e-fundresearch.com: Herr Nevado, welche persönlichen Erkenntnisse ziehen Sie aus den Marktentwicklungen im Jahr 2017?
Juan Nevado: Für den Großteil des Jahres 2017 standen die Anleger der wirtschaftlichen Erholung sehr skeptisch gegenüber, und das trotz weltweiten Wirtschaftswachstums. Dementsprechend schätzten viele die Chancen-/Risikodynamik sehr vorsichtig ein und entschieden sich eher für Anleihen als für Aktien – eine bis heute anhaltende Folge der Finanzkrise von 2008.
Aus unserer Sicht war diese Vorsicht letztes Jahr jedoch fehl am Platze, da sich das Umfeld geändert hat. Das liegt sowohl an der anhaltenden Verbesserung der globalen Makrodaten als auch an der offensichtlichen Tendenz der Politik, die Volkswirtschaften mit Hilfe der Geldpolitik zu stimulieren. Zum Jahresende hin ließ der Pessimismus der Anleger immerhin etwas nach. Wir gehen davon aus, dass die Erinnerungen an das Jahr 2008 nun endlich verblassen werden.
e-fundresearch.com: Sind Sie heute optimistischer oder pessimistischer als vor einem Jahr, und warum?
Juan Nevado: Die Weltwirtschaft steht heute auf einem solideren Fundament als vor einem Jahr, als sich das Marktumfeld gerade erst in eine positive Richtung gedreht hatte. Im Laufe des vergangenen Jahres setzte sich dieser Wachstumstrend, gestützt von den Konjunkturindikatoren, fort.
Der M&G Dynamic Allocation Fund ist daher aktuell auf Wachstum ausgerichtet; die größte Chance sehen wir in der Aktienrisikoprämie. Denn trotz des jüngsten Kursanstiegs gewähren Aktien die beste Kompensation für echtes Risiko, da sie angesichts des positiven wirtschaftlichen Umfelds immer noch zu attraktiven Preisen erworben werden können. Die Rally bei globalen Aktien ist aus unserer Sicht gerechtfertigt, vor allem durch die Steigerung der Unternehmensgewinne und die gleichlaufende Belebung des globalen Wachstums.
Marktturbulenzen sind für uns jedoch nichts Negatives. Vielmehr versuchen wir, Gelegenheiten aufgrund von temporären Schwankungen zu nutzen, die durch Überreaktionen auf Nachrichten und Ereignisse ausgelöst werden.
e-fundresearch.com: Fondsperformance 2017: Von welchen Trends haben Sie besonders profitiert, wo gab es Herausforderungen?
Juan Nevado: Wir hatten den Fonds für Wachstum positioniert, so dass wir den Trend gut nutzen konnten. Da viele Anleger aus Pessimismus eher auf Anleihen setzten, waren unsere Long-Aktienpositionen der Haupttreiber für die überdurchschnittliche Wertentwicklung des Fonds gegenüber dem Vergleichssektor. Gerade Regionen, in denen sich die Erholung der Unternehmensgewinne oft nicht in den Aktienkursen niederschlägt, konnten einen deutlichen Mehrwert erzielen – vor allem Asien und dort in erster Linie Südkorea, das sich trotz politischer Turbulenzen gut behauptete. Unser Engagement in Europa trug ebenfalls erheblich zu den Zuwächsen bei, da die Region ein anhaltendes Wirtschaftswachstum verzeichnete. Auch unsere Überzeugung, dass Staatsanleihen aus Schwellenländern unterbewertet sind, hat sich für den M&G Dynamic Allocation Fund ausgezahlt.
Demgegenüber lieferte unsere Short-Position im S&P 500 – basierend auf unserer Ansicht, dass der breite Index bei langfristigen Bewertungen überbewertet ist – einen negativen Fondsbeitrag, als die US-Aktienkurse im Laufe des Jahres neue Höchststände erreichten. Wir halten aber Long-Positionen bei Banken, Technologie und Biotechnologie und damit in den Segmenten, die nach wie vor Value bieten. Der Fonds ist so positioniert, weil wir es für wichtig halten, im US-Aktienmarkt selektiv vorzugehen. Insgesamt ist der Fonds in diesen Sektoren weitgehend neutral aufgestellt, wenn man die Short-Position berücksichtigt.
e-fundresearch.com: Auf welche Branche oder Positionierung blicken Sie besonders gerne zurück?
Juan Nevado: Im Laufe des Jahres konnten wir mehrere Phasen identifizieren, die überzeugende Investitionsmöglichkeiten boten. Solche Phasen oder „Episoden“ treten auf, wenn die emotionalen Reaktionen der Anleger auf kurzfristige Nachrichten dazu führen, dass Vermögenswerte vorübergehend falsch bewertet werden, obwohl sich die fundamentalen Fakten nicht geändert haben. Das Erkennen solcher Preisverzerrungen ist ein wesentliches Element unserer Strategie.
So haben wir beispielsweise im Januar 2017 gesehen, dass der mexikanische Peso aufgrund von Politik und Panikverkäufen Schwäche zeigte – Auswirkungen der Trump-Regierung und der Erwartung höherer US-Zinsen. Wir identifizierten diese Bewegungen als "Mini-Episode" und erhöhten daher das Exposure gegenüber dem mexikanischen Peso in der Erwartung, dass sich die Preise erholen würden, sobald die Ängste nachließen. Diese Investition war sehr erfolgreich; im März stieg der Peso gegenüber dem US-Dollar um fast 7,5% an.
e-fundresearch.com: Welche Konsensus-Views bereiten Ihnen im aktuellen Umfeld die größten Sorgen?
Juan Nevado: Wir sind der Meinung, dass der gegenwärtige Marktkonsens weitgehend von den zugrunde liegenden wirtschaftlichen Fundamentaldaten gestützt wird. Allerdings sind westliche Staatsanleihen aufgrund ihrer Bewertung sehr anfällig für eine Verkaufswelle. Für den Fonds macht uns dies jedoch keine Sorgen, da wir das Portfolio mithilfe von Short-Positionen entsprechend positionieren können. Die Strategie ist schließlich bewusst so angelegt, dass Über- oder Unterreaktionen auf Marktereignisse ausgenutzt werden können.
e-fundresearch.com: Blick in die Zukunft: Was sind die Schlüsselthemen für Ihre Anlageklasse im Jahr 2018 und wie beeinflussen diese Ereignisse die Positionierung Ihres Portfolios?
Juan Nevado: Eines der wichtigsten Themen dürfte die Marktreaktion auf steigende Geldmarkt- und Anleihezinsen werden, da deren Entwicklung einen erheblichen Einfluss auf die Bewertung aller anderen Vermögenswerte nimmt. Derzeit gibt es eine Reihe von Marktasymmetrien, die Volatilität auslösen könnten. Ein volatileres Umfeld könnte sich positiv auf die Positionierung unserer Strategie auswirken, vor allem wenn die Weltwirtschaft weiter wächst.
Trotzdem positionieren wir das Portfolio nach wie vor auf Basis der aktuellen Bewertung, denn wir ziehen es immer vor, die Fakten zu beobachten, anstatt zukünftige Kursbewegungen vorherzusagen. Daher versuchen wir nicht, uns für einen bestimmten Zielwert aufzustellen, sondern wägen die Preise von Vermögenswerten vor dem heutigen fundamentalen wirtschaftlichen Hintergrund ab. So können wir die hohe Flexibilität unserer Portfolios nutzen, um auf irrationale Marktbewegungen und ihre Risiken und Chancen zu reagieren.