e-fundresearch: Frau Lindsay, seit April 2001 gehört der Fiduciary Trust zu Franklin Templeton. Fiduciary ist in Deutschland jedoch wenig bekannt. Bitte zeichnen Sie ein kurzes Porträt.
Lindsay: Fiduciary Trust gibt es schon seit 1931. Bis zur Übernahme durch Franklin Templeton haben wir jedoch nur Portfolios für institutionelle Anleger verwaltet. Und wir waren eine der ersten US-Gesellschaften, die global investiert hat. Nun können wir aber auch dem Privatanleger Fonds bieten, die nach institutionellen Maßstäben gemanagt werden. Im Gegensatz zu Templeton sind wir allerdings ein reiner Growth-Investor.
"Der Privatanleger erhält das gleiche Portfolio wie ein Großanleger"
e-fundresearch: Wie sieht Ihr Angebot konkret aus?
Lindsay: Der Privatanleger erhält das gleiche Portfolio wie ein Großanleger, der mindestens fünf Millionen Dollar mitbringen muss. Wer solche Summen investiert, hat natürlich hohe Ansprüche. Im Gegensatz zu manch einem Publikumsfonds werden deshalb institutionelle Mandate nach strikten Regeln gemanagt, so dass der Kunde genau weiß, wie wir vorgehen.
"Wir schauen uns erst dann Unternehmen an, dann die Aktie"
e-fundresearch: Wie gehen Sie denn vor?
Lindsay: Bei Small Caps verfolgen wir einen strikten Bottom-up-Prozess.
e-fundresearch: Und das heißt in der Praxis?
Lindsay: Eine Besonderheit unseres Investment-Ansatzes ist zum Beispiel, dass wir uns nicht zuerst die Aktie anschauen, sondern das Unternehmen. Eine Aktie kommt für uns nur dann in Frage, wenn das Unternehmen nachhaltiges Wachstum und ein erprobtes Geschäftsmodell aufweist. Es sollte eine solide Bilanz und wenig Wettbewerber haben. Dabei ist nicht entscheidend, ob eine Aktie in einem Index ist oder nicht. Obendrein setzen wir gern auf Aktien, die noch nicht jeder kennt. So kann man langfristig sehr erfolgreich sein.
"In den 90er-Jahren hatte ich SAP und Nokia in meinem Small- und Mid-Cap Fonds"
e-fundresearch: Können Sie Beispiele nennen?
Lindsay: Heute kann es sich kaum jemand vorstellen, aber in den 90er-Jahren hatte ich SAP und Nokia in meinem Small- und Mid-Cap Fonds. Ich war mir sicher, dass die Unternehmen gut sind und eine glänzende Zukunft vor sich haben.
"Man muss auch strenge Verkaufs-Kriterien haben"
e-fundresearch: Aber jetzt haben Sie die nicht mehr.
Lindsay: Richtig. Ein gutes Unternehmen zu finden, ist das Eine. Dabei ist das Wichtigste, dass man für das Unternehmen nicht zuviel bezahlt. Aber man muss auch strenge Verkaufs-Kriterien haben.
Drei Gründe für einen Verkauf
e-fundresearch: Und wie sehen die aus?
Lindsay: Sobald mit dem Geschäftsmodell, der Profitabilität oder der Bilanz etwas nicht mehr stimmt, fliegt der Wert aus dem Fonds. Das Gleiche passiert, wenn die Aktie ihren fairen Preis erreicht hat. Wir tauschen Titel aber auch aus, wenn wir bessere Gelegenheiten sehen.
"Mit den Vorständen zu sprechen, ist unumgänglich"
e-fundresearch: Sie managen einen europäischen Nebenwerte-Fonds von den USA aus. Wie geht das?
Lindsay: Wir haben drei Niederlassungen in Europa, wo alleine acht Analysten damit beschäftigt sind, interessante Firmen zu finden. Zudem besuche ich jedes Unternehmen, bevor ich die Aktie kaufe. Mit den Vorständen zu sprechen, ist unumgänglich. Deshalb besucht unser Team über 500 Unternehmen im Jahr.
"Um Erfolg zu haben, muss man die einzelnen lokalen Märkte verstehen"
e-fundresearch: Dennoch: der US-Markt läuft anders. Wie können Sie da wissen, welches Unternehmen in den lokalen Märkten Europas erfolgreich sein kann?
Lindsay: Sicherlich ticken Amerikaner anders. Aber jeder meiner Kollegen ist in einer anderen Kultur aufgewachsen. Wir sind kein Team von Amerikanern. Denn um Erfolg zu haben, ist es unheimlich wichtig, die einzelnen lokalen Märkte zu verstehen.
"Growth-Werte waren in den vergangenen Jahren einfach nicht gefragt"
e-fundresearch: Klingt gut. Aber Ihr Franklin European Small&Mid Cap Growth-Fonds hat seit Ende 2001 mehr als 30 Prozent verloren. Warum das?
Lindsay: Sicherlich ist die kurzfristige Entwicklung nicht zufriedenstellend. Aber Growth-Werte waren in den vergangenen Jahren einfach nicht gefragt. Ich kann nur sagen, dass wir mit unseren institutionellen Mandaten, die es seit 1994 gibt, sehr erfolgreich waren. Die Fünf-Jahres-Performance liegt bei etwa zwei Prozent, wohingegen der HSBC Smaller European-Index sieben Prozent im Minus liegt.
"Small Caps sind attraktiver als Blue Chips"
e-fundresearch: Davon hatten die Fondskäufer allerdings wenig. Wie ist Ihr Ausblick?
Lindsay: Kleine und mittlere Unternehmen wachsen stark. Sie sind der Jobmotor in der Gesellschaft. Es gibt bei diesen Unternehmen die besseren und einfallsreicheren Unternehmer. Und das Wichtigste: Man zahlt für das Wachstum weniger als bei großen Unternehmen. Gerade jetzt sind diese Werte sehr günstig bewertet. Egal welche Fundamentaldaten wie KGV, Buchwert oder Cash-flow man betrachtet, Small Caps sind attraktiver als Blue Chips.
"Geduld wird belohnt"
e-fundresearch: Aber auch das Risiko ist höher als bei großen Werten.
Lindsay: Sicherlich sind die kleineren Wachstumswerte volatiler. Daher sollte man kein Markt-Timing betreiben. Man weiß nie, wann Geld in die Unternehmen fließt oder aber auch abgezogen wird. Am besten ist es, einen Teil seines Geldes zu investieren und sehr lange dort liegen zu lassen. Ich bin mir sicher, diese Geduld wird belohnt.
Zur Person: Margaret Lindsay arbeitet seit 1991 bei Fiduciary. Zuvor war sie bei verschiedenen anderen Asset-Mangern tätig und davor war sie acht Jahre lang als Beraterin in Fragen der Wirtschaftspolitik und des internationalen Handels aktiv. Bei Fiduciary ist sie Leiterin des Portfoliomanagements sowohl für europäische als auch internationale Small Caps.