e-fundresearch.com: Mit Blick auf das Aktienuniversum des „Wiener Privatbank European Equity": Welches Resümee ziehen Sie aus den bisherigen Marktentwicklungen 2018?
Florian Rainer: Nach einem sehr starken 2017 haben wir uns von Anfang an auf ein volatileres Jahr eingestellt, insofern überrascht uns die Marktentwicklung bisher nicht wirklich. Es ist allerdings interessant, wie schnell sich der Wind gedreht hat und in welchem Ausmaß sich das Gros der internationalen Investoren von einer optimistischen zu einer bearishen Einstellung gewandelt hat. Während man sich um den Jahreswechsel herum noch Gedanken über eine konjunkturelle Überhitzung und eine eventuelle Zinswende gemacht hat, redet man nun von einer potentiell inversen Zinskurve in den USA und eine darauf vermeintlich folgende Rezession. Ich wäre hier allerdings vorsichtig: Erstens ist die Zinskurve noch nicht invers und zweitens, selbst wenn es soweit kommen sollte, hieße das noch nicht, dass aller Tage Abend ist. Es ist –wie so oft- unersetzlich, den Market Noise auszublenden und sich auf die wirklich wichtigen Parameter zu fokussieren: Prinzipiell läuft es für die Unternehmen gut und die europäischen Aktienmärkte sind durchaus vernünftig bewertet! Für unseren europäischen Dividendenaktienfonds „Wiener Privatbank European Equity" stehen mit Ende Juni +1,75% zu Buche, womit wir 3,35% vor dem Markt liegen.
e-fundresearch.com: Von Handelskriegen, dem Ölpreisanstieg bis hin zum weiter gestiegenen Zinsniveau in den USA: Ist es im Zuge des veränderten Kapitalmarktumfelds zu nennenswerten Portfolioanpassungen gekommen? Wo haben Sie in den vergangenen sechs Monaten am signifikantesten eingegriffen?
Florian Rainer: Ja, wir sind zwar eindeutig langfristig orientierte Investoren, es ist jedoch im ersten Halbjahr zu einigen Veränderungen in unserem paneuropäischen Portfolio gekommen. Das jedoch fast ausschließlich aufgrund von Einzeltitel-spezifischen Gründen: So haben wir beispielsweise Werte verkauft, die für uns kein ausreichendes Aufwärtspotential hatten, wie Allianz oder die uns strukturell nicht mehr gefallen haben, wie Metro. Gekauft haben wir im Gegenzug langfristig attraktive Compounders, wie beispielsweise Grifols oder Deutsche Wohnen. Vom drohenden Handelskrieg waren wir kaum betroffen, da wir im vergangenen Halbjahr keine Allokation zu Autoherstellern, Stahlfirmen oder ähnlich exponierten Segmenten hatten. Der Ölpreisanstieg hat uns tendenziell in die Karten gespielt, da wir in diesem Sektor seit Jahresbeginn stets eine Allokation in Höhe von 10-15% hatten und dementsprechend profitieren konnten. Das steigende Zinsniveau in den USA hat uns wenig berührt, da wir vermeintliche Mantras wie „steigende Zinsen sind gut für Banken“ für zu kurz gegriffen halten und nicht nur wegen steigender Zinsen in gewisse Segmente bzw. Titel investieren.
e-fundresearch.com: Welche Positionierungen haben sich im laufenden Kalenderjahr als erfreulichste Performancetreiber herausgestellt? Wo haben sich Allokationen eher als belastend erwiesen?
Florian Rainer: Auf Sektorenebene hat sich vor allem unser Übergewicht in Technologietiteln sowie im zyklischen Konsumbereich bezahlt gemacht. Untergewichtet sind wir hauptsächlich in Finanzwerten gewesen, was sich ebenfalls als erfreulicher Performancetreiber herausgestellt hat. Auf Einzeltitelebene war unsere beste Aktie der deutsche Mietwagenkonzern Sixt, mit einer Wertentwicklung von +34,04% seit Jahresbeginn. Auch die beiden norwegischen Lachszüchter Lerøy Seafood und Marine Harvest performten mit +32,45 / +24,46% sehr erfreulich. Weniger positiv lief es beispielsweise für den britischen Tabakkonzern British American Tobacco sowie für den niederländischen Finanzkonzern ING, die im ersten Halbjahr an Wert einbüßten. Beide Titel erscheinen uns auf aktuellem Niveau sehr attraktiv bewertet.
e-fundresearch.com: Welche Teilbereiche Ihres Investmentuniversums empfinden Sie im derzeitigen Umfeld als besonders vielversprechend bewertet und um welche Segmente machen Sie derzeit ganz bewusst einen „großen Bogen“?
