Investmentfonds, die in Aktien von Unternehmen mit einer hohen Dividendenrendite investieren, erleben seit rund zwei Jahren einen Boom. Im Jahr 2004 allein wurden von Fondsgesellschaften wie HSBC, Henderson, Frankfurt Trust, Union Invest, Helaba Invest, ADIG und DWS europäische und globale Dividendenaktienfonds aufgelegt. Letzterer konnte seit Ausgabe im August 2004 bereits ein Volumen von 1,2 Mrd. Euro erreichen und tritt damit in die Fußstapfen des ebenfalls von Fondsmanagerin Sonja Schemmann verwalteten und bereits 2,5 Mrd. großen DWS Top Dividende. Als jüngster Dividendenfonds kommt in den nächsten Wochen das erste österreichische Produkt, der ebenfalls von der DWS verwaltete und global anlegende 3 Banken Dividend Stock-Mix, hinzu.
Was macht diese Assetklasse momentan so attraktiv?
Empirische Studien aus den USA belegen, dass langfristig Aktien mit einer hohen Dividendenrendite den Markt schlagen. Je nach Zeitraum der Untersuchung variieren die Ergebnisse aber deutlich: Eine zwischen 1984 und 2003 von Dreman Value Management durchgeführte Analyse der 1.500 größten US-Aktien kam zu dem Schluss, dass Dividendenpapiere mit 14,7 Prozent p.a. den S&P 500 mit 12,9 Prozent deutlich schlagen konnten. Eine vom US-Ökonom James O´Shaughnessy zwischen 1951 und 1996 durchgeführte Studie, stellte bei Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung über 150 Millionen US-Dollar, dagegen nur eine Outperformance von 0,8 Prozent p.a. gegenüber dem S&P 500 fest. Dividendenwerte von kleineren Unternehmen konnten dagegen den US-Aktienmarkt nicht abhängen.
Bedeutung der Dividende für Gesamtertrag
Wie wichtig aber Dividenden für den Gesamtertrag eines Portfolios sind, zeigt folgender Vergleich: Ein Investor der im Jahr 1970 100 US-Dollar in den MSCI World investiert hätte, konnte ohne Berücksichtigung der Dividenden bis Anfang 2004 ein Plus von 800 Prozent erzielen. Bei regelmäßiger Veranlagung der Dividenden hätte sich das Plus auf 2400 Prozent verdreifacht. „Denn langfristig stammen rund 50 Prozent des Gesamtertrages einer Aktie aus Dividenden“, erklärt Sonja Schemmann, Fondsmanagerin der DWS-Dividendenfonds. Unter Berücksichtigung des Zinseszinseffektes, welcher besonders über lange Zeiträume Wirkung zeigt, erhöht sich dieser Vorteil sogar noch. „Schon Albert Einstein war der Meinung, dass der Zinseszinseffekt die größte mathematische Erfindung aller Zeiten sei“, fügt Nicolas Simar, Fondsmanager der europäischen ING-Dividendenfonds, hinzu.
Dividendenfonds schlagen den Markt (zumindest kurzfristig)
Generell zeigen Dividendenfonds gerade in seitwärts oder leicht positiv tendierenden Aktienmärkten zeigen ihre Stärke: Der global investierende DWS Top Dividende z.B. schlug seit Auflage im April 2003 den MSCI World um 25 Prozent, der ING (L) Invest Global High Dividend immerhin noch um 8,4 Prozent. Und auch in Europa kann sich die – zwar noch relativ kurze - Historie der meisten Fonds durchaus sehen lassen: Seit September 2004 schlugen alle europäischen Dividendenfonds den MSCI Europe, wobei die Spanne von +5,1 Prozent (Henderson HF Pan European Equity Dividend) bis +0,2 Prozent (Credit Suisse EF Dividend Europe) reicht.
Dass die meisten Anleger aber gerade jetzt die Bedeutung der Dividenden erkennen, darf skeptisch stimmen. Henderson Investors, die bereits seit 1986 über einen europäischen Dividendenfonds verfügten, schlossen diesen 1999. „Der Henderson European Income Fund lag zwischen 1986 bis zur Schließung 1999 vor dem MSCI Europe. Die Zeit für diese Art von Fonds war damals aber noch nicht reif, denn in boomenden Aktienmärkten erscheint den Investoren eine hohe Dividendenrendite eher sekundär. Fünf Jahre später hat sich das Blatt aber nun entscheidend gewendet“, schildert etwa John Botham, der seit letztem Jahr zusammen mit Samantha Monk für den neuen Henderson Pan European Equity Dividend Fund verantwortlich zeichnet. Auch bei ING weist man auf die Wurzeln des Booms bei Dividendenfonds hin: „Die anfängliche Nachfrage nach dieser Assetklasse kam von Privatanlegern und nicht von institutionellen Investoren. Mittlerweile verzeichnen wir aber auch von dieser Seite Interesse“, schildert Martin Nijkamp, Managing Director bei ING Investment Management, welche bereits seit 1999 Dividendenfonds verwalten, die Lage. Den damals aufgelegten ING (L) Invest Euro High Dividend musste man sogar Mitte Februar wegen der starken Mittelzuflüsse für Neuinvestitionen schließen. „Im Interesse der bestehenden Anteilsinhaber haben wir uns zu diesem Schritt entschieden“, erklärt Simar.
