Manuela Klos: Beschäftigte man sich vor einigen Jahren etwas intensiver mit dem Themenkomplex Nachhaltigkeit, wurde man schnell als „Öko“ abgestempelt. Heute ist das ganz anders – und die Menschen, die sich frühzeitig mit dem Thema auseinandergesetzt haben, sind heute gefragt wie nie. Noch immer ist es aber so, dass nicht überall, wo „Nachhaltigkeit“ draufsteht auch wirklich „Nachhaltigkeit“ drin ist. Wenn man sich ernsthaft mit dem Thema identifiziert, richtet man sein Leben danach aus und erwartet das auch von seinem Arbeitgeber.
D.h., eine Fondsgesellschaft, die nur eine grüne Verpackung für Produkte und eine gute Marketingkampagne hat, wird es kaum schaffen, die besten Talente zu akquirieren. Es braucht eine ehrliche Auseinandersetzung mit dem Thema und eine Ausrichtung des Gesamtunternehmens daraufhin. Wichtig ist dabei auch: ESG bedeutet nicht nur Environment, sondern auch Social und Governance und es braucht einen ganzheitlichen Ansatz. Rein ökologische Ansätze sind nur ein Teil der Lösung. Dabei ist klar, dass noch nicht alles bis in letzte Detail umgesetzt sein kann, aber es braucht eine formulierte übergreifende Strategie und eine konkrete Roadmap für die Umsetzung. Einer Fondsgesellschaft, die diese Hausaufgaben nicht gemacht hat, fehlt es an Glaubwürdigkeit – gegenüber den Talenten, aber auch gegenüber den Kunden.
Manuela Klos: Das kommt darauf an. Wir haben ja gerade gesagt, dass das ein Thema ist, dass sich durch das ganze Unternehmen zieht. Wenn man seinen Fuhrpark oder das Gebäudemanagement umstellen möchte, dann braucht es eher keine externe Expertise. Wenn man im Fondsmanagement aber beispielsweise Engagement-Themen integrieren möchte, also die aktive Ausübung von Stimmrechten und den regelmäßigen Dialog mit den Unternehmen, mit dem Ziel potentielle Risiken zu minimieren und eine nachhaltige Entwicklung bei den Unternehmen zu fördern, dann macht es durchaus Sinn, sich mit entsprechender Expertise zu verstärken. Bei der Integration von ESG-Kriterien in Investitionsentscheidungen braucht es zudem mindestens einen Datenanbieter, der eine Vielzahl von ESG-Kriterien regelmäßig erhebt und entsprechende Analysen zur Verfügung stellt. Das inhouse neu aufzubauen macht keinen Sinn, da gibt es gute Anbieter auf dem Markt. Am besten solche, die in diesem Bereich mit Machine Learning Programmen, also dem Einsatz künstlicher Intelligenz arbeiten, um so zeitnah wie möglich relevante Informationen zu erhalten und entsprechende Investmententscheidungen ableiten zu können. Unabhängig davon ist es natürlich dringend anzuraten, sich in dem Themenkomplex grundsätzlich weiterzubilden und up-to-date zu halten. Wer das nicht tut, stellt sich selbst schnell ins Abseits.
Manuela Klos: Glaubwürdig und erfolgreich kann man immer nur dann etwas umsetzen, wenn man es selbst auch vorlebt. Das ist bei einer stärkeren Fokussierung auf ESG-Themen nicht anders wie bei anderen Themen. Das heißt aber auch, man muss zunächst bei sich selbst anfangen – und das ist meist der größte Schritt. Ein Wandel hat immer etwas mit Veränderung zu tun – und Veränderungen mögen die meisten Menschen gar nicht. Denn das heißt auch: raus aus der Komfortzone, jetzt wird es unbequem! Nehmen Sie nur das Thema Diversity, das auch zu ESG gehört. Mehr Diversität in (Management-) Gremien hat nun mal zur Folge, dass man sich auch mit anderen Denkmustern auseinandersetzt und bewusst Konformität aufgibt. Das kann für den einen oder anderen sehr anstrengend werden. Aber genau darum geht es auch bei dem internen Wandel, den Sie ansprechen. Nur wenn die Führungskraft sich diesen Themen und Herausforderungen stellt, kann Wandel wirklich gelingen.
