Günter Faschang ist Leiter Aktien Osteuropa bei Vontobel und unter anderem für den Vontobel Central and Eastern European Equity verantwortlich. Der Österreicher, der den Fonds seit Juli 2001 von Wien aus verwaltet, kam damals neu zu Vontobel. Davor war er ein Jahr lang Fondsmanager des ESPA Stock Danubia (2004 wurde der Fonds in ESPA Stock Europe-Emerging umbenannt). Weitere Stationen seiner Karriere waren: Aktienanalyst bei der Erste Bank (1998-2000), mit Spezialisierung auf russische Ölwerte und Händler an der Frankfurter Börse bei der Sputz AG and Exco-Bierbaum (1995-1998).
Amalia Ripfl verwaltet seit Anfang 2007 den ESPA Stock Europe-Emerging. Davor war sie bereits ein Jahr lang Co-Managerin des Fonds neben dem kürzlich ausgeschiedenen Harald Gallob. Zudem war die in Bukarest aufgewachsene Ripfl 2006 als Senior Fondmanagerin für den ESPA STOCK New Europe Active und ESPA Stock NTX verantwortlich. Die heute 32-jährige begann ihre Karriere bei der Erste Bank 1998 als Head of Back Office in Bukarest und wechselte Ende 2001 in die Erste-Sparinvest.
e-fundresearch befragte die beiden Experten zu den weiteren Aussichten von Osteuropa-Aktien.
Ausblick: Alles ist möglich
e-fundresearch: Wie lautet der allgemeine Ausblick für osteuropäische Aktien 2007/2008?
Günter Faschang: Unser Ausblick ist negativ. Die Aktien sind zu teuer und verfügen über ein schlechtes Momentum. Im Falle einer globalen Wirtschaftsabkühlung kämen sie ebenfalls unter Druck.
Amalia Ripfl: Wir sind für osteuropäische Aktien positiv gestimmt. Das hohe Wirtschaftswachstum und die stabile makroökonomische Lage stützen die Märkte. Osteuropäische Aktien könnten heuer um 15 Prozent steigen.
e-fundresearch: Nach dem Mini-Crash Ende Februar, mit welcher weiteren Entwicklung rechnen Sie kurzfristig? Seit Jahresbeginn liegt der MSCI EM Eastern Europe Index mit neun Prozent im Minus...
Günter Faschang: Wir geben keine kurzfristigen Prognosen ab. Mittelfristig ist unser Ausblick aber negativ.
Amalia Ripfl: Eine Korrektur dauert durchschnittlich 20 bis 30 Tage. Die aktuelle Korrektur hat am 27.02 begonnen und ist noch nicht ganz abgeschlossen. Ich rechne im März mit einer erhöhten Volatilität. Das fundamentale hervorragende Bild der Region hat sich nicht geändert. Ich bleibe weiterhin positiv für die Aktienmärkte.
Osteuropa: Teuer oder Billig?
e-fundresearch: Wie lautet ihre Prognose für das Gewinnwachstum der osteuropäischen Unternehmen für 2007 und 2008? Sind die aktuellen Bewertungen dieser Märkte nachhaltig?
Günter Faschang: Die Gewinne der Rohstoffunternehmen (Öl, Gas, Metalle) haben teilweise bereits gedreht und dürften in den kommenden Quartalen fallen. Bei Banken, Pharma und Konsum sehen wir nach wie vor steigende Gewinne, aber die Steigerungen dürften nicht mehr so rasant verlaufen wie die letzen vier bis fünf Jahre. Bezüglich den Bewertungen: Osteuropa ist mit einem mittleren Preis/Buchwert von rund vier historisch sehr teuer bewertet. Die durchschnittliche Dividendenrendite liegt ebenfalls nur noch bei ca. 1,5 Prozent.
Amalia Ripfl: Die Bewertungen sind unserer Meinung nachhaltig - die Aktien sind im Moment nicht teuer. Das durchschnittliche KGV Russlands etwa liegt bei acht, der der Region CEE bei 14 und die Türkei ist mit 13 auch nicht teuer.
Wo Anleger einsteigen sollten
e-fundresearch: In welchen Sektoren oder Ländern finden Sie zurzeit verstärkt Chancen? Welche Sektoren und Länder sollten Anleger lieber meiden?
Günter Faschang: Chancen sehen wir in defensiven Branchen z.B. Telekom. Die Dividendenrenditen betragen ca. acht Prozent, die Cashflows sind stabil. Titel im Bereich von Rohstoffen, Zykliker, illiquide Aktien und Randmärkte sollte man meiden - sie sind viel zu teuer bewertet.
