e-fundresearch.com: Begriffe wie "Nachhaltigkeit“, "ESG“ oder "SRI“ werden im Fondskontext geradezu inflationär für Marketingzwecke genutzt und ein Großteil der Fondsgesellschaften bietet eine hierauf fokussierte Produktpalette an – welchen Track-Record kann AllianceBernstein im Bereich für nachhaltige Investments vorweisen und inwiefern kann man belegen, dass es sich bei jenen Strategien um mehr als einen "Marketing-Gag“ handelt?
Daniel Roarty: Wir sehen ein größeres Interesse an diesen Themen, da Aktieninvestoren - nicht nur in Europa - zunehmend darüber nachdenken, wie sich ihre Investitionen auf die Gesellschaft auswirken.
In meinen Fonds, zum Beispiel, sind wir der Meinung, dass die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (UN Sustainable Development Goals, SDGs) eine klare Richtlinie für Investitionen bieten, die zu positiven ökologischen und sozialen Ergebnissen beitragen - und Gewinne generieren können. Die Kosten für die Erreichung der SDGs, und damit die Möglichkeiten für Unternehmen diese zu unterstützen sind enorm. Die wichtigsten Bereiche des Investitionsbedarfs liegen in der grundlegenden Infrastruktur, insbesondere in den Bereichen Verkehr, Energie und Telekommunikation: Die Vereinten Nationen schätzen den jährlichen Preis für die Erreichung der SDGs im Bereich von 5 bis 7 Billionen US-Dollar, mit einem aktuellen Defizit von rund 2.5 Billionen US-Dollar, größtenteils in den Entwicklungsländern.
e-fundresearch.com: Welche konkreten Ansätze werden in den Investmentprozessen ihres Nachhaltigkeits-Fonds verfolgt?
Daniel Roarty: Unser Ziel ist es, durch Investitionen wettbewerbsfähige Erträge zu erzielen, die ebenfalls einen positiven Einfluss auf den Klimawandel, Gesundheit und die Selbstbestimmung von Frauen haben. Genauer gesagt, investieren wir in Unternehmen, deren Geschäftstätigkeit zur Erreichung der 17 UN Sustainable Development Goals beiträgt, und deren Unternehmensführungen starke ESG-Verhaltensweisen nachweisen. Unsere Portfolios sind relativ konzentriert, Benchmark-unabhängig und auf qualitativ hochwertige Wachstumswerte fokussiert.
e-fundresearch.com: In welchem Ausmaß berücksichtigen auch „konventionelle“ Strategien ihres Hauses ESG-Aspekte?
Daniel Roarty: Als aktiver Asset-Manager steht die Integration von ESG und verantwortungsvolles Handeln als Aktionär im Mittelpunkt unseres Anlageprozesses. Unsere Analysten identifizieren und bewerten ESG-Risiken sowie Chancen im Rahmen des rigorosen Researchprozesses. Wir nutzen diese Erkenntnisse, um die Investition zu bewerten und gegebenenfalls direkt mit Unternehmen zusammenzuarbeiten, um deren Umwelt-, Sozial- und Governance-Praktiken zu verbessern. ESG-Faktoren sind auch ein wichtiger Aspekt unseres proaktiven Proxy-Abstimmungsverhaltens. AB ist auch aktiv in Organisationen wie der von der UN unterstützten PRI, um diese wichtigen Aspekte branchenweit voranzutreiben.
e-fundresearch.com: Wie reagieren Portfoliomanager auf den zunehmenden Trend zur ESG-Integration? Welche Vor- und Nachteile konnten Sie in der Praxis bislang beobachten, insbesondere mit Fokus auf risikoadjustierte Performance?
Daniel Roarty: Wir sehen ESG-Risikofaktoren nicht nur als sozial wichtig, sondern auch als finanziell bedeutsam für Unternehmen. Daher war eine tiefgreifende ESG-Integration schon immer ein integraler Bestandteil unseres Anlageprozesses. Wenn sich mehr ‚traditionellere‘ Manager auf diese Themen konzentrieren, ist zu erwarten, dass die Menge und Qualität der von den Unternehmen und Drittanbietern bereitgestellten ESG-Daten zunimmt. Dies erfordert eine verstärkte Anstrengung zur Unterscheidung zwischen guten und ‚schlechten‘ Daten, bietet Investoren aber auch die Chance, durch eine robustere Firmenanalyse höhere risikobereinigte Erträge zu erzielen.
e-fundresearch.com: ESG-Integration ist mit erheblichem Daten- und Research-Aufwand verbunden. Welchen Ansatz verfolgt Ihr Fonds in Bezug auf interne und externe Datenbeschaffung & ESG-Research? Welche Ressourcen stehen Ihnen zur Verfügung?
Daniel Roarty: Wir haben Zugang zu einer breiten Palette von unabhängigen ESG-Datenanbietern wie MSCI und Sustainalytics, sowie zu den einzelnen Managementteams der Unternehmen. Wie bei jedem Element der Fundamentalanalyse verlassen wir uns jedoch nicht nur auf externe Anbieter oder einzelne Datenquellen. Unsere wichtigsten Ressourcen sind unser hauseigenes Investmentteam und das weitgreifende globale Netzwerk von AB mit nahezu 200 Investmentexperten.