e-fundresearch.com: Herr Depoux, die La Française Real Estate Managers sind in Frankreich sehr bekannt, weniger im deutschsprachigen Raum. Können Sie uns kurz umreißen, was die Immobiliensparte ausmacht?
Philippe Depoux: La Française Real Estate Managers (REM) ist eine der vier Vermögensverwaltungsgesellschaften, die zur La Française Gruppe gehören. Seit fast fünfzig Jahren ist sie auf die Verwaltung von Immobilienvermögen spezialisiert und hat derzeit europaweit mehr als 32 Mrd. Euro (Stand: 31.12.2022) Assets under Management. Als führende Verwaltungsgesellschaft1 von kollektiven Immobilienanlagevehikeln in Frankreich bietet sie privaten Anlegern eine breite Fondspalette und institutionellen Investoren zahlreiche maßgeschneiderte Lösungen an. Letztere umfassen vor allem Core/Core+-Strategien, aber auch Value-Added- und neuerdings auch Opportunistic-Strategien. Die Verwaltungsgesellschaft hat sich in den letzten zehn Jahren durch den Aufbau einer Immobilienplattform und der Eröffnung von Investment- und Vermögensverwaltungszentren in London, Frankfurt und – seit kurzem – München international aufgestellt. Sie nutzt ihre internationale Infrastruktur, um für ihre französischen und internationalen Kunden, vor allem aus Asien, Immobilien in ganz Europa zu erwerben. 10% unseres verwalteten Vermögens befinden sich außerhalb Frankreichs, wobei Deutschland den größten Anteil ausmacht. Aufgrund der stark gestiegenen Nachfrage asiatischer Investoren, insbesondere nach europäischen Immobilien, hat La Française REM nach der Eröffnung eines Büros in Seoul im Jahr 2016 im vergangenen Sommer ein Büro in Singapur eröffnet.
e-fundresearch.com: Was sind ihre Zielmärkte für 2023? Und wie sieht Ihre Diversifizierungsstrategie aus?
Depoux: Es beginnt eine neue Ära. Die Rückkehr der Inflation hat der akkommodierenden Geldpolitik den Todesstoß versetzt und zu einem Anstieg der Finanzierungskosten geführt. Die Einschätzung des finanziellen Umfelds ist zurzeit noch schwierig. In unsicheren Zeiten sollten wir unsere Anlagestrategien an den langfristigen und strukturellen Trends des Immobilienmarktes ausrichten:
Der Kampf gegen den Klimawandel stellt nicht nur eine wichtige Verpflichtung für uns dar, sondern ist seit langem eine unserer Überzeugungen. Er ist jedoch auch eine immer entscheidendere Anforderung der Regulierungsbehörden und der Nutzer, mit immer deutlicheren Auswirkungen auf den Immobilienwert.
Wachsende Urbanisierung ist ein weiterer entscheidender Faktor. Daher spielen Zentralität und Erreichbarkeit für Unternehmen bei der Standortwahl mehr denn je eine wichtige Rolle. Bevorzugt werden Standorte in der Nähe öffentlicher Verkehrsverbindungen.
Demografie ist ein langfristiger struktureller Trend. Die Überalterung der Bevölkerung und die Verkleinerung der Haushalte führen zu einer zusätzlichen Nachfrage nach Gesundheitsimmobilien und betreutem Wohnen. Gleichzeitig führt das Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge aus dem Erwerbsleben zu einem Mangel an Arbeitskräften. Diese Entwicklung erhöht die Notwendigkeit für Unternehmen, Talente zu binden und ihren Mitarbeitern qualitativ hochwertige Arbeitsbedingungen zu bieten.
Die De-Globalisierung und die daraus resultierende Fragmentierung dürften zu einer Divergenz in der wirtschaftlichen Entwicklung der einzelnen Länder führen und damit die Notwendigkeit einer geografischen Diversifizierung verstärken. Die Autarkie im Sinne der nationalen Sicherheit setzt logischerweise eine weitgehende Verlagerung der Lieferketten voraus. Durch die notwendige Entwicklung lokaler Produktionsstätten wird die Nachfrage nach Industrieflächen sowohl für die Produktion als auch für die Lagerung unterstützt.
