Während die Wiener Börse auf Sicht der letzten drei bis vier Jahre zu den absoluten Top-Performern weltweit zählt, scheint sich das Wachstumstempo 2006 zu verlangsamen. Der ATX Prime Index stieg seit Jahresbeginn um immer noch beeindruckende 8,4 Prozent. Jahresrenditen von knapp 50 Prozent in den letzten drei Jahren scheinen aber der Vergangenheit anzugehören. Die Prognosen der meisten Fondsmanager – zu Jahresende gingen fast alle Österreich-Manager von Renditen zwischen 10 und 15 Prozent für 2006 aus – erscheinen derzeit realistisch (siehe auch „Wien: Die unerwartete Hausse“ vom 23.12.2005).
2006: ATX hinter DAX und Euro Stoxx
Auch im relativen Vergleich liegt die Wiener Börse nicht mehr ganz so gut wie zuletzt: Sowohl der deutsche DAX 30 oder der Dow Jones Euro Stoxx Index liegen seit Jahresbeginn vor dem ATX Prime Index. Und an die Performance von Schwellenländerbörsen wie Brasilien oder Russland – diese legten seit 31.12.2005 um rund 20 Prozent zu - kommen Österreich-Aktien ganz klar nicht mehr heran.
Wirklich beunruhigt zeigen sich die meisten Fondsmanager von dieser Entwicklung aber nicht, ganz im Gegenteil. „Eine Abschwächung der absoluten Performance bzw. ein Ende der Outperformance gegenüber Europa-Aktien habe ich eigentlich schon für 2005 erwartet“, gesteht Manfred Zourek, Fondsmanager des ESPA Stock Vienna. „Das positive Umfeld bleibt aber wenngleich eine neue Phase in Wien eingeläutet sein könnte“, glaubt der Experte weiter. Auch Peter Till, Fondsmanager bei der C-Quadrat und für den ff austria select verantwortlich sieht die jüngsten Kurskorrekturen – in den ersten März-Tagen gab der ATX Prime um rund vier Prozent nach - eher positiv: „Diese sollte man eher als Einstiegschance in einen immer noch interessanten Markt sehen“.
Welche Fonds liegen zuletzt vorn?
Aber auch bei Österreich-Aktienfonds bahnen sich Veränderungen an. Seit Jahresbeginn schnitten folgende fünf Fonds am besten ab (Performance YTD in Prozent in Klammer):
- Meinl Equity Austria (12,7)
- Kepler Österreich Aktienfonds (11)
- ViennaStock (10,95)
- ff austria select (10,9)
- Raiffeisen-Österreich-Aktien (10,2)
Zwei Drittel aller Fonds vor dem ATX
Erst dahinter folgen die 3-Jahres-Sieger ESPA Stock Vienna (9,4), 3 Banken Österreich-Fonds (10,1) bzw. Capital Invest Austria Stock (9,1). Vor dem ATX Prime Index mit 8,4 Prozent liegen seit 31.12.2005 aber immerhin 10 von insgesamt 15 Österreich-Fonds.
Zurückzuführen ist die schwächere Entwicklung der größeren Fonds auf das relativ schwächere Abschneiden der Indexschwergewichte wie OMV. Kleinere Werte und Spezialsituationen, etwa bei Generali oder Frauenthal, schnitten besser ab.
Warum liegen die Indexschwergewichte hinten?
Grund dafür scheint u.a. ausländisches Kapital sein, das sich aus den großen Titeln langsam verabschiedet: „Obwohl ich noch keine massiven Abflüsse sehe, könnte das durchaus in kleinerem Umfang der Fall sein“, meint Zourek. Von großer Bedeutung seien auch die in den letzten Monaten erfolgten IPO´s bzw. großen Kapitalerhöhungen von Erste Bank, Wiener Städtische oder Immobilien-Ags wie Immoeast. „Viel Geld wird in diese Titel gezogen und fehlt dann den bestehenden Aktien“, so Zourek. Einer ähnlichen Meinung ist auch Peter Till: „Abfließendes ausländisches Kapital und neue Aktien machen es den ATX-Werten derzeit nicht gerade leicht“.
Fonds: Wer liegt langfristig vorne?
Ob der Jahresstart 2006 für die Österreich-Fonds eine Trendwende einläutet bleibt jedoch anzuwarten. Denn langfristig liegt der Capital Invest Austria Stock von Friedrich Erhart immer noch unangefochten an der Spitze (siehe Tabelle). Er weist auf 5-Jahres-Sicht mit 2,07 die beste Sharpe Ratio und damit die höchste risikoadjustierte Rendite aller Fonds auf. Dahinter folgt der Meinl Equity Austria, welcher anhand der Sharpe Ratio ebenfalls noch leicht vor dem ATX Prime Index liegt. Das 5-Jahres-Performanceranking lautet: Capital Invest (29 Prozent p.a.), ESPA (28,4 Prozent), ATX Prime Index (26,3 Prozent) EMIF Austria Index Plus (25,7 Prozent) vor Meinl Equity Austria (24,3 Prozent).
Kommentare zum neuen Börse-Vorstand
Zum neuen Bösenvorstand haben beide Fondsmanager übrigens noch wenig zu sagen: „Da ich Dr. Schaller noch nicht kenne bin ich erstmal neutral“, so Zourek. Ähnlich sieht das Till: „Ich wünsche mir eigentlich nur eine Fortsetzung der Dynamik der Wiener Börse nach außen hin. Die Performance müssen sowieso die einzelnen Unternehmen selbst machen“. Anders die Wiener Börse selbst: „Mit Heinrich Schaller ist es uns gelungen, einen erfahrenen Fachmann zu gewinnen. Michael Buhl und Heinrich Schaller werden den Erfolgskurs der Wiener Börse auch in den kommenden Jahren fortsetzen“, zeigt sich Mag. Friedrich Kadrnoska, Aufsichtsratspräsident der Wiener Börse AG, zufrieden.
Alle Daten per 14.3.2006 in Euro
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