Gefahren in den USA

Europas Aktien sind billiger als US-Titel. Eine Chance für die europäischen Börsen? Nein, sagt Finanzexperte Felix Zulauf. "Wir bleiben in einer strukturellen Baisse", so der Schweizer. Er rechnet für die nächsten Jahre deshalb mit einer "weichen Depression". Warum Zulauf für Europa pessimistisch ist (Teil 1). Managers |

Der renommierte Schweizer Finanzexperte Felix Zulauf hat schon lange kein Interview mehr gegeben. "Es gab zu viele Leute in unserer Branche, die sich mit Kurszielen nach oben überboten, da wollte ich nicht mitmachen", sagt der Chef der Vermögensberatung Zulauf Asset-Management. Dabei hat der Schweizer keinen Grund, sich zu verstecken. Nach Stationen bei den Schweizer Großbanken SBC und UBS gründete der Schweizer 1990 die Vermögensverwaltung Zulauf Asset-Management, um die eigenen Ideen Gewinn bringend umzusetzen. Mit Erfolg: Der Zulauf Europe-Fund (Infos: www.zuam.ch) hat seit seiner Lancierung im Sommer 1998 jedes Jahr einen Wertzuwachs erzielt. Die jährliche Rendite lag bei rund 18 Prozent. Zulauf blickt skeptisch in die Zukunft. Er rechnet für die nächsten Jahre mit einer "weichen Depression". Und sieht Gefahren vor allem bei der Globalisierung und bei der Entwicklung in den USA.

e-fundresearch: Herr Zulauf, Sie warnen seit Jahren vor übertrieben hohen Aktienkursen. Nachdem sich die Notierungen an den Märkten seit ihren Höchstständen mehr als halbiert haben: Ist der Boden nun erreicht?

Zulauf: Nein, wir befinden uns in einem strukturellen Bärenmarkt, vergleichbar mit Japan in den vergangenen zehn Jahren oder den USA in den 30ern. Die wirklichen Tiefpunkte werden sehr viel tiefer liegen als heute.

e-fundresearch: Weswegen sind Sie so pessimistisch?

Zulauf: Ich schaue mir in meinen Analysen an, wo sich die großen Ungleichgewichte in wichtigen Volkswirtschaften aufbauen oder aufgebaut haben. Früher oder später korrigieren sich diese Ungleichgewichte. Ich sehe zwei Probleme: zum einen die Folgen der Globalisierung. Zum anderen die aufziehende Strukturschwäche in der US-Wirtschaft – bisher die Wachstumslokomotive der Welt.

e-fundresearch: Worin liegen die Gefahren der Globalisierung?

Zulauf: Die Globalisierung hat dazu geführt, dass große Anbieter mit niedrigen Kosten in der Lage sind, in beliebigen Regionen der Welt jedes exportfähige Gut herzustellen. Und zwar zu einem Preis, der mindestens ein Drittel tiefer ist als im Westen. Das hat einen stetigen, lang anhaltenden Preisdruck zur Folge.

e-fundresearch: Diese Konstellation hat für den Verbraucher aber doch auch Vorteile.

Zulauf: Im ersten Moment wegen der niedrigeren Preise schon. Aber die Folge von gedrückten Erträgen ist eine Schwächung an der Quelle. In einer gesunden wirtschaftlichen Expansion steigen zuerst die Gewinne. Das führt zu Investitionen, die Investitionen bringen den großen Multiplikatoreffekt über erhöhte Beschäftigung, erhöhte Einkommen und dann erhöhten Verbrauch. Das ist die Sequenz, die ablaufen muss für eine lang anhaltende Wirtschaftsexpansion. Wenn die Erträge aber strukturell auf Jahre hinaus an der Quelle gedrückt werden, wird das ganze Wirtschaftssystem geschwächt. Unterm Strich heißt das nichts anderes, als dass die Industrieländer wegen der zurückgehenden Margen Wohlstand verlieren und die Schwellenländer entsprechend zulegen.

e-fundresearch: Ihr zweiter Punkt sind Bedenken zum US-Wirtschaftswachstum. Hat das Schwungrad der Weltwirtschaft eine Unwucht?

Zulauf: Die Amerikaner haben ihre Wirtschaftsprobleme seit Jahren so gelöst, dass sie geldpolitisch viel Liquidität schöpfen, wenn ein Problem auftaucht. Das heißt, sie drücken die Zinsen oder massieren – wie im vergangenen Herbst – den Konsumenten mit fiskalischen Maßnahmen, damit der weiter Geld ausgibt. Der Wagen wurde quasi vor das Pferd gesetzt, indem man den Verbrauch stimuliert hat, ohne dass die Quellen der Unternehmenserträge gestärkt worden wären. Das führt dazu, dass der amerikanische Verbraucher, der bisher immer das Lebensrettungsboot der Weltwirtschaft war, nun selbst in einer finanziell prekären Lage ist.

e-fundresearch: Braucht er selbst eine Rettungsweste?

Zulauf: Eine kaum vorhandene Sparrate und eine hohe Fremdfinanzierung machen ihn jedenfalls anfällig für Vermögensverluste. Und zwar in einer existenziellen Art. Bis jetzt haben die steigenden Preise bei den Wohnbauten die Einbrüche der Aktienmärkte teilweise kompensiert. Die große Frage ist, wann die Wohnbaupreise nach unten drehen werden. Kommt das, wird die Bilanz des Konsumenten sehr viel schwächer werden. Er wird in Bedrängnis kommen, zumal sein Einkommen wegen der schwierigen Situation der Unternehmen nicht mehr in dem Maß steigen wird wie in der Vergangenheit.

e-fundresearch: Wie wird der US-Konsument reagieren?

Zulauf: Er wird mehr sparen. Von den 50ern bis Anfang der 90er-Jahre lag die Sparrate bei sieben bis elf Prozent. Aktuell liegt sie nicht einmal bei einem Prozent. Erhöht sich die Sparrate nur um einen Prozentpunkt, bedeutet das 80 Milliarden Dollar weniger Verbrauch. Kehren die Konsumenten gar in die alte Bandbreite zurück, gibt es eine sehr große Krise in der US-Wirtschaft.

e-fundresearch: Wie wahrscheinlich ist dieses Szenario?

Zulauf: Es ist unumgänglich. Die Frage ist nur, wann es kommt – jetzt oder erst in einem Jahr? Der Staat und die Notenbank werden bald versuchen, mittels neuer Stimulanz zu helfen. Das könnte je nach Maßnahme einige Monate wirken, und an den Märkten gäbe es entsprechende Erholungsversuche. Schlussendlich aber werden diese wieder scheitern. Der Realität kann man nicht ausweichen.

Morgen Teil 2: Warum sich Europa nicht von den USA abkoppeln kann

(Quelle: FINANZEN)

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