Am 1. Juli 2005 war es endlich soweit: Die ersten Baby Boomer in den USA erreichten exakt an diesem Tag die magische Altersgrenze von 59,5 Jahren. Ab diesem Zeitpunkt sind Entnahmen aus dem betrieblichen Rentenvorsorgemodell 401(k) ohne Abzug einer Pönale auch schon während einer andauernden Beschäftigung möglich. Für die angehenden Pensionisten heißt das vor allem eines: Umschichten der großteils in Aktienfonds investierten Gelder in sichere Anlagen. „Für die US-Fondsindustrie bedeutet das eine enorme Herausforderung“, berichtet John Trudgian, der bei Williams Inference Center - einem privaten Think-Tank – u.a. Fondsgesellschaften wie Fidelity oder Morgan Stanley über die globalen Trends auf dem Laufenden hält.
„Nur 30 Prozent der Gelder bleiben bei Fonds“
Denn die erwarteten Umschichtungen sind enorm: Allein in den nächsten fünf Jahren werden 16,3 Millionen US-Amerikaner 60 Jahre alt. Und erfahrungsgemäß schichten diese Leute ihr Geld großteils in Spareinlagen oder Geldmarktprodukte um. „Nur 30 Prozent des Geldes verbleibt schlussendlich in Investmentfonds“, so Trudgian.
Welch große Veränderungen den Fondsgesellschaften bevorstehen, verdeutlichen folgende Zahlen: Von den 3,2 Billionen US-Dollar die in 401(k) Plänen investiert sind, machen Investmentfonds rund die Hälfte, also 1,6 Billionen US-Dollar, aus. „Das sind immerhin 20 Prozent des gesamten in den USA verwalteten Fondsvolumens von 8,1 Billionen US-Dollar“, verdeutlicht Trudgian.
Nettomittezuflüsse versiegen zusehends
Erste Anzeichen dieser Entwicklung sind bereits sichtbar: „Lagen die Nettomittelzuflüsse in 401(k) Fonds bis 2002 noch bei 80 Mrd. US-Dollar, so sind diese 2004 bereits auf 40 Mrd. gesunken. Dieser Trend wird sich fortsetzen“, glaubt Trudgian. Und sogar noch beschleunigen: Lagen die jährlichen Umschichtungen 2003 noch bei 198 Mrd. US-Dollar, so sollen diese bis 2010 auf 401 Mrd. explodieren.
Niedrige Sparquote drückt außerdem
Zusätzlich drücke die nicht mehr existente Sparquote – diese liegt in den USA derzeit exakt bei 0,0 Prozent – auf die Fondsanbieter. „Besonders junge Leute sind mit Ausbildungskrediten und Kreditkartenschulden belastet und investieren wenn dann eher in Immobilien“.
Zwei weitere Fronten tun sich auf
Aber nicht nur auf der demografischen Front kämpft die Fondsindustrie derzeit: „Passive Anlagen, besonders Exchange Traded Funds, holen weltweit stark auf“, schildert der Australier. Ende Mai waren bereits 283,2 Mrd. US-Dollar in ETF´s investiert, verglichen mit 83 Mrd. 2001 ein enormer Anstieg. Und neue Produkte, wie etwa ETF´s auf Rohstoffe oder gehebelte Produkte, versprechen vor allem bei Privatanlegern ein weiteres Wachstum.
Während des eher passiv bzw. semi-passiv gemanagte Spektrum der Fonds immer mehr unter Druck von Seiten der ETF Anbieter kommt, machen auf der aktiven Seite Hedgefonds Konkurrenz: Deren Anzahl ist in den letzten fünf Jahren von 3800 auf 8000 angestiegen. „Mittlerweile wird es sogar schwer für neue Anbieter Namen zu finden. Griechische Götter, Tier oder Sternename sind bereits kaum mehr vorhanden“, so Trudgian, weshalb Initialen oder Abkürzungen wieder im Kommen sind.