Das ist zwar die so genannte Quadratur des Kreises und in der Tat gibt es keine billig bewerteten Aktien die z.B. mit 50 Prozent pro Jahr wachsen. Trotzdem gibt es aber interessante Titel, die ein KGV von 10-13 aufweisen und in den nächsten 2 Jahren mit bis zu 20 Prozent wachsen. Das erscheint uns als Missverhältnis und deshalb schauen wir uns alle Werte genauer an die mindestens 7 Prozent wachsen, gleichzeitig aber günstig bewertet sind.
Bottom-up Analyse und Top-down Überwachung
e-fundresearch / Frankfurt: Und wie geht´s dann im Investmentprozess weiter? Spielen in weiterer Folge auch makroökonomische Daten eine Rolle?Tobias Klein: Diese bis zu 150 Werte hat ja bisher nur der Computer vor-ausgewählt. Dann beginnt die Handarbeit des Portfolio Managers. Es kommt die Fundamentalanalyse und der gesunde Menschenverstand ins Spiel. Wir untersuchen die Nachhaltigkeit der Erträge und der Cash Flows, prüfen Bilanzstruktur und Liquiditätslage und bewerten die Qualität des Geschäftsmodells.
Diese Bottom-Up Analyse wird dann noch ergänzt durch eine relativ tolerante Top-Down Überwachung. Das zyklische Risiko ist bei Value-Strategien immer besonders wichtig.
Wir sind immer bemüht hohe Klumpenrisiken, z.B. auch in einzelnen Industrien oder Regionen, zu vermeiden. Dabei wollen wir aber ganz sicher nicht den Index nachbilden sondern nur grobe Begrenzungen einhalten.
„Timing spielt für uns keine Rolle“
e-fundresearch / Frankfurt: Jetzt haben Sie sozusagen die in Frage kommenden Titel ausgewählt. Verwenden Sie, bevor Sie die Werte in den Fonds aufnehmen, auch noch ein Timingmodell?
Tobias Klein: Timing ist für uns kein großes Thema. Wenn wir ein günstig bewertetes Unternehmen gefunden haben, sind zwei Szenarien denkbar: Der Wert wird billiger oder er wird teuer. Bei den Aktien, die wir attraktiv finden, tritt aber meistens der zweite Fall ein und deshalb kaufen wir unsere Aktien zwar nicht mit Gewalt aber relativ zeitnahe, also in den nächsten 2-3 Tagen ein.
e-fundresearch / Frankfurt: Wie sieht es denn mit der Cash-Quote aus? Ist das der Kehrwert aus Ihren gefundenen Ideen oder sind Sie immer voll investiert?
Tobias Klein: Es wäre traurig, wenn es in Europa nicht ein Mindestmaß aus 40-50 attraktiven Unternehmen geben würde. Das habe ich zum Glück bisher noch nicht erlebt und darum sind wir generell immer zu fast 100 Prozent investiert. Die Arbeitsgröße des Cash beträgt 2-3 Prozent und wird durch Zuflüsse bzw. Dividenden beeinflusst. Das Geld unserer Investoren muss „arbeiten“ – es muss voll in guten Aktien investiert sein, da dies langfristig die ertragsreichste Anlageform ist.
Mid-Cap Tendenz durch Gleichgewichtung aller Titel
e-fundresearch / Frankfurt: Alle Einzeltitel sind in Ihrem Fonds gleich groß gewichtet. Warum?
Tobias Klein: Das ist richtig. Sieht man sich aber die meisten anderen europäischen Aktienfonds an, so stellt man fest das diese zu 80 Prozent benchmarknahe gemanangt werden und nur 20 Prozent des Fondsvermögens in eigenen Ideen investiert werden. Wenn man nicht über ausreichend Mut oder Informationen verfügt, macht es sicherlich Sinn die Nähe einer Benchmark zu suchen. Wir haben aber eine klare Meinung und wollen unseren besten Ideen „die gleiche Chance geben“ Gewinne zu erwirtschaften. Large Caps bekommen bei uns keinen Bonus, nur weil sie im Index ein hohes Gewicht haben. Das bedeutet aber auch, dass wir gegenüber dem Index tendenziell eine leichte Übergewichtung von Mid-Caps haben. Damit sind wir aber ganz zufrieden, da wir hier in den nächsten 3-5 Jahren noch ein sehr großes Potential sehen.
„Value wird den Markt weiterhin schlagen“
e-fundresearch / Frankfurt: Welches Potential sehen Sie generell für europäische Aktien im nächsten Jahr?
Tobias Klein: Unsere Ausrichtung auf Value Werte ist nicht wirklich damit vereinbar, Punktschätzungen z.B. auf Jahressicht zu formulieren bzw. diese zu treffen sondern stützt sich eher auf mittel- bis langfristige Erkenntnisse: Wir sind davon überzeugt, dass man mit Value-Werten, insbesondere unserem „Growing-Value-Ansatz“, den Markt weiterhin schlagen wird.
Darüber hinaus meinen wir aber, dass die aktuelle Marktphase einen eher günstigen Einstiegszeitpunkt bietet. Die Bewertungen sind moderat und die derzeitigen Selloffs sind schon sehr weit fortgeschritten, obwohl ich hier sicher nicht die Aussage wagen werde, diese als absoluten Tiefpunkt zu bezeichnen, da mir Wochen- und Monatsprognosen auch gar nicht so wichtig sind. Manche Technologiebereiche sind noch nicht so günstig aber für einen mittelfristigen Aufbau einer Aktienpositionen eignet sich das aktuelle Umfeld allemal.
Der ökonomischen Lehre zufolge bleibt so eine drastische Zinspolitik wie in den USA nicht lange wirkungslos. Wir sehen in Europa keine japanischen Verhältnisse und sehen deshalb auch keinen Grund von Deflations- oder Rezessions-Szenarien auszugehen.
e-fundresearch / Frankfurt: Vielen Dank für das Gespräch!