Amazon & Co.: Gerechtfertigte Bewertungen oder neue IT-Blase?

Im vergangenen Jahr 2015 wurde die US-Marktentwicklung beinahe ausschließlich von den sogenannten „FANG“-Aktien (also Facebook, Amazon, Netflix und Google) getrieben. Wie es sich 2016 bislang verhalten hat, warum Hedgefonds einen "tödlichen Cocktail" geschaffen haben und weshalb Investoren über "Amazon Web Services" auf jeden Fall Bescheid wissen sollten, das diskutierte e-fundresearch.com in einem Interview mit David Older, Fondsmanager für die Bereiche IT & Medien bei Carmignac. Managers | 13.06.2016 15:00 Uhr
David Older, Fondsmanager, Carmignac / ©  Carmignac
David Older, Fondsmanager, Carmignac / © Carmignac
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e-fundresearch.com: Herr Older, welche persönlichen Lehren ziehen Sie aus den bisherigen Marktentwicklungen 2016? 

"Die Übergewichtungen von Hedgefonds im TMT-Sektor sowie in der Sparte Gesundheitswesen erwiesen sich als tödlicher Cocktail (...)"

David Older: Der Januar und der Februar waren für Anleger, die in den Branchen Technologie, Medien und Telekommunikation (TMT) investiert waren, eine schmerzhafte Phase. Die Ergebnisse, die viele Technologiefirmen mit kräftigem Wachstum und hohen Bewertungskennzahlen (Amazon, Worksay, LinkedIn, ServiceNow etc.) für das IV. Quartal vorlegten, waren enttäuschend. Die Übergewichtungen von Hedgefonds im TMT-Sektor sowie in der Sparte Gesundheitswesen erwiesen sich als tödlicher Cocktail, der am Markt extreme Wertschwankungen auslöste. Seit März hat sich der Markt jedoch wieder stabilisiert. Da die TMT-Branche gleichzeitig für das I. Quartal wesentlich bessere Ergebnisse vermeldet hat als für das IV. Quartal, hat sich dieser Sektor zuletzt wieder besser entwickelt als der breite Markt. Abgesehen von einigen negativen Äußerungen zu den Schwellenländern (und zwar insbesondere zu Brasilien) haben uns die Unternehmen bisher aber nicht signalisiert, dass ihre Geschäftstätigkeit durch einen volkswirtschaftlichen Druck beeinträchtigt wird. Unserer Meinung nach wird die Streubreite der Erträge im Jahr 2016 größer sein als in den letzten Jahren. Anstelle eines Marktumfelds, das durch enge Korrelationen bestimmt wird, könnten sich auf das Stock-Picking ausgerichtete Investoren dadurch günstige Anlagechancen eröffnen. Dies sollte auch unserem Investmentansatz entgegen kommen.

e-fundresearch.com: Mit Blick auf die USA: Im vergangenen Jahr 2015 wurde die US-Marktentwicklung beinahe ausschließlich von den sogenannten „FANG“-Aktien getrieben – wie verhält es sich im laufenden Jahr? 

"Am zuversichtlichsten sind wir mit Blick auf diese vier Aktien zurzeit für Amazon und Facebook."

David Older: Wir halten die sogenannten „FANG“-Titel (also Facebook, Amazon, Netflix und Google) als Gruppe betrachtet zwar für die langfristigen Gewinner, aber zwischenzeitlich haben die zukunftsorientierten Bewertungskennzahlen dieser Titel einen allzu robusten Eindruck gemacht, so dass sie bei den Anlegern auch immer wieder für Enttäuschung gesorgt haben. Da die Zielmärkte des Internet wirklich global sind, ist der Faktor Größe jedoch enorm wichtig. Deshalb gehen wir davon aus, dass diese vier Unternehmen ihre Mitbewerber in Zukunft noch weiter hinter sich lassen werden. Am zuversichtlichsten sind wir mit Blick auf diese vier Aktien zurzeit für Amazon und Facebook.

e-fundresearch.com: Angesichts der Bewertungen einiger Technologie-Aktien im hohen zwei- bis sogar dreistelligen Bereich (z.B. Amazon P/E) fühlen sich viele Investoren an die Technologie-Blase 2000/2001 zurückerinnert – gerechtfertigt? 