Florian Rainer: Prinzipiell muss ich sagen, dass ich den europäischen Aktienmarkt im Allgemeinen, gerade verglichen mit dem US-amerikanischen, für vielversprechend halte, da er deutlich attraktiver bewertet ist. In Europa gefallen mir besonders Titel aus dem Consumer-Sektor, sowohl zyklische als auch nicht zyklische Werte. Außerdem sind gewisse Segmente im Immobilienaktienmarkt nach wie vor attraktiv. Auf der anderen Seite habe ich im Fonds eine geringe Allokation in den Sektoren Materials, Versorger, sowie Telekommunikation – die mir aus verschieden Gründen strukturell nicht gefallen. Ein starkes Übergewicht in europäischen Banken halte ich im aktuellen Umfeld auch für nicht zwingend notwendig. Wenn ich meine Allokation im Finanzbereich vergrößern sollte, so würden mir hier momentan eher einige Versicherer einfallen. Generell kaufen wir im Fonds nur Titel hoher Qualität zu einem attraktiven Preis.
e-fundresearch.com: Wir befinden uns in einem fortgeschrittenen Stadium des Wirtschaftszyklus: Welche Rolle spielt der Schutz beziehungsweise die Limitierung der Downside in Ihrem Portfoliomanagementansatz? Wie stellen Sie sicher, dass Ihr Portfolio auch in Abwärtsphasen relative Outperformance gegenüber Ihrer Peer-Group und Benchmark generieren kann?
Florian Rainer: Die Limitierung der Downside spielt bei uns eine große Rolle! Die größten Positionen im Fonds sind wenig konjunktursensible Consumer-Werte wie Unilever, Reckitt Benckiser und British American Tobacco, die mit ihrem defensiven Profil in einer konjunkturellen Abwärtsphase für einen Mehrwert gegenüber der Benchmark sorgen sollten. Außerdem gefallen uns prinzipiell Firmen in einem oligopolistischen Umfeld gut, wie die schon erwähnten norwegischen Lachszüchter oder der spanische Gesundheitskonzern Grifols, die auch in einem schwierigen Markt für Alpha sorgen dürften. Wichtig ist es, bei diesen hochqualitativen Unternehmen keinen zu hohen Preis zu bezahlen und damit schon im Vorhinein die Downside zu begrenzen! Schließlich könnten wir in einem Abwärtszyklus auch bis zu 49% des Fondsvermögens in Cash halten und derivative Instrumente zur Absicherung einsetzen.
e-fundresearch.com: Was sollte Fondsselektoren vor einem quantitativen Fondsvergleich und einer Analyse Ihres Track-Records bewusst sein? Worin bestehen die Einzigartigkeiten des „Wiener Privatbank European Equity"?
Florian Rainer: Es handelt sich beim „Wiener Privatbank European Equity Fund“ um einen paneuropäischen Dividendenaktienfonds mit Large Cap Fokus. Ich manage den Fonds seit 1.7.2013, als Performance-Benchmark dient der Stoxx Europe 50, gegenüber dem wir jedoch einen hohen Active Share von aktuell knapp 75% aufweisen. Wir verfolgen im Portfolio die Strategie, uns an hochqualitativen Titeln im Sinne eines Miteigentümers zu beteiligen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf Aktien von Unternehmen, die über eine attraktive Dividendenrendite verfügen –sie liegt im Fonds zurzeit durchschnittlich bei 3,1%- und diese mit einem langfristigen Dividendenwachstum verknüpfen. Dieses beträgt auf einer Basis von fünf Jahren aktuell im Mittel 14,1% p.a. Mehr als 55% des Fonds sind in Titel allokiert, die in den letzten 10 Jahren (oder seit Börsennotierung) jedes Jahr die Dividende angehoben oder zumindest gleichbehalten haben, d.h. auch zum absoluten Höhepunkt der globalen Finanzkrise und sich damit als krisenresistent erwiesen haben. Das Portfolio ist sehr konzentriert, momentan umfasst es 34 Titel. Die durchschnittliche Marktkapitalisierung pro Wert beträgt rund €54 Mrd.
e-fundresearch.com: Chancen & Risiken: Welche Entwicklungen und Events halten Sie mit Blick auf den weiteren Jahresverlauf besonders genau im Fokus?
Florian Rainer: Wie schon anfangs erwähnt ist das Market Sentiment aktuell eher bearish. Eines der großen Themen ist die Angst einer potentiell inversen Zinskurve in den USA und eine darauf vermeintlich folgende Rezession. Des Weiteren sorgt auch das Thema diverser Importzölle für Waren aus Europa/China/USA nach wie vor für eine Drohkulisse. Ich nehme an, dass beide Themen nicht so schnell vom Tisch sein werden und uns noch für geraume Zeit begleiten werden. Im November werden die midterm elections in den USA interessant. Wird Donald Trump dadurch gestärkt oder verkommt er zur „lame duck“? Bei all diesen Großteils politischen Entwicklungen darf jedoch nicht darauf vergessen werden, dass das Umfeld für die meisten Unternehmen in Europa nach wie vor ein positives ist. Das Bild ist erfreulicher, als man vielleicht auf den ersten Blick glauben könnte!