Wer nach aktiven Managern sucht, die über lange Zeiträume konsistente risikoadjustierte Outperformances erzielen, stößt in der Assetklasse „US Smaller Equities“ unweigerlich auf Charles Dreifus. In den letzten fünf Jahren etwa konnte der Manager des US Special Equity von Gutmann den Russell 2000 Index um 57 Prozent (oder 7,4 Prozent pro Jahr) schlagen. Damit liegt er auf Platz eins aller 36 vergleichbaren Fonds mit 5-Jahres-Historie und damit vor weiteren Top-Produkten wie den Fonds Wanger US Smaller Companies, Parvest US Small Cap, Carlson Equity American Small Cap oder Callander Fund Asset. e-fundresearch traf den Manager in Wien:
„Umschichtungen in Large Caps wahrscheinlich“
e-fundresearch: Gemessen am Russell 2000 Index weisen US Small Cap Aktien ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 20,9 auf. Large Caps sind gemessen am S&P 500 Index mit einem KGV von 19,5 derzeit sogar billiger bewertet. Wie lange bleibt das noch so?
Charles Dreifus: Es stimmt, dass die gesamte Kategorie Small Caps, gemessen an Indizes wie dem Russell 2000, bereits teuer ist und es demzufolge sicher zu Umschichtungen in Larger Caps kommen wird. Verallgemeinern darf man das aber trotzdem nicht, da es in einem so ineffizienten und großen Universum immer wieder zu Fehlbewertungen bei einzelnen Aktien kommt und sich damit Investmentchancen auftun.
e-fundresearch: Bei generell steigenden Bewertungen wird es für einen Deep Value Investor - wie Sie es sind - aber doch auch schwerer, oder?
Charles Dreifus: Ja, das ist richtig. In der Regel untersuche ich mein gesamtes Universum, bestehend aus mehr als 3600 Aktien, die eine Marktkapitalisierung zwischen 50 Mio. und 2,5 Mrd. US-Dollar aufweisen, einmal im Monat. Dabei stoße ich zumeist auf 10 bis 20 Aktien, deren Bewertungen attraktiv aussehen. Nach dem zweiten und dritten Selektionsschritt bleiben dann aber zumeist nur noch sehr, sehr wenige Titel übrig, die für mein Portfolio in Frage kommen.
Growth oder Value, egal: Qualität zählt
e-fundresearch: Welche Kriterien sind das und wie hoch ist Ihre Portfolioumschlag?
Charles Dreifus: Als quantitatives Kriterium zählt für mich die absolute, nicht die relative, Bewertung eines Unternehmens. Sehr wichtig ist für mich die Kennzahl „Economic Value (EV) / Earnings before interest and Taxes (EBIT)“, welche ein sehr konservatives Bild der fairen Bewertung eines Unternehmens gibt. Als zweites Kriterium prüfe ich das Unternehmen anhand qualitativer Kriterien. Denn nur das Faktum, dass ein Unternehmen günstig ist, spricht noch lange nicht für einen Kauf sondern eher dagegen. Erst wenn das Geschäftsmodell viel versprechend aussieht und die Unternehmensqualität auf eine ungerechtfertigte Unterbewertung hinweist, kommen ich zum dritten und letzten Schritt. Hier sortiere ich nochmals Unternehmen aus, die aggressive Rechnungslegungsschritte – wie z.B. einen hohen erwarteten Zinssatz für Pensionspläne – einsetzen. In diesem letzten Schritt kommt nur noch eines von 15 Unternehmen durch. Ist die Firma dann eventuell noch teilweise im Familienbesitz wäre das meine ideale Aktie. Dabei kommt es mir weniger auf herkömmliche Kategorien wie Growth oder Value an: Qualität zu günstigen Preisen, wie im echten Leben auch, ist wichtig.
Derzeit befinden sich in meinem Portfolio knapp 60 Aktien, der durchschnittliche Portfolioumschlag liegt mit 20 Prozent pro Jahr sehr niedrig.
Billige Konsumaktien als Investmentchance
e-fundresearch: Es mehren sich die Prognosen, dass der US-Konsument bald nicht mehr als Stütze der US-Wirtschaft zur Verfügung steht. In Ihrem Fonds bilden Konsumaktien mit 20 Prozent des Portfolios aber den größten Anteil. Wie ist das miteinander vereinbar?
Charles Dreifus: Der US-Konsument ist müde, gar keine Frage. Aber da das auch schon jeder weiß, ist das genau der Grund, warum viele dieser Aktien derzeit sehr günstig zu haben sind. Und viele davon sind ungerechterweise abgestraft worden.
US-Aktien: 5 bis 6 Prozent Rendite im besten Fall
e-fundresearch: Wie lautet Ihre Prognose für den weiteren Verlauf des US-Aktienmarktes? Mit einem KGV von 19 ist der S&P 500 Index derzeit so billig wie seit acht Jahren nicht mehr.
Charles Dreifus: Vorweg muss ich sagen, dass ich mir nur sehr, sehr wenig Gedanken über den weiteren Verlauf der großen Indizes mache. Ich konzentriere mich voll und ganz auf die Einzelaktienauswahl. Gefühlsmäßig denke ich aber, dass die Prognosen für das weitere US-Wachstum noch zu hoch sind. In meinem längerfristigen Prognosemodell gehe ich aber nur von sehr moderaten Erträgen bei US-Aktien in den nächsten Jahren aus. Realistisch sind moderate Renditen 5 bis 6 Prozent pro Jahr, wobei 1 bis 2 Prozent aus Dividenden stammen sollte. Das ist jedoch schon mein Best-Case-Sceanrio.
"Manchmal kommt unser Stil aus der Mode"
e-fundresearch: In der zweiten Jahreshälfte 2004 verlor Ihr Fonds relativ zum Russell 2000 fast 10 Prozent. Was ist schiefgelaufen?
Charles Dreifus: In diesem Zeitraum waren Aktien von Unternehmen schlechterer Qualität vom Markt gefragter als Qualitätswerte. So etwas kommt immer wieder einmal vor, da ich eine sehr konservative Investmentphilosophie verfolge. Das ist wie mit einem Kleidungsstück: Manchmal ist unser Stil in Mode, manchmal eben nicht. Wenn Sie meinen Fonds kaufen, müssen Sie sich dessen bewusst sein. Langfristig aber, und ich manage Investmentfonds jetzt schon seit 1980, hat sich unser Ansatz bewährt.
e-fundresearch: Vielen Dank für das Gespräch!
Über die Person:
Charles R. Dreifus ist bei Royce & Associates (seit 2002 bei Legg Mason) in New York Portfoliomanager des Royce Special Equity Fund und des US Special Equity Fund von Gutmann. Nach Abschluß des City College in New York begann er seine Karriere als Consultant für Industriefirmen und Anwaltskanzleien, spezialisiert auf Unternehmensübernahmen und Anitrust. Anfang der 70er Jahre wechselte er als Portfoliomanager zu Oppenheimer & Co bevor er zwischen 1982 und 1997 bei Lazard Frères & Co Fondsmanager des Lazard Special Equity Product war. Seit 1998 ist Herr Dreifus, der über 35 Jahre Investmenterfahrung – davon 25 als Small/Micro-Cap-Fondsmanager.
Performancedaten per 11.5.2005 in Euro
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