e-fundresearch.com: Herr Reichle, Sie sind Portfoliomanager des Berenberg Emerging Markets Bond Selection (DE000A1C2XK8): Welche Verantwortungen übernehmen Sie im Rahmen des Fondsmanagements und seit wann sind Sie für diese Strategie verantwortlich?
Robert Reichle: Ich bin seit der Auflage des Fonds, also seit dem 4.10.2010, für die Strategie verantwortlich. Als Fondsmanager verantworte ich den kompletten Investmentprozess, der die Implementierung, Ausführung und Umsetzung der Strategie umfasst. Man kann mich auch als den „Architekten und Bauleiter“ der Strategie bezeichnen. Zusätzlich kümmere ich mich um die Weiterentwicklung der Strategie im Spannungsfeld sich stetig verändernder Kapitalmärkte und dem rasanten Aufstieg der Emerging Markets.
e-fundresearch.com: Was steckt hinter Ihrer persönlichen Passion für Emerging Markets? Wie passen eine Hamburger Privatbank und Schwellenländer-Anlagestrategien zusammen?
Als international tätige Privatbank darf man Schwellenländer nicht außer Acht lassen.
Robert Reichle: Ich beschäftige mich sowohl persönlich als auch beruflich schon lange mit den Emerging Markets. Seit dem Beginn meiner Laufbahn 2004 bin ich mit wenigen kurzen Ausnahmen in dieser Assetklasse aktiv. Persönlich habe ich schon verschiedenste Länder in Lateinamerika, Asien und Osteuropa bereist. Insbesondere Argentinien und Myanmar haben es mir dabei sehr angetan.
Der Ansatz Berenberg und Emerging Markets ist absolut schlüssig. Als international tätige Privatbank darf man Schwellenländer nicht außer Acht lassen.
e-fundresearch.com: Wie würden Sie die Fondsphilosophie des Berenberg Emerging Markets Bond Selection in einem Satz beschreiben?
Robert Reichle: Als aktiver Manager wollen wir durch unseren disziplinierten und regelgebundenen Investmentprozess Ineffizienzen am Markt für Schwellenländeranleihen identifizieren und so einen im Verhältnis zum eingegangenen Risiko überproportionalen Ertrag erzielen.
e-fundresearch.com: Gemäß Factsheet setzen Sie auf einen „aktiven, quantitativen Investmentprozesses“: Was genau kann man sich darunter vorstellen?
Robert Reichle: In einem mehrstufigen Investmentprozesses werden in Abhängigkeit von einem bestimmten Marktumfeld Schwellenländer im Rahmen einer Fundamentalanalyse selektiert und anschließend mit Hilfe eines klassischen portfoliotheoretischen Ansatzes allokiert. Die finale Anleihenselektion erfolgt ebenfalls regelgebunden nach unterschiedlichen Relative-Value-Gesichtspunkten. Abgerundet wird die Investmentstrategie durch ein fortlaufendes Risikomanagementsystem. Dabei wird zwischen allgemeinen Marktrisiken und individuellen Länderrisiken unterschieden. Während die Risikowahrnehmung in den Emerging Markets im Rahmen der Marktumfeldanalyse bestimmt wird, werden individuelle Länderrisiken sowohl auf fundamentaler als auch auf technischer Ebene täglich überwacht.
e-fundresearch.com: Sie beschäftigen sich vor allem mit der Suche nach fundamental starken Schwellenländern – auf welche Kennzahlen achten Sie hierbei besonders genau?
Robert Reichle: In allererster Linie analysieren wir Kennzahlen die anhand empirischer Analysen einen nachhaltig signifikanten Einfluss auf die Veränderung der Risikoaufschläge der jeweiligen Länder haben, und die regelmäßig durch Medien wie bspw. Bloomberg, als auch Institutionen wie etwa IWF und Weltbank publiziert werden. Alle Indikatoren sind dabei gleichgewichtet und werden in den drei Blöcken „Volkswirtschaftliche Stärke“, „Solvabilität/Bonität“ und „Externe Einflussfaktoren“ zusammengefasst. Repräsentative Kennzahlen sind hier z.B. Direktinvestitionen und Schuldendienstquoten, aber auch die Sensitivität zu Veränderungen der Renditen US-amerikanischer Staatsanleihen.
e-fundresearch.com: Welche Emerging Marktes führen diese Liste aktuell an?
An vorderster Front ist Indonesien zu nennen.
Robert Reichle: An vorderster Front ist Indonesien zu nennen. Aber auch aufstrebende Länder wie die Dominikanische Republik oder Länder im politischen und wirtschaftlichen Transitionsprozess wie bspw. Argentinien gelten anhand unserer Analysen als besonders attraktiv.
e-fundresearch.com: …und welche Länder oder Regionen bilden derzeit das Schlusslicht?
Robert Reichle: Wir meiden aktuell Länder wie Venezuela und Pakistan, sind aber zusätzlich auch in sogenannten Index-Schwergewichten wie Russland und den Philippinen aufgrund ihrer fundamentalen Schwäche als auch ihres unattraktiven Rendite-Risikoprofils teils deutlich untergewichtet.
e-fundresearch.com: Im Bereich der Emerging-Markets-Anleihen-Strategien in Hartwährung stehen Anlegern mittlerweile auch einige passive ETF-Strategien zu Verfügung – warum sollte man dennoch zur aktiven Variante greifen?
