Zuverlässige und aussagekräftige Informationen sind für Investoren das Um und Auf. Ein Investment will schließlich sorgfältig getätigt sein. Daher werden Fonds mit Benchmarks verglichen, diese wiederum auf ihre Sinnhaftigkeit geprüft, das Risiko einkalkuliert, die Kosten genau eingerechnet und lange Zeiträume betrachtet.
Der "Return Gap"
Einen innovativen Weg der Fondsbewertung haben drei Forscher aus den USA entdeckt. Marcin Kacperczyk, Clemens Sialm und Lu Zheng beginnen dabei mit dem so genannten „Return Gap“. Der Return Gap ist der Abstand zwischen dem tatsächlichen Ertrag eines Fonds und dem seines „hypothetischen“ Portfolios. Dieses Portfolio besteht aus den Werten, in die der Fonds bei der letzten Offenlegung seiner kompletten Bestände investiert war. Es simuliert also einen Buy-and-Hold-Fondsmanager, der die Aktien in seinem Fonds unberührt lässt. Der Unterschied der Performance zwischen realem und hypothetischem Portfolio spiegelt die „verdeckten“ Tätigkeiten des aktiven Fondsmanagers wider, der Werte ver- und gekauft hat, dabei Transaktionskosten verursachte, aber eben auch neue Ertragsquellen erschloss – alles in allem, der "Return Gap".
Die Studie „Unobserved Actions of Mutual Funds“ bietet eine systematische Betrachtung des Return Gaps an und kommt zu dem Ergebnis, dass diese Kennzahl für Investoren ein aussagekräftiges Kriterium für die Fondsauswahl sein kann. Insgesamt untersuchten die Studienautoren 2500 Fonds im Zeitraum von 1984-2003. Die Ergebnisse der Studie im Überblick:
- Im Durchschnitt ist der Return Gap nahe Null. Die Performance der Fonds lag bei 12,17 Prozent pro Jahr, während die Performance der hypothetischen Portfolios bei 12,03 Prozent pro Jahr lag. Diese gleichförmige Entwicklung gilt aber nur, wenn man sich alle Fonds ansieht und den Durchschnitt bildet. Doch die einzelnen Fonds weisen beim Return Gap erhebliche Unterschiede auf.
- Interessant sind für Anleger besonders die Fonds, die in der Vergangenheit den höchsten Return Gap verzeichneten. Der Performance-Unterschied zwischen den Fonds mit den niedrigsten und höchsten Return Gaps (das beste und das schlechteste Dezil) beträgt immerhin 3,4 Prozent pro Jahr. Der Return Gap eignet sich daher auch für die Abschätzung der zukünftigen Performance von Fonds. Fonds mit einem stark positiven Return Gap outperformen Fonds mit einem negativen Return Gap. Sieht man sich die Zahlen der Fonds mit den höchsten und niedrigsten fünf Prozent der Return Gaps an, wird der Abstand in der Performance sogar noch größer: 4,62 Prozent pro Jahr.
- Für Investoren ist eine weitere Eigenschaft des Return Gaps interessant. Er ist beständig: Fonds, die in der Vergangenheit nämlich stark negative Return Gaps hatten, haben zumeist auch in der Zukunft eine Underperformance gegen die eigenen offengelegten Werte. Dasselbe gilt auch für Fonds mit stark positiven Return Gaps. So haben Fonds, die im Dezil mit dem höchsten Return Gap der letzten zwölf Monate waren, im darauffolgenden Monat ein Return Gap von 15,4 Basispunkten.
- Der Return Gap ist aber auch ein Indiz für die Transparenz eines Fonds. Wenn der Fonds nachhaltig stark negative Return Gaps erzeugt, kann das auch am so genannten "Window dressing" liegen. Die offengelegten Werte des Fonds sind dabei nur sehr kurzfristig gültig und sollen das "wirkliche" Portfolio verheimlichen.
- Negativ korreliert ist der Return Gap zu den Kosten des Fonds. Je höher die Total Expense Ratio, also die jährliche Gesamtkostenquote, desto geringer auch der Return Gap. Der Return Gap korreliert weiters positiv mit der "Kleinheit" des Fonds und der Größe der Fondsfamilie.
Fazit
Der Return Gap bietet für Investoren einen neuen Ansatz, die Fondsauswahl fundiert anzugehen. Der große Vorteil besteht darin, dass Fonds nicht mit Benchmarks verglichen werden, die unter Umständen nicht passen, sondern - im übertragenen Sinn - mit dem zeitlich verzögerten Abbild ihrer selbst verglichen wird. Diese Form der Bewertung bietet zwar erhebliche Vorteile, ist aber auch sehr aufwendig. Für institutionelle Anleger, die über viel Zeit und die notwendige Infrastruktur verfügen, ist diese neue Perspektive aber zweifelsohne interessant. Privatanleger werden wohl mit dem Aufwand, zweimal jährlich die Performance aller Bestände ihres Fonds basierend auf den rechtlich vorgeschriebenen Prospekte zu analysieren, überfordert sein.
Die komplette Studie finden Sie HIER zum Download.