Amalia Ripfl: Die größten Chancen sehen wir in Russland: Die geplanten größeren Investitionen in Schlüsselsektoren wie Versorger und Infrastruktur werden die Wachstumstreiber sein. Gute Wachstumschancen bietet auch der Banken- und Stahlsektor. Ein weniger erfreuliches Bild zeichnet Ungarn: Wegen des Budget-Defizits fahren die Ungarn derzeit ein Sparprogramm. Dieses wird das Wachstum kurzfristig bremsen.
Geteilte Meinungen auch zur Börse in Istanbul
e-fundresearch: Der türkische Aktienmarkt war der größte Underperformer der letzten 12 Monate und verlor knapp 15 Prozent auf Euro-Basis. Gibt es hier Zeichen eines Rebounds bzw. wie lauten Ihre Aussichten?
Günter Faschang: Die Türkei ist ein sehr riskanter Aktienmarkt. Die Leistungsbilanz weist zum Beispiel ein Defizit von acht Prozent des BIP auf. Sollten die globalen Geldflüsse (Carry-trades) drehen und die Weltwirtschaft sich abschwächen, dürfte die Türkei negativ betroffen sein. Außerdem ist das politische Risiko (Irak, Iran, Tourismus) nicht zu vernachlässigen.
Amalia Ripfl: Wir sehen die Türkei noch immer als langfristig sehr aussichtsreichen Markt mit einer guten Chance, das heurige Jahr als Outperformer abzuschließen. Aufgrund der beiden im heurigen Jahr anstehenden Wahlen in der Türkei ist jedoch mit einem volatilen Kursverlauf zu rechnen.
Ölpreis und sein Einfluss für Osteuropa-Investments
e-fundresearch: Der Ölpreis scheint als Bestimmungsgröße - gerade für Russland-Investments - bestimmend. Wie lautet Ihr Ausblick diesbezüglich?
Günter Faschang: Wir machen für unser Portfolio keine Ölpreisprognosen. Wir schauen uns hingegen die Kapitalrentabilität der Unternehmen an. 2006 verdienten Ölunternehmen 20 bis 40 Prozent ROCE (Return on capital employed), was viel zu viel ist. Wenn sich die Märkte einpendeln, also der Ölpreis fällt und die Kosten steigen, sollten sich die Gewinne mindestens halbieren - und die Aktien auch.
Amalia Ripfl: Der Ölpreis wird sich unserer Einschätzung zufolge auf einem Niveau über 50 Dollar pro Barrel bewegen: Höhere Nachfrage aus China und die politischen Probleme zwischen dem Iran und den USA werden ihn stützen.
Mit welcher Performance man rechnen kann
e-fundresearch: Mit welcher Performance kann ein Anleger in den nächsten fünf Jahren in dieser Assetklasse rechnen? Im Zeitraum 2002 bis 2007 waren es rund 25 Prozent p.a. gemessen am MSCI Emerging Markets Eastern Europe in Euro.
Günter Faschang: Wir erwarten für die kommenden fünf Jahre für den MSCI Eastern Europe eine flache Performance. Daher setzen wir auf Absolute Return- und Low Risk-Strategien und holen die Performance aus dem Stock Picking, d.h. Alpha.
Amalia Ripfl: Wir rechnen mit einer Rendite von knapp 15 Prozent p.a., das aber bei höherer Volatilität.
e-fundresearch: Österreich gilt seit langem als Brückenkopf nach Osteuropa und findet sich deshalb in vielen Osteuropa-Fonds als Off-Benchmark-Wette wieder. Wie lange wird das noch anhalten?
Günter Faschang: Österreich wird ein fixer Bestandteil in Osteuropa-Fonds bleiben, zumal einige Aktien in Osteuropa gelistet sind (Erste Bank AG) oder ihr Geschäft schwerpunktmäßig oder ganz dort betreiben. aber auch die österreichischen Aktien sind im Schnitt, so wie die osteuropäischen, deutlich zu teuer.
Amalia Ripfl: Die österreichischen Unternehmen sind sehr stark in Osteuropa investiert - die Beziehungen zwischen Österreich und Osteuropa werden sich weiter verstärken. Ein immer größerer Teil des Profits österreichischer Unternehmen wird von Osteuropa kommen. So lange die Osteuropa-Konvergenz nicht abgeschlossen ist, wird Österreich als Off-Benchmark-Wette gut funktionieren.
Alle Daten per 14.3.2007 in Euro
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