Emerging Markets: Wachstum zu moderaten Preisen

Rajiv Jain, Manager des Vontobel Emerging Markets Equity, setzt auf Indien, Brasilien und Südafrika. Warum er die Emerging Markets weiterhin für die attraktivste Asset-Klasse überhaupt hält, hat er e-fundresearch.com im folgenden Interview geschildert. Managers | 04.05.2005 16:00 Uhr
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Unterschied zwischen günstig und unterbewertet

e-fundresearch: Wie sieht die aktuelle regionale Asset Allokation Ihres Fonds aus? Welche Märkte sind derzeit besonders günstig, welche eher teuer?

Rajiv Jain: Es gibt einen bedeutenden Unterschied zwischen günstig und unterbewertet. Wir investieren in Unternehmen, die im Vergleich zu ihrem künftigen Ertragswachstum unterbewertet sind. Wir spekulieren nicht auf Titel, die absolut gesehen günstig sind. Wir finden immer noch Unternehmen, die unseren Qualitätsanforderungen entsprechen und gleichzeitig deutlich unter dem inneren Wert notieren. Wir haben ein beträchtliches Exposure in Indien (ungefähr 18% des Portefeuilles), Brasilien (rund 14%) und Südafrika (etwa 11%) und bevorzugen dort die Basiskonsumgüter- und die Finanzdienstleistungsindustrie.  In den Sektoren Energie, Rohstoffe, Informatik und Telekommunikation haben wir jedoch massive Untergewichte.

Jain hält ein aktives Qualitätsportfolio

e-fundresearch: Wie heben Sie sich von herkömmlichen globalen Schwellenländeraktienfonds ab?

Rajiv Jain: Als Value-Investoren suchen wir nach Gesellschaften mit einem berechenbaren und erfolgreichen Geschäftsmodell, die unterbewertet sind. Da wir grossen Wert auf Qualität legen, führt das zu einem Portefeuille, das vom Index deutlich abweicht. Wir sind aktive Fondsmanager, und unser Portefeuille reflektiert diesen Anlagestil.

e-fundresearch: Wie stellt sich das makroökonomische Umfeld für Aktien aus Industrie- bzw. Schwellenländern aus? Mit welchen Renditen und Risiken können Anleger bei globalen Industrieaktien bzw. Schwellenländeraktien in den nächsten Jahren rechnen? Geht die starke Outperformance von Schwellenländern gegenüber Industrieländern weiter?

Rajiv Jain: Die Analyse makroökonomischer Trends spielt für unseren Anlageansatz eine untergeordnete  Rolle. Wir stützen unsere Investmententscheide zum Beispiel nicht auf Wechselkursprognosen oder Wachstumszahlen. Wir versuchen hingegen, die Zukunftsaussichten der einzelnen Geschäftsmodelle abzuschätzen, was als Bottom-up-Prozess bezeichnet wird. Ein Top-down-Investor wird dagegen am Anfang seines Entscheidungsprozesses attraktive Länder und Branchen herausfiltern. Falls er an steigende Ölpreise glaubt, wird er in die Ölindustrie investieren.

Als Bottom-up-Investoren betrachten wir die  Gesellschaft als solche. Wir investieren so, als würden wir das Gesamtunternehmen kaufen und nicht nur ein Aktienpaket. Wir glauben, dass der gegenwärtige Wert eines Geschäftes den abgezinsten Wert künftiger aufaddierter Cash Flows reflektiert. Wenn wir diese zukünftigen Einkommensströme schätzen, analysieren wir sowohl die Stärken und die Schwächen der Gesellschaft wie auch die bestimmenden Faktoren des Sektors, in dem sie tätig ist.

Unser Vontobel Fund – Emerging Markets Equity bietet dem langfristig orientierten Anleger nach wie vor hervorragende Perspektiven: Das Portfolio weist auf Basis der erwarteten Gewinne ein Vielfaches von zwölf sowie eine Dividendenrendite von 2,7 Prozent auf und sollte zweistellig wachsen.

"Alles erscheint wie ein Déjà-vu"

e-fundresearch: Der MSCI Emerging Markets Free brach im März um über sechs Prozent ein. Was waren die Gründe dafür?

Rajiv Jain: Wegen der starken Aufwärtsentwicklung in den letzten zwei Jahren haben wir trotz unserer zuversichtlichen Grundeinschätzung stets den Standpunkt vertreten, dass die Unternehmensgewinne die Marktentwicklung  einholen werden. Diese Phase scheint jetzt gekommen zu sein.  Obwohl sich die Bewertungsmultiples weiter verengen und die Zinsen steigen, ist in den kommenden zwölf Monaten eine ordentliche Performance zu erwarten; alles erscheint wie ein Déjà-vu. Die Fundamentaldaten, geprägt von riesigen Leistungsbilanzüberschüssen und Reserven, waren für den Grossteil Asiens noch nie so gut wie zurzeit.

Anders als Anfang bis Mitte der Neunzigerjahre, als die Wechselkurse noch an ausländische Währungen gebunden waren und die Zinsen im Zuge der monetären Straffung des Fed Anfang 1994 kletterten, beginnen sich die Zinsen jetzt abzukoppeln. Verschärft wurde die Situation damals noch durch die Leistungsbilanzdefizite der meisten Schwellenländer-Volkswirtschaften, wobei die niedrigen Reserven die Währungen einbrechen liessen. Das war in sämtlichen Schwellenmärkten der Welt zu spüren. Das Bild hat sich völlig gewandelt. Ausgehend von einem langfristigen Aufwärtstrend würden Ausverkäufe in unseren Augen gute Gelegenheiten für Zukäufe bieten.

"Schwellenländer immer noch unterbewertet"

e-fundresearch: Sie sind auch Fondsmanager von globalen Aktienmandaten. Wie stellen sich die Bewertungen globaler Schwellenländeraktien im Vergleich zu entwickelten Länder aus? Sind Aktien aus Schwellenländern nicht schon sehr teuer?

Rajiv Jain: Mit einem Ertragswachstum von 22 Prozent über die letzten zwei Jahre und wegen der deutlich besseren Bilanzkennzahlen erscheinen uns die Schwellenländer nach wie vor unterbewertet. Ausserdem bewegen sich die Kurs-Gewinn-Verhältnisse der Aktien aus Schwellenländern im einstelligen Bereich. Wir halten die Emerging Markets weiterhin für  die attraktivste Anlageregion, denn sie bieten solides Wachstum zu moderaten Preisen!

e-fundresearch: Vielen Dank für das Gespräch!

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