Manuela Klos: Diese Haltung, sich etwas „vergolden“ zu lassen, wenn man zum Konkurrenten springt, also das „klassische Söldnertum“, trifft man heute grundsätzlich immer seltener an. Sowohl unter ESG-Experten, als auch unter anderen Kandidaten. Es geht nicht mehr darum, von einem Arbeitgeber zum nächsten zu springen, um sein Gehalt zu maximieren. Vielmehr rücken andere Kriterien in den Vordergrund: Was ist das WARUM der Firma und wie kann ich mich damit identifizieren? Welche Werte werden nicht nur proklamiert, sondern auch gelebt? Wie gut passen Aufgabe und Firma in mein Leben? Die Bedeutung der weichen Faktoren und auch die damit einhergehenden Anforderungen an die Arbeitgeber ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen – nicht nur unter jüngeren Kandidaten. Und das ist gut so, denn Geld alleine hat noch nie glücklich gemacht.
Manuela Klos: Ja klar, lassen Sie uns bei dem brandaktuellen Thema Diversity bleiben. Wir besetzen regelmäßig herausgehobene Positionen mit weiblichen Top-Managerinnen und setzen uns aktiv für mehr Diversität in Führungsgremien ein. Das ist aktuell neben den stark disruptiv geprägten Technologie-Themen ein ganz klarer Schwerpunkt unserer Arbeit. Manchmal gilt es da durchaus noch eine „harte Nuss“ zu knacken, weil es eben wie bereits erwähnt die erforderliche Offenheit für Veränderungen und „Anderssein“ braucht. Es ist hilfreich, dass wir uns bei Odgers Berndtson schon sehr früh mit diesen Themen auseinandergesetzt haben und heute auf einen Pool weiblicher Führungskräfte zurückgreifen können, die wir zum Teil schon seit vielen Jahren begleiten.
Auch gehört es zu unseren Aufgaben, unsere Mandanten für diese Themen zu sensibilisieren. Wir helfen ihnen zum Beispiel dabei, interne Förderprogramme für talentierte Frauen aufzusetzen, um so auch den eigenen Nachwuchs sicherzustellen. Auch bieten wir für ausgewählte Mandanten Female-Mentoring-Programme an, im Rahmen derer wir selbst für interne Potentialträgerinnen als externe Sparrings-Partner zur Verfügung stehen.
Manuela Klos berät Mandanten bei der Besetzung von Führungspositionen in Banken, FinTechs und bei Asset Managern. Mit mehr als 25 Jahren Erfahrung als Managementberaterin und Führungskraft in Finanzinstituten versteht sie, welche Führungspersönlichkeiten in einem zunehmend dynamisierten Umfeld einen Unterschied machen und Transformationsprozesse und strategische Neuausrichtungen treiben können. Sie ist Mitglied der globalen Blockchain Practice und des nationalen AI-Teams und fungiert als Bindeglied zwischen FinTechs und etablierten Instituten. Vor Ihrem Eintritt bei Odgers Berndtson verantwortete sie als Generalbevollmächtigte das Privatkundensegment und das Vermögensmanagement einer regionalen Privatbank, war als CCO Mitglied der Geschäftsleitung einer Fondsplattform und hat als Mitglied des nationalen Führungsteams Europas größter Nachhaltigkeitsbank eng mit dem eigenen Asset Manager, einem der Pioniere des nachhaltigen Asset Managements, zusammengearbeitet. Als Managementberaterin hat sie Privatbanken und Asset Manager in strategischen Fragen beraten. Manuela Klos bringt internationale Erfahrung und fundiertes Wissen rund um das Thema Nachhaltigkeit in Banking und Asset Management mit. Sie engagiert sich insbesondere für mehr Diversity in Managementgremien und ist Mitautorin des im Otto Schmidt Verlag erschienen Buches „Nachhaltigkeit im Bankensektor“.