Euro-Staatsanleihen: Boom oder Crash?

Am europäischen Anleihenmarkt scheiden sich derzeit die Gemüter: Während Günther Schupp (Spängler SparTrust M) mit weiteren Zinssenkungen und Renditen von sieben Prozent p.a. rechnet, glaubt Herbert Schmarl von der Tirolinvest sogar an ein negatives Anleihenjahr. Funds | 02.06.2005 10:22 Uhr
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e-fundresearch: Weiterhin sieht es nicht nach einer konjunkturellen Verbesserung im Euroraum aus. Wie lautet Ihre diesbezügliche Prognose auf Sicht der nächsten zwölf Monate?

Günther Schupp: Das sehe ich auch so, denn eine Erholung erkenne ich im Euroraum nicht. Eher gehe ich von einer weiteren Eintrübung des Konjunkturklimas aus, dafür sprechen vor allem die anhaltend geringe Konsum-neigung, hohe Arbeitslosigkeit und die zurückhalternde Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Die Zinsen werden sich deshalb weiter im Krebsgang bewegen. Für mich ist die wahrscheinlichste Reaktion der EZB im Herbst eine weitere Zinssenkung um bis zu 50 Basispunkte.

Herbert Schmarl: Bezüglich der konjunkturellen Entwicklung 2005 im Euroraum für die nächsten zwölf Monate, bleibt die Situation weiter eingetrübt. Der jüngste Schwächeanfall des Euros könnte mit etwas Zeitverzögerung die aktuelle Situation im Export etwas verbessern. Wir gehen vorerst von einer Beibehaltung der Geldmarktzinsen im Bereich zwei Prozent aus. Bei einer überraschenden Euroschwäche unter 1,20 US-Dollar müssten jedoch die Inflationserwartungen angehoben werden, was zu einer leichten Anhebung der Geldmarktzinsen auf knapp 2,5 Prozent führen könnte, da die EZB ein Inflationsziel von zwei Prozent festgelegt hat.

e-fundresearch: Basierend auf ihren Prognosen, welche Strategie verfolgen Sie derzeit in Ihren Portfolios?

Günther Schupp: Wir bleiben wie bereits in den letzten zwölf Monaten weiterhin bei einer langen Zinsduration zwischen 6,5 und sieben Jahren.

Herbert Schmarl: Wir erwarten vor allem bei langlaufenden Anleihen auf Sicht von zwölf Monaten wieder einen  Renditeanstieg auf rund vier Prozent. Deshalb reduzierten wir die Duration in all unseren europäischen Rentenfonds zuletzt erheblich.

e-fundresearch: Trotz aller Vorsicht, die bereits seit mehr als einem Jahr bei Anleihen-Fondsmanagern vorherrscht, konnte der API Index seit Mai 2004 um 9,1 Prozent zulegen. Manager mit einer zu vorsichtigen Durationsstrategie wurden bestraft. Wie lautet Ihre Performanceprognose auf Sicht der nächsten 12 Monate?

Günther Schupp: Für die nächste Periode mit mittel- bis langfristigen Anlagehorizont rechne ich mit einem Ertrag von 6,5 bis 7,5 Prozent pro Jahr, wenn nicht sogar besser!

Herbert Schmarl: Bis Jahresende 2004 sind wir immer von deutlichen Zinsrückgängen bei den Langfristzinsen ausgegangen. Seit Jahresanfang sehen wir aber das weitere Zinspotential nach unten äußerst beschränkt und somit ein ungünstiges Chance/Risiko-Verhältnis. Die Gefahr eines deutlichen Einbruchs am Bondmarkt ist durch den jüngsten massiven Renditerückgang erheblich gestiegen. Die Realrendite für  10-jährige Anleihen in Österreich betrug in den letzten 20 Jahren knapp über drei Prozent und ist nun aktuell bei 1,2 Prozent auf einem Allzeit-Tief angelangt. Zusätzlich müsste die sukzessive Bonitätsverschlechterung einiger wichtiger Eurostaaten zu einem Realrenditeanstieg führen. Auch die jüngste Euroschwäche aus Folge der Ablehnung der EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden sollte mittelfristig zinssteigernd wirken. Wir sehen daher eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit, dass europäische Rentenfonds durchaus in den nächsten zwei Jahren mit einem negativen Performancejahr rechnen könnten. Die Gefahr eines Crashs am Bondmarkt ist durch die jüngste Entwicklung deutlich gestiegen. In einigen Bereichen drängt sich ein Vergleich mit den globalen Aktienmärkten Ende der 90er Jahre auf.

Aus unserer Sicht erwarten wir auf die nächsten fünf Jahre eine jährliche Durchschnittsperformance für europäische Rentenfonds in einer Bandbreite von ein bis maximal 2,5 Prozent.

e-fundresearch: Was raten Sie derzeit Privatanlegern bezüglich eines möglichen Investments in Euro-Anleihen?

Günther Schupp: Die Performance längerfristiger Rentenfonds wird weiterhin überdurchschnittlich bleiben. Meine Empfehlung an Privatanlegern heißt deshalb weiterhin sich lange Staatsanleihen-Fonds ins Portfolio zu legen.

Herbert Schmarl: Grundsätzliche raten wir unseren Kunden, die Duration allgemein zu verkürzen sowie die massiven Kursgewinne bei Langläufern mitzunehmen. Es empfiehlt sich für Fondsanleger im Rentenbereich die Duration der verschiedensten Fonds genauestens zu analysieren und verstärkt in solche mit kurzer Duration umzuschichten, da bei einem Zinsanstieg das Verlustrisiko erheblich geringer ist. Zusätzlich würden wir den Anteil an Euro-Geldmarktfonds erhöhen, da das Verlustrisiko bei einem Zinsanstieg weitgehend zu vernachlässigen ist.

e-fundresearch: Vielen Dank für das Gespräch

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