Was man über Nachhaltigkeit unbedingt wissen sollte

Schon die Auswahl herkömmlicher Investmentfonds fällt Anlegern aufgrund der großen Produktvielfalt schwer. Bei nachhaltigen Fonds gibt es darüber hinaus aber noch weitere Kriterien zu berücksichtigen um nicht einem eventuellen Etikettenschwindel zu erliegen. Funds | 10.05.2007 06:41 Uhr
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Nachhaltiges Investieren ist in aller Munde. Allein im letzten Jahr lag laut Daten von Factiva/Reuters die Anzahl der publizierten Presse-Artikel über „Sustainability“ bei rund 60.000. Zum Vergleich: Im Jahr 1999 waren es noch weniger als 10.000. Noch inflationärer wurde in den letzten Jahren der Begriff „Climate Change“ benutzt: Die Anzahl der Artikel stieg seit 2003 von 20.000 auf aktuell über 80.000 an.

Nicht ganz so rasant stieg die Anzahl der nachhaltigen Fonds an, welche laut Daten von Avanzi SRI Research seit 2003 von 313 auf 388 Fonds per Mitte 2006 angestiegen sind. Zum selben Stichtag waren somit 34 Mrd. Euro an Volumen in speziellen SRI (Social Responsible Investing) Publikumsfonds investiert, gegenüber 24 Mrd. Euro im Jahr davor.

Wo aber beginnt nun Nachhaltigkeit, wo hört Sie auf?

Für Anleger eine entscheidende Frage, auf die es bis dato aber leider keine eindeutige Antwort gibt. „Das Problem ist, dass der Begriff der Nachhaltigkeit kein geschützter Begriff ist“, erklärt Christoph Butz, Leiter nachhaltige Anlagen bei Pictet Asset Management in Genf. Anleger stünden deswegen vor dem Problem, aus einer Vielzahl von außen ähnlich aussehender Produkte auswählen zu müssen.

Checkliste für Anleger

Um sich im Fondsdschungel der nachhaltigen Fonds besser zurechtzufinden, empfiehlt es sich zusätzlich zu den Kriterien für die Auswahl herkömmlicher Fonds (siehe auch „Die häufigsten Fragen rund um Fonds“ vom 6.12.2006) folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • Eines der wichtigsten Unterscheidungskriterien bei nachhaltigen Fonds ist der Investmentansatz: Während ein „Best in class“ Ansatz die jeweils nachhaltigsten Unternehmen aus allen Branchen herausfiltert, schließt ein „Best of classes“ Ansatz die am wenigsten nachhaltigen Sektoren von vornherein vollkommen aus. „Was unterm Strich besser ist, kann man pauschal aber nicht sagen“, so Butz.
  • Als Grundregel gibt er aber folgendes zu bedenken: „Je strenger die nachhaltigen Kriterien ausgelegt sind, desto stärker wird das Investmentuniversum eingeschränkt. Oder anders ausgedrückt: Der Tracking Error, also die Abweichung zu einem breiten Vergleichsindex steigt und das aktive Risiko, dass der Anleger mit diesem Fonds eingeht, nimmt zu“. Ein strenger „Best of classes“, Ansatz, der vorweg viele MSCI World Sektoren ausschließt, hat somit ein höheres aktives Risiko, als ein relativ benchmarknaher „Best in class“ Ansatz.
  • Stichwort Abweichungen: Wer in nachhaltige Fonds, etwa im Aktienbereich investiert, sollte sich zumindest bewusst sein, welches aktives Risiko er eingeht. „In der Regel sind nachhaltige Aktienfonds in Small Caps übergewichtet, was abhängig von der relativen Performance dieser in gewissen Perioden von Vorteil, dann aber wieder von Nachteil sein kann“, schildert Wolfgang Pinner, Geschäftsführer bei VINIS und Leiter des nachhaltigen Fondsmanagements bei der Erste-Sparinvest. In den letzten Jahren war es für die Performance der nachhaltigen Fonds jedenfalls vorteilhaft: Während der MSCI World Small Cap Index seit Anfang 2003 um 21 Prozent p.a. angestiegen ist, kam der MSCI World Index nur auf 13,2 Prozent.
  • „Zudem gewichten nachhaltige Fonds tendenziell defensive Branchen über, zyklische Bereich wie Industrie oder Grundstoffe fehlen meist komplett“, beschreibt Pinner weiter. So weisen SRI-Investments tendenziell auch einen leichten Hang zu Growth-Aktien auf.
  • Aufgrund der Komplexität des nachhaltigen Researchs, raten sowohl Pinner als auch Butz, sich das Investment-Team näher anzuschauen. Vor allem die Glaubwürdigkeit und die vorhandenen Ressourcen stehen dabei im Vordergrund: „Falls möglich, sollte man fragen wie viele Analysten ein Unternehmen analysieren. Liegt diese Zahl bei weit über 30, sollte man stutzig werden“, rät Butz. Für Pinner ist es vor allem das Commitment des Asset Managers: „Ist Nachhaltigekeit in dieser Firma nur ein Randthema, oder wird es dort bereits seit Jahren gelebt bzw. wie viele Leute sind insgesamt im SRI-Research für das Produkt tätig?“.  
  • Als Qualitätsmerkmal für nachhaltige Asset Manager betont Pinner auch die Transparenzrichtlinie Eurosif des European Social Investment Forum. „Diese Leitlinien fokussieren sich auf Nachhaltigkeits-Publikumsfonds, um die Rechenschaftslegung gegenüber Privatanlegern zu verbessern“. Die Liste aller Mitglieder, die diese Leitlinie umgesetzt haben finden Sie übrigens hier.
  • Als wichtigen Punkt betont Butz zudem die Relevanz und Überprüfbarkeit der Kriterien: „Weniger ist hier oft mehr, wobei harte, quantitative Kriterien an Bedeutung gewinnen und rein qualitative Kriterien in den Hintergrund rücken“.
  • Auch empfiehlt der Experte Anlegern eher zu Fonds zu greifen, die sich an einer herkömmlichen Benchmark messen. „Exotische Nachhaltigkeits-Indizes sind nur wenig sinnvoll“, so Butz.

Schadet Nachhaltigkeit der Performance?

Kaum ein Thema wird kontroversieller behandelt, als die Frage ob nachhaltige Investments besser abschneiden als herkömmliche Anlagen. „Nachhaltigkeit kann Performance kosten, muss es aber nicht“, beschreibt Rolf Banz, Chief Investment Architect bei Pictet Asset Management die Lage. Automatisch sei Nachhaltigkeit jedenfalls nicht besser, aber eben auch nicht schlechter. „Je nach Marktumfeld werden die unterschiedlichen Ansätze einmal besser, einmal schlechter abschneiden. Aber als Beimischung zu einem herkömmlichen Portfolio bietet sich SRI aber jedenfalls an“.

Vor allem aber sei Nachhaltigkeit ein langfristiges Thema: „Denn wenn der Anteil nachhaltiger Anlagen in den Portfolios einmal 20 Prozent oder mehr erreicht, hat ein nicht-nachhaltiges Verhalten auch negative Auswirkungen für die Unternehmen“, so Banz. Diese wären dann nämlich mit steigenden Kapitalkosten konfrontiert. „Aktuell liegt dieser Anteil aber – je nach Definition des Begriffes der Nachhaltigkeit – zwischen einem und zehn Prozent, Tendenz steigend“, schätzt Banz. 

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen.

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