e-fundresearch.com: Welche Erkenntnisse ziehen Sie persönlich aus den Marktentwicklungen 2017?
Amanda Stitt: 2017 war ein außergewöhnliches Jahr für die Spread-Sektoren. Sie haben in ihrer ganzen Breite positive überschüssige Renditen gegenüber Staatsanleihen erwirtschaftet und das größtenteils auch noch in bedeutsamen Ausmaß. Interessant war außerdem, dass wir 2017 nicht nur einen Aufschwung des weltweiten Wachstums auf breiter Front beobachten konnten, sondern sich dieses auch synchronisiert zu haben schien. Bei den Anleihen waren die Sektoren mit der besten Wertentwicklung außerhalb der USA zu finden – allen voran in den Schwellenländern. Während die Spread-Sektoren also mit ihrer guten Performance überzeugten, durften wir gleichzeitig ein Abflachen der Yield-Kurve von US-Treasuries erleben. Aus Sicht eines Total-Return-Investors war dieser Performanceunterschied am langen Ende der Yield-Kurve deutlicher, wo ein höheres Plus verbucht werden konnte als am kurzen Ende. Was im vergangenen Jahr etwas überraschend war, war sicherlich die eher verhaltene Volatilität vieler Anlageklassen – aus unserer Sicht eine direkte Konsequenz der sehr entgegenkommenden und transparenten Zentralbankpolitik. Wir gehen davon aus, dass die Volatilität nun wieder anziehen könnte, allerdings eher langsam und nicht dramatisch.
e-fundresearch.com: Waren Sie vor einem Jahr optimistischer oder pessimistischer als heute und warum?
Amanda Stitt: Wir gehen seit der Finanzkrise davon aus, dass sich die Weltwirtschaft auf Erholungskurs befindet, wenn auch auf einem aus historischer Sicht sehr langsamen. Ich würde uns also als durchaus optimistisch bezeichnen. Bisher durften wir mit Blick auf das Wirtschaftswachstum Zeuge eines deutlichen Wandels werden. Die weltweite Inflation hat eine Talsohle durchschritten und zieht nun langsam wieder an. Die Zentralbanken signalisieren bereits, von ihrem außergewöhnlich entgegenkommenden Kurs abzulassen, wenn auch nur schrittweise. Aus Bewertungssicht sind die Anleihemärkte heute deutlich mehr geweitet. Wir glauben nicht, dass wir am Ende eines Kreditzyklus sind. Und auch wenn die Renditen künftig deutlich moderater ausfallen dürften, sehen wir noch keinen Grund, beispielsweise Unternehmensanleihen zu shorten. Die Fundamentaldaten bleiben stark, Anleger sind weiterhin auf der Suche nach Renditen und die US-Steuerreform sollte sich äußerst positiv auf den amerikanischen Unternehmenssektor auswirken. Eine gezielte Auswahl der Einzeltitel wird jedoch immer wichtiger.
e-fundresearch.com: Ein Blick auf die Fondsperformance 2017: Von welchen Trends konnten Sie profitieren und wo gab es Herausforderungen?
Amanda Stitt: Aus Performance-Sicht war 2017 ein gutes Jahr für uns, nicht zuletzt aufgrund unserer Positionierung. Wir haben vor allem von der außergewöhnlich guten Performance der Schwellenländer profitiert – ein Sektor, der unserer Überzeugung nach von den positiven Fundamentaldaten getragen wurde und der von den sich verbesserten weltweiten Wachstumsaussichten profitiert hat. Ein weiteres Plus für unseren Fonds waren die großen Performanceunterschiede innerhalb der Unternehmensanleihen. In diesem Stadium des Kreditzyklus waren wir vor allem daran interessiert, in Industriezweigen positioniert zu sein, die Schulden abgebaut haben, darunter die Metallindustrie, untergeordnete Finanztitel und auch Energiewerte. Zudem hatten wir unser Portfolio auf eine flacher werdende Yield-Kurve in den USA ausgerichtet, was ebenfalls zur Performance beigetragen hat. Zudem waren wir der konträren Meinung, dass der US-Dollar sich eher flach, wenn nicht sogar schwächer entwickeln würde und Mehrwert eher in anderen Währungen zu finden sein sollte. Auch das hat die Fondsperformance im vergangenen Jahr gestärkt.
e-fundresearch.com: Auf welche Trades oder Positionen schauen Sie besonders gern zurück?
