e-fundresearch: Ihre Spezialität ist es, von Unternehmen in Schwierigkeiten zu profitieren. Kommt jetzt viel Arbeit auf Sie zu?
David Winters: Es wird eine Menge Übernahmen geben, da die Kurse so gesunken sind, außerdem weitere Pleiten und Restrukturierungen. Es ist für Mutual eine sehr arbeitsreiche Zeit. Aber für viele Anleger ist es eine gefährliche Zeit.
e-fundresearch: Warum gefährlich?
David Winters: Weil viele auf Index-Fonds gesetzt haben. Diese werden es sehr schwer haben, positive Renditen zu erzielen. Außerdem sind viele immer noch in Technologie-Werten investiert.
e-fundresearch: Aber Technologie-Aktien sind doch gefallen. Ist das keine Chance?
David Winters: Sie sind jetzt billiger, das ist richtig. Aber der ganze Markt ist billiger, also ist Technologie immer noch relativ teuer. Was mich stört, ist die fehlende Nachhaltigkeit. Schauen Sie sich meinen Handheld-Computer an – er ist gerade der letzte Schrei. Aber wenn morgen ein neuer Anbieter mit einem besseren Produkt kommt, schmeiße ich den hier weg. Der Getränkehersteller Brown-Forman dagegen produziert seit 150 Jahren dasselbe Produkt: Jack Daniel`s Whiskey.
e-fundresearch: Gilt die fehlende Nachhaltigkeit auch für den Software-Anbieter Microsoft, den bisher keiner verdrängen konnte?
David Winters: Microsoft ist die einzige Ausnahme. Erst einmal wegen der Finanzkraft. Neun oder zehn Dollar der Aktie entsprechen der Bargeld-Reserve. Microsoft hat einen dominanten Marktanteil für PC-Software. Außerdem versuchen sie nun, ihren Kunden Software zu vermieten statt zu verkaufen. Wenn Microsoft wirklich billig wird, könnte es ein Fall für Mutual sein.
e-fundresearch: Im US-Fonds Franklin Mutual Beacon sind nur 46 Prozent in amerikanischen Aktien angelegt. 25 Prozent in Europa, 29 Prozent in Cash. Misstrauen Sie US-Firmen?
David Winters: Europa ist derzeit interessanter als die USA. Es gibt keinen Missbrauch in großem Stil, die Pensionsverpflichtungen und Schulden stehen in den Bilanzen, was bei vielen US-Firmen nicht der Fall ist. Europa ist zurzeit von einer Verkaufspanik ergriffen, das sorgt für interessante Kurse.
e-fundresearch: Warum ist dann aber auch beim Franklin Mutual European die Bargeld-Quote mit 30 Prozent sehr hoch?
David Winters: Wir sind lieber Käufer europäischer Aktien, dazu brauchen wir Kapital. Es ist jetzt die richtige Zeit, um stetig und vorsichtig in Europa zu kaufen.
e-fundresearch: Welche europäischen Unternehmen finden Sie derzeit attraktiv?
David Winters: Der Zigarettenhersteller BAT ist sehr stark positioniert und bietet eine Dividendenrendite von fünf Prozent. Das Management ist sehr an den Interessen seiner Aktionäre ausgerichtet. Lukrativ ist auch Heineken Holdings. Die Firma besteht im Wesentlichen aus einer Mehrheitsbeteiligung an der Heineken-Brauerei, ist aber um 25 Prozent niedriger bewertet.
e-fundresearch: Und deutsche Aktien?
David Winters: Da favorisiere ich den Chemie-Konzern Henkel und den Versorger E.ON. Leider sind viele deutsche Unternehmen nicht an der Börse gelistet, sonst hätte ich mehr deutsche Aktien im Fonds.
e-fundresearch: Aus welchem Pleitefall versuchen Sie in Europa Kapital zu schlagen?
David Winters: Unsere Investition in den britischen Kabelbetreiber NTL könnte sich auszahlen. Die Bewertungen der Kabelnetze sind abgestürzt. Ich glaube, NTL könnte dem Bankrott entkommen.
e-fundresearch: Mutual gehört zur selben Fondsgesellschaft wie die renommierten Value-Fonds von Templeton. Was machen Sie anders als Ihre Kollegen?
David Winters: Sicher steht hinter Mutual wie auch Templeton ein gemeinsamer Ansatz, der auf den Value-Investor Benjamin Graham zurückgeht. Aber wir sind die aktiveren Investoren: Wir nutzen Arbitrage und bankrotte Firmen. Wir halten auch deutlich mehr Bargeld, um es gegebenenfalls einzusetzen. Wir besitzen eine Menge Aktien, die Templeton nie besitzen würde.
e-fundresearch: In kurzer Folge haben einige Manager Mutual verlassen. Zuletzt Susan Potto, deren Fonds Mutual Beacon Sie jetzt übernehmen. Blutet Mutual zurzeit aus?
David Winters: Nein, wir verfügen über ein sehr starkes Team. Susan Potto hat sich lediglich nach 14 Jahren bei Mutual entschieden, etwas anderes zu machen und Innenarchitektur zu studieren. Ich habe 15 Jahre lang in jeder erdenklichen Position bei Mutual gearbeitet und leite nun das Geschäft. Wir machen immer noch dasselbe wie all die Jahre, seit es mit Max Heine begonnen hat. Und das wird auch in Zukunft so bleiben.
Quelle: Finanzen