Der Wert eines Unternehmens bestimmt sich maßgeblich anhand seines zukünftigen Gewinnwachstums. Die Mehrzahl institutioneller wie auch privater Investoren bevorzugen deshalb Aktien mit hohen prognostizierten Umsatz- oder Gewinnwachstumsraten. Verständlicher Weise wissen Investoren ihr Vermögen lieber in Unternehmen mit glänzenden Zukunftsperspektiven als in potentiallosen Aktien. Doch wie so oft an den Finanzmärkten irrt sich auch hier die Masse, denn zahlreiche Studien belegen das Gegenteil.
Hätte ein Investor beispielsweise von 1982-1991 jeweils jährlich in die US-Unternehmen investiert, denen Analysten kein oder nur geringes zukünftiges Wachstum vorhersagten, hätte er beeindruckende Renditen von jährlich 30 Prozent erzielt. Eine Investition in die beliebtesten Unternehmen mit den höchsten prognostizierten Gewinnwachstumsraten kam gerade einmal auf 8,6 Prozent (siehe Grafik links)
Rückwirkend betrachtet, lagen Analysten mit ihren Einschätzungen völlig daneben: Während die Schlusslichter der Wachstumsprognosen tatsächlich ihre Gewinne in den folgenden fünf Jahren um 37 Prozent steigern konnten, wuchsen die für wachsstumsstark gehaltenen Unternehmen nicht einmal halb so schnell!
Der Grund für dieses Phänomen ist, dass Analysten und Investoren vergangene Trends zu weit in die Zukunft extrapolieren. Positive Schlagzeilen und überdurchschnittliche Gewinnentwicklungen werden überbewertet und verleiten zu zu optimistischen Prognosen. Wachstumsstarke Unternehmen werden dadurch so bewertet, als würden sie ewig überdurchschnittlich stark weiter wachsen. Dabei bleibt jedoch unberücksichtigt, dass sich hohe Margen nur in wenigen Ausnahmefällen langfristig aufrecht erhalten lassen. Im Normalfall wird ein anwachsender Konkurrenzdruck dafür sorgen, dass sich Gewinnmargen und Wachstumsraten wieder Normalwerten annähern. Folgt später diese Einsicht, brechen nicht nur Wachstumsraten sondern auch Aktienkurse zusammen.
Value-Investoren profitieren von den systematischen Fehleinschätzungen der Marktteilnehmer. Da sich die Wachstumserwartungen eines Unternehmens in dessen Bewertungsniveau widerspiegeln, setzen valueorientierte Anleger auf Unternehmen, deren zukünftiges Wachstum unterschätzt wird. Sie spekulieren darauf, dass die breite Masse diesen Fehler mittelfristig erkennt und niedrig bewertete Unternehmen als Folge dessen im Kurs steigen.
Dass sich eine Investition in günstige Unternehmen tatsächlich auszahlt, haben wir in den vergangenen Ausgaben unseres FondsJournals für das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) und das Kurs-CashFlow-Verhältnis (KCV) dargestellt. Value-Investoren können jedoch ebenso auf das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) zurückgreifen, um gewinnbringende Value-Strategien umzusetzen. Hätte ein Investor beispielsweise 1951 100 Dollar jährlich jeweils in die 50 US-Aktien mit den niedrigsten KBV investiert, hätte er im Jahr 2003 ein Vermögen von 138.800 Dollar angehäuft. Den Gesamtmarkt (34.800 Dollar) – und damit rund 80 Prozent aller Fondsmanager – hätte er um Längen geschlagen. Am schlechtesten entwickelten sich jedoch die hoch bewerteten Aktien, denen die besten Wachstumsaussichten bescheinigt wurden ($14.800).
Diese Überrenditen konnten wir in zahlreichen internationalen Märkten und in unterschiedlichen Beobachtungszeiträumen bestätigen. Im Mittel schlagen nach dem KBV niedrig bewertete Unternehmen hoch bewertete um jährlich 10 Prozent sowie den Gesamtmarkt um ca. 5 Prozent.
Die Überrenditen der Value-Strategien lassen sich darüber hinaus nicht auf höhere Risiken zurückführen. Weder die Standardabweichung der Renditen, die Betas noch die Anfälligkeit in verlustreichen Marktphasen zeigen höhere Risiken auf.
Insofern lassen die Untersuchungsergebnisse nur zwei Schlüsse zu:
- Analystenprognosen taugen allerhöchstens als Kontraindikator!
- Investitionen in niedrig bewertete Aktien zahlen sich aus!
Die von uns betreuten Fonds (StarCap Priamos, DG Lux StarPoint) profitieren von diesen Erkenntnissen. So betrachten wir zukünftige Schätzungen mit Skepsis und verfolgen einen konsequent value-orientierten und antizyklischen Investmentansatz.
Quellen:
Thomson Financial Datastream, eigene Berechnungen, LaPorta (1996), O’Shaughnessy (1998).
Norbert Keimling ist bei der Huber Portfolio AG als Analyst verantwortlich für fundamentale Screeningmodelle und antizyklische Investitionsentscheidungen. Weitere Informationen finden Sie unter www.huber-portfolio.de
Gastkommentare werden von anerkannten Finanzmarktexperten verfasst, deren Meinungen nicht mit jener der e-fundresearch.com Redaktion übereinstimmen müssen.