La Francaise REM wird 2023 ihre Strategie der Diversifizierung nach Region oder Asset-Typ fortsetzen und in Immobilien mit defensivem Profil investieren, deren Wertentwicklung von diesen Trends profitieren werden. Das Unternehmen wird weiterhin in Großstädten investieren, in denen Grundstücke knapp sind. Beispiele für solche „demografischen Vermögenswerte“ sind Immobilien im Bereich des Gesundheitswesens oder des klassischen und betreuten Wohnens. Darüber hinaus wird sie in Lager- und Logistikimmobilien in Ballungsgebieten investieren.
Mit Ende der Niedrigzinsphase dürfte die Mietrendite der wichtigste Performancetreiber für Immobilienanlagen werden. Unser Ziel ist es, unserer Mieteinnahmen zu steigern, indem wir folgendes bevorzugen: (i) Objekte, deren Mieten tatsächlich mit der Inflation korrelieren, wie z. B. Hotels, (ii) Marktsegmente, in denen die Nachfrage das Angebot übersteigt, (iii) den Ausbau der nachhaltigen Eigenschaften unserer Objekte, um neuen Nutzungen oder neuen Umweltstandards gerecht zu werden.
e-fundresearch.com: Die Ökonomen sind für 2023 angesichts des Inflationshöhepunkts in Europa und der Straffung der Geldpolitik im ersten Quartal 2023 sehr vorsichtig. Werden Sie Ihre Investitionsziele für 2023 zurückschrauben?
Depoux: Aufgrund des schwierigen Wirtschaftsklimas und des deutlich nachlassenden Leverage-Effekts durch steigende Finanzierungszinsen bedeuten geringere erwartete Mittelzuflüsse, dass wir das Tempo unserer Investitionen anpassen müssen. Wir gehen von einem leichten Rückgang des Investitionsvolumens gegenüber 2022 auf unter 1,4 Mrd. Euro in ganz Europa aus. Bei den Investitionen im Auftrag institutioneller Anleger rechnen wir jedoch mit einem Anstieg.
e-fundresearch.com: Welche Rolle spielt ESG heute in Ihrem Unternehmen? Wie wollen Sie gegen Greenwashing vorgehen?
Depoux: Unsere Teams berücksichtigen ESG-Faktoren in jeder Phase einer Immobilie. In der Auswahlphase erfolgt die ESG-Due-Diligence parallel zur technischen, rechtlichen und finanziellen Due Diligence.
Wir bekämpfen „Greenwashing“, indem wir präzise Fahrpläne für alle unsere Stakeholder (intern und extern) aufstellen. Jeder kennt seine Aufgaben, während wir die Fortschritte überwachen. Vor allem aber sind wir transparent. Wir veröffentlichen Jahresberichte, in denen wir unser Engagement, unsere Maßnahmen und die erzielten Fortschritte ausführlich darstellen.
e-fundresearch.com: Einige Experten sind der Meinung, dass man den Kohlenstoff-Fußabdruck eines Assets über seine gesamte Lebensdauer hinweg betrachten sollte. Wie beabsichtigen Sie, Ihre operativen und damit verbundenen Emissionen zu reduzieren?
Depoux: Unser nachhaltiger Ansatz basiert auf der Einhaltung der internationalen Ziele des Pariser Abkommens. Die durchschnittlichen Emissionen aus dem Betrieb unserer Assets haben wir an dem Dekarbonisierungsziel von 1,5°C ausgerichtet. Um diese Ziele zu erreichen, sind wir auf die aktive Mitarbeit der Nutzer unserer Gebäude angewiesen. Darüber hinaus haben wir eine „Charta für nachhaltiges Bauen“ entwickelt, in der die Mindeststandards festgelegt sind, die beim Bau oder bei größeren Umstrukturierungsmaßnahmen erreicht werden müssen. Beispielsweise verlangen wir für all diese Maßnahmen eine Ökobilanz, die uns einen Gesamtüberblick über den in unseren Anlagen gebundenen Kohlenstoff gibt.
e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Interview und die Einblicke Herr Depoux!
[1] Quelle: ASPIM in Bezug auf die Kapitalisierung zum 30.9.2022