e-fundresearch.com: Wachstumssorgen um China, QE der EZB, politische Unsicherheiten durch Brexit, Trump & Co.: Herr Altmann, wie schätzen Sie das derzeitige Umfeld ein und welche persönlichen Lehren ziehen Sie aus den bisherigen Marktentwicklungen 2016?
Thomas Altmann: Das Anlegerjahr 2016 ist bisher turbulent und herausfordernd verlaufen. Schauen wir auf den Aktienmarkt: Dort gab es zu Beginn des Jahres zunächst einen starken Einbruch, auf den eine Erholung folgte. Seitdem beobachten wir eine volatile Seitwärtsentwicklung, die geprägt ist von raschen Stimmungsumschwüngen der Marktteilnehmer. Dabei konnte sich der US-Aktienmarkt auf Jahressicht leicht positiv entwickeln. Die europäischen und asiatischen Märkte zeigten hingegen teils deutlich negative Kursentwicklungen.
Am Rentenmarkt sind die Aussichten nicht besser. Aufgrund der Kursgewinne der jüngsten Vergangenheit – getrieben durch rekordniedrige Zinsen bei Staatsanleihen – sehen wir das Performancepotenzial mittlerweile deutlich eingeschränkt.
"Wichtig ist zudem, dass die Investoren die Volatilität nicht als lästige Schwankung, sondern als Potenzial für ihr Portfolio betrachten."
Es kommt aus unserer Sicht jetzt darauf an, Strategien zu finden, die unabhängig von der Marktentwicklung eine ansprechende Rendite erzielen können. Wichtig ist zudem, dass die Investoren die Volatilität nicht als lästige Schwankung, sondern als Potenzial für ihr Portfolio betrachten. Es gibt entsprechende Anlagestrategien, die Marktschwankungen ausnutzen und von ihnen profitieren. Diese bedürfen jedoch eines aktiven Portfoliomanagements, um jederzeit flexibel reagieren können
Gleichzeitig kommt dem Risikomanagement in diesem Marktumfeld eine zentrale Bedeutung zu. Beispielsweise kann eine internationale Diversifikation nicht nur das Risiko im Portfolio senken, sondern gleichzeitig das Performancepotenzial erhöhen.
e-fundresearch.com: Welche Konsequenzen hat dies für traditionelle und alternative Anlageklassen?
Thomas Altmann: Mit einer Buy-and-Hold-Strategie Rendite zu erzielen wird unserer Meinung nach immer schwieriger. Das betrifft gerade die traditionellen Asset-Klassen. Am Rentenmarkt erwarten wir – ausgehend von weiterhin extrem niedrigen Zinsen und hohen Kursen – bestenfalls Nullrenditen. Der Aktienmarkt zeigte zuletzt eine volatile Seitwärtsentwicklung mit starken Schwankungen. Indizes wie der DJ EUROSTOXX 50 oder der Russell 2000 haben seit 2013 keine positive Rendite mehr erzielen können, der Hang Seng China Enterprise Index sogar seit 2009 nicht mehr. Und selbst, wenn eine positive Performance in traditionellen Assetklassen möglich ist, sind die Rendite-Risiko-Kennzahlen aus unserer Sicht aufgrund der starken Marktschwankungen wenig attraktiv.
"Chancen sehen wir derzeit vor allem im Bereich der alternativen Investments, etwa bei marktneutralen Konzepten oder Volatilitätsstrategien."
Chancen sehen wir derzeit vor allem im Bereich der alternativen Investments, etwa bei marktneutralen Konzepten oder Volatilitätsstrategien. Wir raten unseren Investoren, die Schwankungen an den Märkten als Chance zu begreifen und sie mit den entsprechenden Investments als Ergänzung im Portfolio zu nutzen.
Doch auch bei alternativen Anlagestrategien sollten die Investoren auf die Qualität der Anbieter achten. Die Zeiten des risikofreien Basisportfolios mit Grundverzinsung sind definitiv vorbei. Deshalb müssen die Asset Manager auch hier kreative Ansätze entwickeln können und über ein fundiertes Risikomanagement verfügen.
e-fundresearch.com: Wie verhält sich die Schwankungsbreite – gemessen an Volatilität-Indizes wie VDAX – derzeit im Vergleich zu historischen Durchschnittswerten?
Thomas Altmann: Wichtig ist aus unserer Sicht eine Unterscheidung nach weltweiten Regionen. Insbesondere in den USA liegen die impliziten Volatilitäten derzeit deutlich unter ihren langfristigen Durchschnittswerten (10-Jahres-Durchschnitte). Das gilt ganz besonders für den VIX, der die erwartete Schwankungsbreite des S&P 500 abbildet. Dagegen sind die europäischen Volatilitätsindizes wie der VDAX NEW oder der FTSE 100 Volatility Index zuletzt wieder über ihre historischen Mittelwerte gesprungen.
Beim japanischen Nikkei 225 lag die implizite Volatilität lange Zeit über ihrem Durchschnitt aus der Vergangenheit, erst seit kurzem herrscht wieder Parität. Die durchschnittlichen Tagesschwankungen in Japan sind dieses Jahr so hoch wie seit der Finanzkrise nicht mehr.
In der Folge bedeutet dies, dass die absoluten Volatilitätsniveaus in Europa derzeit am höchsten sind, gefolgt von Asien und Amerika.
e-fundresearch.com: Mit Blick auf den weiteren Verlauf von 2016: Wo sehen Sie die größten Herausforderungen und warum glauben Sie, dass Volatilitätsstrategien derzeit besonders gute Rendite- und Diversifikationspotenziale bieten?
Thomas Altmann: Die Volatilitäten lagen im Jahr 2016 über ihren langfristigen Durchschnittswerten, sind zwischenzeitlich gefallen und zuletzt wieder stark angestiegen. Historisch betrachtet haben sich Volatilitäten jedoch immer wieder ihren Mittelwerten angenähert. Wir rechnen daher auf absehbare Zeit mit weiterhin hohen Volatilitäten in Europa und Asien und steigenden Volatilitäten in den USA. Die Schwankungen an den Aktienmärkten dürften dabei hoch bleiben.
"Wir rechnen daher auf absehbare Zeit mit weiterhin hohen Volatilitäten in Europa und Asien und steigenden Volatilitäten in den USA. Die Schwankungen an den Aktienmärkten dürften dabei hoch bleiben."
Diese Schwankungen mit Volatilitätsstrategien in Performance umzuwandeln ist aus unserer Sicht ein Schlüssel für eine erfolgreiche Anlagepolitik, zumal im Niedrigzinsumfeld die Investmentalternativen rar gesät sind. Die Investoren können dabei auch von einer internationalen Diversifikation und einem aktivem Management profitieren. Gleichzeitig ist die Korrelation zu anderen Assetklassen – und damit die Anfälligkeit für Ansteckungseffekte bei extremen Marktereignissen – bei zahlreichen Strategien regelmäßig sehr gering.