e-fundresearch: Frau Albrecht, wir haben seit über zwei Jahren eine Börsenbaisse. Welche Hoffnung können Sie Anlegern machen?
Albrecht: Dass Aktien langfristig nach wie vor die attraktivste Anlageform sind und es sich für einen wirklich langfristig orientierten Anleger nicht empfiehlt, alle Eier in ein Nest zu legen. Das bedeutet, gerade in sehr unsicheren Zeiten – wir wissen ja noch nicht, ob die positiven Börsentendenzen, die wir seit ein paar Tagen haben, anhalten werden – sollten Anleger darauf zu achten, breit aufgestellt zu sein. Das betrifft die ganz klassische Aufteilung zwischen Aktien, Renten, Immobilien und Cash. Innerhalb des Aktieninvestments geht es darum, breit und international zu streuen.
Geschichte bietet Parallelen zur Gegenwart
e-fundresearch: Sehen Sie in der Geschichte Parallelen zur gegenwärtigen Börsensituation?
Albrecht: Ja, da gibt es etliche Parallelen. Da sehen wir zum Beispiel die Wirtschaftsrezession von 1928/1929 oder die Ölkrise der siebziger Jahre. Und wenn man die Vergangenheit heranzieht, zeigt sich: Wer verkauft hat, hat einen Buchverlust realisiert. Am spannendsten war es, nachzuinvestieren, weil man seinen durchschnittlichen Einstandspreis reduzieren konnte und die Verluste damit schnell wettmachen konnte.
e-fundresearch: Spricht jetzt also viel für ein Investment in Aktien?
Albrecht: Es gibt viele positive Signale. Zum Beispiel einige Unternehmen, die sich konsolidieren und eine gute Dividende vorweisen können. Letztendlich ist es aber nicht sicher, ob die aktuelle Börsenerholung nachhaltig ist oder nur ein Strohfeuer. In jedem Fall würde ich selbst mutigeren Anlegern raten, vorsichtig zu bleiben. Wenn sie einen größeren Betrag zur Anlage haben, sollten sie ihn am besten dritteln. Das heißt, jetzt schon einen Teil investieren, und dann schauen, wie nachhaltig der Börsentrend ist. Oder der Anleger wendet sich an einen Vermögensverwalter, wenn er sich diese Entscheidung nicht selbst zutraut.
e-fundresearch: In welche Titel investieren Sie jetzt?
Albrecht: Das hängt natürlich vom Anlageziel des Anlegers ab. Wir versuchen das immer sehr individuell zu konzeptionieren. Grundsätzlich geht es darum, breit aufgestellt zu sein. Das heißt, als Basis dient entweder ein internationaler Aktien- oder Mischfonds, je nach Anlagehorizont und Risikoprofil. Dann versuchen wir, Renten beizumischen. Es gilt nach wie vor die Anlage-Faustformel: 100 minus Alter entspricht der maximalen Höhe des Aktienanteils. Dabei steht Europa natürlich im Fokus. Etwas risikobewusstere Anleger sollten eine Anlage in Emerging Markets als geringen Teil eines Gesamtdepots nicht außen vorlassen. In unseren Vermögensverwaltungsdepots haben wir jetzt angefangen, Technologiefonds nachzukaufen. Diesen Trend muss man allerdings noch beobachten.
Japanisches Szenario in Europa unwahrscheinlich
e-fundresearch: Sie sprachen einige Hoffnungszeichen an. Es gibt aber auch Szenarien, die uns eine Wiederholung dessen prophezeihen, was in 90er Jahren in Japan passiert ist.
Albrecht: Richtig, diese Argumente gibt es natürlich auch. Die japanische Mentalität ist aber eine andere als in Europa. Und auch wenn ich mit den Reformansätzen unserer Regierung nicht ganz glücklich bin, so glaube ich mittelfristig doch an die großen Chancen eines wirtschaftlich vereinten Europas. Das japanische Deflationsszenario könnte zwar eintreffen, das halte ich aber für nicht sehr wahrscheinlich.