Obligationenfonds haben im langfristigen Durchschnitt eine höhere Renditeerwartung als Geldmarktfonds. Die Auswahl von angebotenen Produkten mit unterschiedlichen Investment-Stilen ist deutlich höher. Es gibt Produkte, die passiv (nahe beim Referenzindex), und solche, die aktiv (hohe Abweichungen zum Referenzindex) verwaltet werden. Bei passiven Produkten ist die Streuung der erzielten Renditen relativ gering. Ein grosser Teil der Renditeunterschiede wird auch hier durch die Kosten verursacht. Für passive Obligationenfonds gilt deshalb dasselbe wie bei Geldmarktfonds. Bei aktiv gemanagten Produkten besteht die Möglichkeit durch gutes Management, eventuell höhere Kosten als bei passiven Produkten zu kompensieren. Primär ist bei aktiven Produkten auf die langfristige durchschnittliche Leistung des Managers sowie dessen Konsistenz und Konstanz abzustellen, nicht jedoch auf die TER. Aktienfonds haben im langfristigen Durchschnitt die höchste Rendite-Erwartung.
Die hohe Zahl verschiedener Produkte mit unterschiedlichen Investment-Stilen führt zu einer sehr grossen Streuung der Produkte-Renditen. Vereinfacht erfolgt auch hier die Unterteilung in aktiv (hohe Abweichung zum Referenzindex) und passiv (nahe beim Referenzindex) gemanagte Produkte. Bei passiven Produkten hat der Investor grundsätzlich die Marktrendite abzüglich der anfallenden Kosten zu erwarten. Der Fondsmanager ist aufgrund der passiven Ausrichtung nicht in der Lage, höhere Kosten durch gute Anlageentscheide zu kompensieren. Deshalb gilt hier: «Je tiefer die Kosten, desto besser die Rendite». Somit kommt dem TER bei der Auswahl von passiv gemanagten Aktienfonds und ETF eine grosse Bedeutung zu. Bei aktiv gemanagten Fonds besteht die Möglichkeit, die höheren Kosten durch gute aktive Anlageentscheide mehr als zu kompensieren. Die Streuung der Renditen bei aktiv gemanagten Aktienfonds ist sehr gross. Primär sollte der Investor bei einem Produkt auf die langfristige durchschnittliche Leistung des Managers sowie auf die gezeigte Konsistenz und Konstanz abstellen und nicht auf die TER.
Keine isolierte Betrachtung der Kosten
Diese Ausführungen verdeutlichen, dass beim Kauf eines Anlagefonds die Fondskosten nicht isoliert betrachtet werden können. Entscheidend ist die Frage: Welche Gegenleistung erhält der Anleger für die Gebühr? Dies ist bei einem Fonds nicht anders als bei anderen Gütern und Dienstleistungen. Die Gebühr, die dem Fonds berechnet wird, ist eine Entschädigung für die Leistung des Fondsmanagers. Dessen Leistung kann nicht mit dem TER gemessen werden. Dafür gibt es von diversen Anbietern eine Flut unterschiedlicher Kennziffern. Ein Schritt in Richtung Vereinheitlichung wäre auch hier sinnvoll und hilfreich.
Bruno Ammann ist Leiter Anlagefonds und Visionen bei der Zürcher Kantonalbank / www.zkb.ch
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