Robert Reichle: Immer komplexere und heterogenere Märkte in den globalen Schwellenländern erfordern verständliche und anpassungsfähige aktive fundamentale Investmentansätze. ETF-Strategien lassen diese Flexibilität vermissen. Wir sind überzeugt, dass sich durch fundamentale Selektionsprozesse individuelle Länderrisiken besser prognostizieren und dementsprechend auch vermeiden lassen. Marktnahe ETF-Ansätze hingegen sind oftmals in den Positionskriterien wie bspw. dem Marktkapitalisierungsgewicht gefangen.
e-fundresearch.com: Fondsperformance 2016: Von welchen Trends konnten Sie im vergangenen Jahr besonders profitieren und welche Positionierung hätten Sie rückblickend gesehen anders gestaltet?
Robert Reichle: Bei einer absoluten positiven Wertentwicklung gelang es dem Fonds im vergangenen Jahr seine Benchmark outzuperformen. Haupttreiber der Outperformance waren strategische Übergewichte in Ländern wie Brasilien und Indonesien, insbesondere im ersten Halbjahr 2016.
Rückblickend wäre es noch von Vorteil gewesen, in 2016 bestimmte Länder auf dem afrikanischen Kontinent, wie bspw. Ghana oder Sambia, stärker zu gewichten.
e-fundresearch.com: Ihrem Factsheet ist eine kleine Position in Derivaten zu entnehmen: In welchem Zusammenhang kommen jene Instrumente in Ihrer Strategie zum Einsatz?
Robert Reichle: Wir sichern Fremdwährungsrisiken über Devisentermingeschäfte (FX-Forwards) ab.
e-fundresearch.com: Wie sind Sie in das Jahr 2017 gestartet? In welchen Investmenthemen identifizieren Sie derzeit das vielversprechendste Wertpotenzial?
Der Start in 2017 war und ist vielversprechend. Politische Risiken von externer Seite, wie etwa. die Wahlen in den Niederlanden und Frankreich konnten erfolgreich umschifft werden.
Robert Reichle: Der Start in 2017 war und ist vielversprechend. Politische Risiken von externer Seite, wie etwa. die Wahlen in den Niederlanden und Frankreich konnten erfolgreich umschifft werden. Ebenso konnten auf interner Ebene die Exporte gesteigert und die Wachstumsraten erhöht werden. Leistungsbilanzdefizite konnten ebenfalls verringert werden – und auch steigende Inflationserwartungen werden durch lokale Zentralbanken weitestgehend im Zaum gehalten.
Auf länderspezifischer Ebene sehen wir weiterhin viel Potenzial in Argentinien, Indonesien und der Dominikanischen Republik, aber auch kleinere Nationen, wie bspw. Ägypten oder Honduras versprechen mittelfristig ein signifikantes Aufwertungspotenzial.
e-fundresearch.com: Stellen Zinserhöhungen in den USA eigentlich ein Risiko für Ihr Anlageuniversum dar?
Robert Reichle: Für Investments in Schwellenländeranleihen, die in Hartwährung, hier US-Dollar denominiert sind, stellen etwaige Zinserhöhungen seitens der US Federal Reserve Bank durchaus eine Risikoquelle für das Anlageuniversum dar. In der Vergangenheit wurden keine signifikanten Abweichungen bei der Durationssteuerung gegenüber der Benchmark vorgenommen. Innerhalb eines Bandes von +/- 2 Jahren wird die durchschnittliche Portfolioduration zur Benchmark ausgerichtet. Der Einfluss auf die Performancecharakteristik ist somit gering. Im Rahmen unterschiedlichster Relative-Value-Analysen wird die Emissionskurve eines Landes beachtet. Sowohl die Auswahl der optimalen Hartwährung, die Auswahl nach Asset-Klasse (Staatsanleihe oder Quasi-Staatsanleihe), als auch die Betrachtung nach der optimalen Durations-Positionierung (eher kurz, neutrale oder längere Laufzeiten) führen insgesamt zu einem Mehrwert in der Anlagestrategie.
e-fundresearch.com: Welche Investorentypen sind in der Berenberg Emerging Markets Bond Selection Strategie verstärkt anzutreffen? Haben Schwellenländer-Anleihen erfolgreich den Weg zurück in den breiteren Investoren-Mainstream gefunden?
Allerdings verzeichnen wir seit geraumer Zeit auch vermehrt Mittelzuflüsse aus dem Retailbereich, was auf eine breitere Zunahme und Akzeptanz der Assetklasse schließen lässt.
Robert Reichle: In dieser Strategie finden sich aktuell hauptsächlich institutionelle Investoren wieder. Allerdings verzeichnen wir seit geraumer Zeit auch vermehrt Mittelzuflüsse aus dem Retailbereich, was auf eine breitere Zunahme und Akzeptanz der Assetklasse schließen lässt. Dies wird auch in konstant hohen Kapitalzuflüssen seit Jahresanfang sichtbar. Insgesamt sind auf globaler Ebene schon mehr als 38 Milliarden US-Dollar in Emerging Markets Anleihenfonds geflossen, allein auf den Hartwährungsbereich entfallen dabei ca. 24,5 Milliarden Dollar.