„Aktienanleger müssen sich auf zukünftig auf harte Zeiten in den USA einstellen“, prognostiziert John Trudgian, der bei Williams Inference Center - einem privaten Think-Tank – u.a. Fondsgesellschaften wie Fidelity oder Morgan Stanley über die globalen Trends auf dem Laufenden hält. Denn immer mehr Anzeichen deuten auf eine starke Konjunkturabkühlung hin. Vor allem die Entwicklung am US-Immobilienmarkt sei kein gutes Vorzeichen: „Der National Association of Home Builders Index weist auf Sicht der letzten 10 Jahre eine Korrelation von 79 Prozent zur Entwicklung des S&P 500 auf. Die Vorlaufzeit beträgt dabei 12 Monate“, so Trudgian. Berücksichtigt man den Verlauf des Immobilienindex, würde das laut Informationen des US-Volkswirtes David Rosenberg, eine Halbierung des S&P 500 Indexstandes innerhalb des nächsten Jahres rechtfertigen.
Ungleiche Einkommensverteilung begünstigt Börsenblasen
Ein weiteres, bis dato noch wenig wahrgenommenes Phänomen, seien die Effekte der ungleichen Einkommensverteilung in den USA auf die Wirtschaft. „Schon heute geht mehr als 40 Prozent des Einkommens in den USA an die reichsten zehn Prozent, ein Prozess der sich noch beschleunigen wird. Das hat aber enorme Auswirkungen, die heute noch unterschätzt werden“, glaubt Trudgian. Neben negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der armen Bevölkerungsschichten, hemme zunehmende Korruption das zukünftige Wirtschaftswachstum und erschwere eine effiziente Allokation von öffentlichen und privaten Ressourcen: „Die Wahrscheinlichkeit von Vermögensblasen nimmt automatisch zu“.
Geldmenge M3 deutet auf Liquiditätsschwämme hin
Positiv sei dagegen, dass die globale Liquidität trotz steigender Zinsen weiterhin hoch bleibe: „Denn ein Großteil der Marktteilnehmer geht davon aus, dass sich steigende Zinsen negativ auf die Liquidität auswirken und dadurch eine wirtschaftliche Abkühlung herbeiführen“. Das sei zwar richtig, aber nur solange die Geldmenge nicht gleichzeitig durch die Notenbank ausgeweitet würde. „Aber genau das ist derzeit der Fall, denn die breite Geldmenge M3 hat sich in den letzten acht Jahren in etwa verdoppelt“, berichtet Trudgian. Der ungewöhnliche Schritt der US-Notenbank - ab März 2006 wird sie die so genannte Geldmenge M3 nicht mehr erfassen und daher auch nicht mehr veröffentlicht – sei vor diesem Hintergrund zu sehen. Denn für die Europäische Zentralbank (EZB) gehört es zum Kerngeschäft, die Geldmengen M1 bis M3 zu überwachen um auch der Inflation vorzubeugen. Die enorme Ausweitung der Geldmenge – Ende August hat die FED laut Informationen des Williams Inference Center das M3 um 54 Milliarden US-Dollar in nur einer Woche (!) ausgeweitet – könnte 2007 zu positiven Überraschungen für US-Aktienbesitzer führen. „Der Markt schwimmt in Liquidität“, so Trudgian.
Investmentchancen bei Fischfarmen?
Ein weiterer Trend, den Investoren nicht aus den Augen verlieren sollten, ist die zunehmende Knappheit von Fischen als Proteinquelle für menschliche Nahrungsmittel. „Die globale Fischproduktion ist in den letzten Jahren an ihre Grenzen gestoßen. Der Anteil der in freier Wildbahn gefangenen Fische geht immer stärker zurück, Fischfarmen boomen dagegen“, so der Experte. So sei das Volumen der in Fischfarmen „produzierten“ Fische seit 1997 bis 2003 von 36 auf 55 Millionen Tonnen weltweit um rund die Hälfte angestiegen. Das sei bereits ein Anteil von 41 Prozent der globalen Fischproduktion von 132,5 Tonnen.
Irak-Konflikt schlecht für US-Rüstungsindustrie
Aber auch in der Verteidigungsindustrie müssen sich Anleger auf ein verändertes Umfeld einstellen: „Denn paradoxerweise bedeuten die weitergehenden militärischen Konflikte in Afghanistan aber besonders im Irak, für die Rüstungsindustrie nichts Gutes“, analysiert Trudgian. Denn obwohl die Gesamtausgaben der USA für das Militär steigen, fließe ein immer größer werdender Anteil in die vor Ort Infrastruktur zur Aufrechterhaltung der Kampfstärke. „Bei großen Neuanschaffungen wird deswegen gespart“, berichtet Trudgian und verweist auf die vor kurzem angekündigte Einstellung der Produktion von Boing´s C-17 Transportflugzeugen. Zudem seien große Waffensysteme wie Bomber oder Flugzeuge für militärische Konflikte im Nahen Osten kaum nützlich, so der Experte weiter.