Niedrigere Volatilität als herkömmliche Aktienfonds
Die Popularität dieser Produkte stützt sich aber noch auf ein weiteres Faktum: „Aktien mit einer hohen Dividendenrendite weisen im Schnitt eine niedrigere Volatilität auf als herkömmliche Aktien. Der Grund liegt darin, dass der Dividendenertrag vor allem in Zeiten niedriger Renditen als stabilisierender Faktor wirkt“, erklärt Sonja Schemmann. Weiters weisen besonders Unternehmen in wenig zyklischen Branchen, wie Versorger oder Energiewerte, eine hohe Dividende aus: „Der defensive Charakter von Dividendenfonds führt zu einem niedrigeren Downside-Risiko bzw. geringeren Schwankungen“, schildert Fondsmanager Simar. Historische Daten bei europäischen Dividendenfonds untermauern diese Aussage, jedoch existieren die meisten Fonds erst seit weniger als einem Jahr. Einen viel längeren Track Record weisen dagegen britische Dividendenfonds auf: Hier weisen Fonds wie der Newton Higher Income, M&G Dividend Fund oder Threadneedle UK Equity Income im Zeitraum der letzten zehn Jahre Maximum Drawdowns von 32-25 Prozent auf, während der FTSE All Share einen maximalen Verlust von 48 Prozent aufweist (Daten in GBP).
Value schlägt Growth: Wie lange noch?
Trotzdem ist Vorsicht geboten. Denn als Bestandteil der fundamentalen Unternehmensanalyse sind hohe Dividendenrenditen nicht erst seit den letzten Jahren ein entscheidendes Auswahlkriterium bei Aktien. Besonders so genannte Value-Investoren achten bei der Titelauswahl neben einer günstigen Bewertung stark auf hohe regelmäßige Ausschüttungen der Unternehmen. Und diese Dividendenrendite erreichte mit rund vier Prozent im europäischen Schnitt Anfang 2003 erstmals das Niveau der 5-Jahres-Anleihenrenditen. Zusammen mit dieser Entwicklung performten Value-Aktien in den letzten Jahren überdurchschnittlich: Seit dem Jahr 1999 schlug der MSCI Europe Value nicht nur den MSCI Europe insgesamt sondern auch den MSCI Europe Growth Index.
Das lässt natürlich die Frage zu, wie lange das noch so anhalten kann: „Es stimmt, dass Value-Aktien in den letzten Jahren sehr gut gelaufen sind. Und das diese relative Outperformance gegenüber Growth-Werten natürlich nicht ewig weitergehen kann ist auch klar. Studien haben aber gezeigt, dass Value-Aktien Growth-Titel langfristig schlagen. Berücksichtigt man noch die geringere Volatilität von Value-Aktien, so wird klar dass anhand der risikoadjustiert Rendite Value-Werte vorzuziehen sind“, argumentiert Nicolas Simar. Investoren sollten dabei aber nicht vergessen, dass Dividenden bei Aktien im Unterschied zum Kupon bei Anleihen nicht garantiert sind: Denn muss das Unternehmen unerwarteterweise doch seine Ausschüttungen kürzen, fällt zumeist auch der Aktienkurs.
Fazit
Als Produkte mit strukturell niedrigem Beta, welche generell in defensiven Branchen über- und in zyklischen Sektoren untergewichtet sind, eignen sich Dividendenfonds besonders in seitwärtsgehenden oder leicht fallenden Märkten. Noch dazu weisen die meisten Dividendenfonds aufgrund ihres defensiven Charakters in der Regel eine niedrigere Volatilität auf als herkömmlichen Aktienfonds. Sollten Growth-Titel jedoch wieder stärker performen – was nach einer sechsjährigen Underperformance gegenüber Value durchaus realistisch erscheint - wären typischerweise Fonds vorzuziehen, die sich vor allem auf diese Wachstumsbranchen konzentrieren.
Alle Daten per 17.2.2005 in Euro
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