Die letzten Börsenjahre gehörten eindeutig Europa-Aktien. Denn während Sich der MSCI Europe Index seit Anfang 2003 um genau 99 Prozent, oder 18,6 Prozent pro Jahr verteuerte, kamen globale Dividendentitel (MSCI World Index) „nur“ auf 64 Prozent und US-Aktien, gemessen am S&P 500, legten gerade einmal um 39 Prozent zu. Auch die bis Ende 2005 so erfolgreichen Japan-Aktien liegen nach den Kurseinrüchen im letzten Jahr weit abgeschlagen hinter den europäischen Börsen zurück, welche allein im letzten Jahr nochmals um weitere 20 Prozent zulegen konnten.
Wenig gute Fonds in Europa
Wer in Europa-Aktienfonds investiert war, wurde im Schnitt aber enttäuscht. Während der Durchschnitt aller Europa-Aktienfonds in den letzten fünf Jahren auf ein Jahresplus von 4,8 Prozent kam, erreichte der MSCI Europe Index mit 6,9 Prozent mehr. Genau 37 aller 160 Fonds, also nur 23 Prozent, konnten den Indexertrag seit 2002 übertreffen. Beeindruckend dabei jedoch die Outperformance-Ergebnisse der Top-Manager: Der anhand der risikoadjustierten Performance (Sharpe Ratio) erfolgreichste Europa-Aktienfonds der letzten fünf Jahre, der First Private Europa Aktien ULM, schlug den Index um beachtliche 9,3 Prozent pro Jahr. Auch beim zweitgereihten Franklin Mutual European waren es immerhin noch 3,7 Prozent p.a. (siehe Tabelle).
Womit die Top-Fondsmanager rechnen
Nach den Kursanstiegen vorsichtig ist Philippe Brugere-Trelat, Fondsmanager des Franklin Mutual European Fund: „Europäische Aktien wirken durch ihre attraktive Bewertungen und robusten Ertragssteigerungen sehr solide. Die Unternehmen sind liquide, es wird großzügig Geld ausgeschüttet und der erneute Anstieg des Fremdkapitalanteils in den Bilanzen könnte die Eigenkapitalrendite der Unternehmen wirkungsvoll erhöhen“. Drei Faktoren stehen dem Aufwärtstrend jedoch entgegen: „Die erwartete Verlangsamung der US-Wirtschaft, steigende Leitzinsen und der gegenüber dem US-Dollar weiter erstarkende Euro könnten den Investoren den Appetit verderben“, betont der Deep-Value-Fondsmanager der generell nach stark unterbewerteten Aktien sucht.
Und von diesen gäbe es immer noch genug: Zum Beispiel Michael Barakos, Fondsmanager des JPM Europe Strategic Value, sieht europäische Aktien trotz der Outperformance der letzten Jahre immer noch als zu billig an: „Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt Europa mit 13,4 deutlich hinter den USA mit 15,4 oder Japan mit 17,8 zurück. Auch liegen die Bewertungen von Aktien aus Kontinentaleuropa nur um 17 Prozent höher als am Beginn des Bullenmarktes im März 2003, in Großbritannien sind Aktien jetzt sogar fast gleichteuer wie damals“, streicht er heraus. Die günstige UK-Bewertung sei aber ein zweischneidiges Schwert: „Der Gesamtmarkt weist in Zeiten steigenden Risikoappetites der Investoren eine defensive Ausrichtung auf“, erklärt sein Kollege Ajay Gambhir, der für den viertplatzierten JPM Europe Dynamic verantwortlich zeichnet. Auf dem alten Kontinent ist Barakos mit seinem 8,5 Mrd. Euro schweren Fonds besonders in Finnland übergewichtet, Italien meidet er dagegen: „Es ist schwer zu glauben, dass ein weiterhin starker Euro exportgetriebenen Ländern, die es nicht schaffen ihre Arbeitskosten niedrig zu halten, nicht schaden wird“, bezieht er sich besonders auf Italien und Belgien. Österreichische Aktien hat er derzeit gar keine: „Wir suchen nach Aktien, die von Anlegern links liegen gelassen werden und mindestens 30 Prozent zu billig sind. Und obwohl Österreich ein schönes Land ist, machen wir auch in diesem Fall keine Ausnahme“, bleibt er hart.
Alexander Scurlock, seit Jahresbeginn neuer Fondsmanager des größten Europa-Aktienfonds Fidelity Funds - European Growth ist davon überzeugt, dass sich der Unternehmensgewinn-Zyklus in Kontinentaleuropa noch immer nicht auf seinem Hoch befindet und deswegen auch 2007 Überraschungspotential nach oben bestehe. „Trotzdem sollte man berücksichtigen, dass US-Aktien in globalen Abschwungphasen ihre Stärken besonders ausspielen. Denn für die meisten Marktteilnehmer bedeutet groß eben auch sicher“, fügt der Brite hinzu. Aufgrund der neuen EU-Beitrittsländer, die den europäischen Firmen u.a. die Möglichkeit gegeben haben Arbeit dorthin kostengünstig auszulagern, sieht er den langfristigen Ausblick sehr optimistisch. „Das ist ein ähnliches Szenario wie bei asiatischen Technologiefirmen, als diese dadurch im Wettbewerb mit ihren US-Konkurrenten bestehen konnten“, vergleicht er. Sektoral findet Scurlock zuletzt vermehrt Chancen bei großen Unternehmen, wobei besonders einige spanische Banken gekauft wurden. Während er Versorger positiv sieht, hat er Aktien aus den Sektoren Öl und Gas zuletzt aber verkauft. In Österreich ist der Fonds, welcher über ein Volumen von fast 19 Mrd. Euro verfügt, mit 1,9 Prozent investiert und im Vergleich zu seiner Benchmark stark übergewichtet. „Niedrige Unternehmenssteuern und die Nähe zu Osteuropa sind die Gründe“, fasst er zusammen.
Auch Tim Stevenson, Fondsmanager des Henderson HF Pan European Equity geht für das laufende Jahr von weiteren, wenn auch nur bescheidenen Erträgen, bei Europa-Aktien aus. „Die steigenden Zinsen sollten die Unternehmen in der Regel kaum treffen. Positiv zu sehen wäre aber, dass höhere Zinssätze den Private Equity Boom einbremsen würden. Denn die Preise die diese Fonds für Übernahmen zahlen sind einfach irrational“. Für das Gesamtjahr rechnet er mit Unternehmensgewinn-Steigerungen in der Höhe von 9,5 Prozent. „Die Firmen in meinem Fonds wachsen mit 14 Prozent“, verrät der Brite, der kürzlich u.a. GlaxoSmithKline gekauft hat, da er den Titel für unterbewertet hält. Aber auch in Österreich ist er mit 5,5 Prozent Portfolios stark übergewichtet: „Der Markt hat kürzlich sicherlich enttäuscht, besonders die Ölwerte. Aber 2007 wird es besser“, glaubt er.
Alle Daten per 9.1.2007 in Euro
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