"Zum jetzigen Zeitpunkt ist wirklich kaum vorstellbar, dass ein neu entstehendes Unternehmen Amazon, Facebook, Google oder Netflix den Rang ablaufen könnte."

David Older: Momentan sind die Bewertungen von Internet-Firmen wieder WESENTLICH angemessener als im Jahr 2000. So generieren beispielsweise Amazon, Facebook und Google inzwischen einen hohen freien Cashflow, was damals noch nicht der Fall war. Darüber hinaus handelt es sich dabei um Unternehmen mit mittlerweile ziemlich bewährten Geschäftsmodellen (so gingen beispielsweise 75% der schrittweise steigenden Werbeeinnahmen in den USA in den letzten zwei Quartalen an Facebook und Google). Zum jetzigen Zeitpunkt ist wirklich kaum vorstellbar, dass ein neu entstehendes Unternehmen Amazon, Facebook, Google oder Netflix den Rang ablaufen könnte. 

"Vor diesem Hintergrund rechnen wir damit, dass Amazon seinen aktuellen Bewertungskennzahlen in Zukunft gerecht werden wird."

Das Bewertungsniveau von Amazon wird zurzeit aber durch das unglaubliche Wachstum seines Geschäftsfelds Cloud-Infrastruktur (Amazon Web Services) verzerrt. Diese Sparte generiert mittlerweile Einnahmen in Höhe von 108 Mrd. US-Dollar und wird unserer Einschätzung nach auch in den nächsten Jahren um 50% p.a. wachsen. Die globalen „Zielmärkte“ dieses Geschäftszweigs expandieren zurzeit äußerst rasant: von Basisdienstleistungen wie Rechenleistung und Speicherplatz bis hin zu Anwendungen jeglicher Art (wie beispielsweise Datenbank-Verwaltung). Damit die Nachfrage nach diesen Services aber derart kräftig anzieht, bedarf es natürlich auch gewaltiger Investitionen. Gleiches gilt für die Online-Handelsplattform von Amazon. Unserer Auffassung nach könnten die Gewinnmargen sowohl im Online-Handel als auch bei Amazon Web Services in den nächsten Jahren also durchaus schneller nach oben klettert als man derzeit allgemein annimmt. Vor diesem Hintergrund rechnen wir damit, dass Amazon seinen aktuellen Bewertungskennzahlen in Zukunft gerecht werden wird.

e-fundresearch.com: Welche konkrete Rolle spielt der IT- und Mediensektor in den globalen Portfolios von Carmignac?

David Older: Bei unseren größten Fonds (dem Carmignac Investissement sowie bei der Aktienkomponente des Carmignac Patrimoine und ähnlichen Fonds) repräsentieren die Segmente Technologie, Internet, Medien und Telekommunikation rund 25% unseres Aktienengagements.

e-fundresearch.com: Abschließend: Wie optimistisch ist Ihr Blick in die Zukunft und auf welche Herausforderungen und Volatilitätsniveaus sollten sich Investoren jedenfalls gefasst machen? 

"In den Sommermonaten sind im TMT-Sektor oftmals Wertschwankungen zu beobachten, (...)"

David Older: In den Sommermonaten sind im TMT-Sektor oftmals Wertschwankungen zu beobachten, weil die Nachrichtenlage von Unternehmensseite in dieser Zeit üblicherweise genauso dünn ist wie die Liquidität am Markt. Deshalb erwarten wir einige eher turbulente Phasen – aus denen sich für uns hoffentlich auch einige attraktive Anlagechancen ergeben.

e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Older.

Hintergrund zu David Older: 

David Older (45) ist Fondsmanager bei Carmignac und auf die Sektoren IT & Medien fokussiert. In den vergangenen zwölf Jahren arbeitete Older bei SAC Capital/Point72 Advisors in New York, zuletzt als Co-Sector-Head der Bereiche Kommunikation, Medien, Internet und Technologie. Zuvor war er als Investment Banking Associate in der Kommunikations- und Medien-Gruppe bei Morgan Stanley tätig. Er hält einen MBA-Abschluss der Columbia University in New York und einen BA der McGill University in Montreal.

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