Die Renditen europäischer Staatsanleihen sind im letzten Jahr gestiegen, befinden sich im langfristigen Durchschnitt aber immer noch am unteren Ende. 10-jährige Bundesanleihen rentieren aktuell bei rund 3,80 Prozent, vergleichbare Unternehmensanleihen zwischen vier und fünf Prozent. Viele Anleger empfinden diese Renditen als unbefriedigend und sind daher für Produkte, welche hohe Zinsen bei niedrigem Risiko versprechen, leicht empfänglich.
Kleine Firmen locken mit hoher Rendite und niedrigem Risiko
Diesen Anlegertraum scheinen außerbörsliche Unternehmensanleihen auf den ersten Blick zu erfüllen. Besonders der Markt für Anleihen mittelständischer Unternehmen erlebte in den letzten Jahren einen regelrechten Boom. Jedoch sollte man sich genau darüber informieren, wem man sein Geld leiht, da auch immer wieder zwielichtige Anbieter auftauchen. In Zeiten eines niedrigen Zinsniveaus haben es diese relativ leicht, sich von gutgläubigen Anlegern Geld zu leihen.
Viele dieser kleinen Unternehmen locken auf Hochglanzprospekten, welche auch in heimischen Tageszeitungen auftauchen, mit Kupons in der Höhe von sechs bis acht Prozent und das ganze auch noch ohne Kursrisiko – wie ist das möglich?
Höhere Renditen können nur durch ein höheres Risiko erzielt werden, wie z. B. durch längere Laufzeiten, den Einsatz von Fremdwährungen oder durch schlechtere Bonitäten. Da diese Anleihen jedoch in Euro notieren und meistens nur zwischen fünf und zehn Jahren laufen, kann der Pferdefuß eigentlich nur an der Bonität der Unternehmen liegen. Diese festzustellen, ist allerdings ziemlich schwierig bzw. meist unmöglich, da Mittelständler normalerweise keine Bonitätseinstufungen von internationalen Ratingagenturen wie S&P oder Moody’s haben und die Bilanzen zum Teil gar nicht bzw. sehr veraltet veröffentlicht werden.
Vermeintlich geringes Kursrisiko wird durch fehlende Börsennotiz vorgegaukelt
Der Grund dafür, dass es kein Kursrisiko gibt, liegt allein an der fehlenden Börsennotiz der meisten Papiere. Daher gibt es auch keinen liquiden Markt für diese Anleihen – das wiederum bedeutet, man ist darauf angewiesen, dass der Schuldner die ausstehenden Anleihen zur Fälligkeit auch tilgt. Mit den hohen Kupons wird geworben, um genügend Anleger anzuziehen; was allerdings mit dem investierten Geld passiert, ist oft nur schwer herauszufinden. Es wird mit der Finanzierung von Beteiligungen und Projekten argumentiert, in was genau investiert wird, ist für den Anleger jedoch de facto unkontrollierbar.
Man sollte sich daher von den hohen Kupons nicht blenden lassen, denn wenn man seinen Einsatz am Ende nicht zurück erhält, dann sind die Kupons ein nur marginaler Trost.
Warnungen in den Wind geschrieben
Natürlich darf man nicht alle Anbieter über einen Kamm scheren, jedoch sollte man sich von seiner Bank beraten lassen und im Zweifelsfall lieber die Finger von solchen Anlagen lassen.
Das „Deutsche Institut für Anlegerschutz“ warnte auf seiner Homepage bereits vor einem Jahr konkret vor 6 unseriösen Anbietern:
1. DM Beteiligungen
2. EECH European Energy Consult Holding
3. First Real Estate
4. ISS Immobilien Schutz und Service AG
5. VermögensGarant
6. Wohnungsbaugesellschaft Leipzig West AG
Diese Warnungen bestehen nicht zu Unrecht, da „DM Beteiligungen“ und die „Wohnungsbaugesellschaft Leipzig West AG“ in diesem Jahr bereits Insolvenz anmelden mussten. Laut Schätzungen sind allein bei „DM Beteiligungen“ 7.000 bis 8.000 Anleger betroffen, welche dem Unternehmen rund 70 Millionen Euro geliehen haben. Wie viel davon wirklich verloren ist, lässt sich noch nicht abschätzen.
Checkliste
Doch wie erkennt man unseriöse Anlageangebote? Um diese von seriösen leichter unterscheiden zu können, hat das „Deutsche Institut für Anlegerschutz“ eine Checkliste mit folgenden Punkten erstellt:
1. Wie wurde der Erstkontakt hergestellt?
2. Wie hoch ist die mögliche Rendite?
3. Wer ist der Anbieter und wo ist der Geschäftssitz?
4. Wird der Anleger unter Zeitdruck gesetzt?
5. Wer ist der Treuhänder und ist dieser wirklich unabhängig?
6. Die im Prospekt ausgewiesenen Risiken eines möglichen Totalverlustes sollten ernst genommen werden.
Genauere Informationen zu den einzelnen Punkten findet man hier.
Um jedoch wirklich sicher zu gehen, sollte man zu seiner Bank gehen und die angebotenen Produkte professionell auf Seriosität hin überprüfen lassen.
Kuriose Anleihen – Naturalien als Zinsen
Es finden sich auch exotische Angebote auf dem außerbörslichen Anleihenmarkt, welche die Zinsen in Naturalien ausschütten: z. B. eine Anleihe des Weingutes Sybille Kuntz. Die Anleihe zahlte 7,5 Prozent Zinsen, diese wurden jedoch nicht in bar, sondern in Form von Riesling-Wein ausgeschüttet. Der Flüssigzins wurde aus der offiziellen Preisliste für Privatkunden errechnet. Ähnlich auch die Emission einer deutschen Confiserie, welche entweder 8,5 Prozent Zinsen in Pralinen oder 4,5 Prozent Zinsen in bar zahlte.
Mit solchen Angeboten spricht man zum größten Teil seine eigenen Kunden an, die dadurch enger an das Unternehmen gebunden werden. Es ist auffällig, wie kreativ die Unternehmen geworden sind, um sich Kapital zu beschaffen.
Fazit
Trotz all der verlockenden Versprechungen, sei es in Form von Schokolade oder Wein, aber vor allem in Form exorbitant hoher Zinsen, dürfen die damit in Verbindung stehenden Risiken nicht unterschätzt werden. Ein gesundes Maß an Skepsis ist hier immer angebracht und kann so manchen unüberlegten Schritt verhindern – damit aus dem Genuss süßer Schokolade nicht ein Biss in den sauren Apfel wird.
Gastkommentare werden von anerkannten Finanzmarktexperten verfasst, deren Meinungen nicht mit jener der e-fundresearch.com Redaktion übereinstimmen müssen.