Amanda Stitt: Aus meiner Sicht waren es vor allem Positionen in Investmentgrade- und hochverzinslichen Anleihen, die bemerkenswert für uns als Legg Mason-Tochter waren. In diesem Stadium des Zyklus waren wir uns sehr wohl darüber bewusst, dass Unternehmenslenker eher Maßnahmen ergreifen würden, die vorteilhaft für Aktionäre sind. Daher haben wir uns vor allem auf die Sektoren konzentriert, die Schuldenabbau betrieben haben. Ich denke aber auch, dass es als Credit-Investor noch wichtiger ist, die Sektoren zu meiden, von denen man denkt, dass sie vor Herausforderungen stehen. Und das ist uns 2017 sehr gut gelungen.
e-fundresearch.com: Welche übereinstimmenden Meinungen sind derzeit besonders schwierig?
Amanda Stitt: Nach der außergewöhnlich starken Performance der Schwellenländer sind Anleger über deren künftige Entwicklung in Sorge. Die Argumentation dahinter: Die weltweite Jagd nach Rendite hat Anleger ihre “normale” Risikotoleranz überschreiten lassen. Außerdem fragt man sich am Markt, wie es die Schwellenländer wohl verkraften werden, wenn die großen Zentralbanken ihre Zinsen wieder anheben. Die Befürchtung ist, dass es einen “Massenexit” aus dem Sektor geben könnte. Wir glauben hingegen, dass Schwellenländer innerhalb des breiten Spread-Sektors nach wie vor die beste Alternative sind. Denn die langfristigen fundamentalen Aussichten bleiben positiv. Wenn die Zinsen in den Industrieländern aufgrund des sich verbesserten Wirtschaftswachstum steigen, könnte dieser Wachstumshintergrund ein starkes positives Signal für die Schwellenländer sein. Außerdem glauben wird, dass die Währungen der Schwellenländer günstig sind, weshalb wir uns auch auf in lokalen Währungen denominierte Bonds konzentrieren. Vergleicht man Schwellenländeranleihen zu guter Letzt mit denen aus den Industrienationen, erhalten Anleger einen sehr attraktiven Kupon und sie weisen zudem noch Aussichten auf enger werdende Spreads auf.
e-fundresearch.com: Ein Blick auf 2018: Was sind die wesentlichen Themen für Ihre Anlageklasse und wie beeinflussen diese die Positionierung Ihres Portfolios?
Amanda Stitt: Unsere Investmentthemen basieren auf unserer Überzeugung, dass das fundamentale Umfeld zwar hervorragend ist, die Bewertungen aber bereits ausgereizt sind und sich Mehrwert für den Fonds daher nur sehr selektiv generieren lässt. Wir glauben, dass sich das weltweite Wachstum weiter verbessert und die Inflation wahrscheinlich wieder stetig zunehmen wird. Wachstum und Inflation in den USA werden von den von Trump geschaffenen wirtschaftlichen Anreizen gestützt. Und ganz generell sind die Zentralbanken sehr vorsichtig mit den Signalen in Richtung einer Normalisierung. Vor diesem Hintergrund gehen wir davon aus, dass Spread-Sektoren auch weiter outperformen werden, wenn auch nicht mehr ganz so stark wie im vergangenen Jahr. Daher kommt der Sektor- und Einzeltitelauswahl auch eine gewichtigere Bedeutung zu und genau darauf werden wir uns 2018 konzentrieren. Schwellenländer bleiben ein wichtiges Thema und werden auch weiterhin zur guten Performance beitragen. Da wir jedoch mit Volatilität im Sektor rechnen, bleiben wir bei unseren Engagements sehr selektiv und halten weiter nach Chancen in lokalen Währungen und Anleihen in harter Währung Ausschau.