Peter Till verwaltet den erst im April 2005 neu aufgelegten ff austria select Fonds. Doris Stadler den etwas über ein Jahr jungen Allianz Invest Austria Plus der Allianz Invest Kapitalanlagegesellschaft m.b.H.
In folgendem Interview hat e-fundresearch.com die Manager dieser relativen neuen Österreich-Aktien-Produkte (der Allianz Invest Austria Plus darf zudem bis zu 30 Prozent des Fondsvolumens in osteuropäische Werte veranlagen) für Sie zu Ihren aktuellen Einschätzungen für den ATX Prime Index befragt.
e-fundresearch.com: Nach einer Hausse - die dem ATX Prime Index in den letzten drei Jahren zu einem kumulierten Kursplus von 191 Prozent verholfen hat - gab der Index im Oktober um rund acht Prozent nach. Wie sehen Sie die weiteren Aussichten des Wiener Aktienmarktes bis Jahresende?
Peter Till: Ich glaube schon, dass wir gegen Ende des Jahres noch einen Kursanstieg, also eine Jahresendrallye sehen werden. Die Kursrückgänge waren schließlich auch nicht auf fundamental schlechte Daten der österreichischen Unternehmen zurückzuführen, sondern großteils auf schwache internationale Vorgaben.
Doris Stadler: Nach der bereits erwähnten starken Kursperformance der letzten 3 Jahre sowie auch der starken Performance seit Jahresbeginn sehen wir die Korrektur der vergangenen Wochen nicht als Trendwende sonder eher als eine Verschnaufpause an. Derartige Entwicklungen geben bestehenden Investoren die Möglichkeit, Gewinne mitzunehmen sowie neuen Investoren die Möglichkeit, zu attraktiveren Kursen in den Markt einzusteigen.
e-fundresearch.com: Anleger - die den Großteil des Aufschwunges der Wiener Börse nicht mitgemacht haben - stehen jetzt vor der Frage, ob diese Korrektur zum Einstieg genutzt werden sollte. Wie lautet Ihr Rat?
Peter Till: Ein klares Ja. Die Unternehmen sind ja nicht jetzt plötzlich um bis zu 15% weniger wert. Der news flow stimmt weiterhin, die Unternehmen erzielen gute Ergebnisse, wie z.B. Verbund vor ein paar Tagen.
Doris Stadler: Wir sind weiterhin der Überzeugung, dass österreichische Aktien auch in Zukunft ein attraktives Investment darstellen werden. Da österreichische Unternehmen bereits große Teile ihres Umsatzes in Emerging Markets wie Osteuropa, China und Südamerika generieren, ist es ihnen dadurch möglich, überproportionale Wachstumsraten zu verzeichnen. Da Aktieninvestments im Allgemeinen jedoch immer ein längerfristiger Anlagehorizont zugrunde liegen sollte, empfehlen wir den Einstieg über einen Fonds-Sparplan, um das Timing-Risiko zu reduzieren.
e-fundresearch.com: Was war eigentlich der konkrete Auslöser für die jüngste Kursschwäche? Waren es eher internationale institutionelle Investoren oder haben heimische Anleger durch Verkäufe den Kursrutsch ausgelöst?
Doris Stadler: Gründe für die Kursschwäche waren wie bereits erwähnt Gewinnmitnahmen von internationalen sowie auch von heimischen Anlegern. Diese wurden vor allem durch Inflationsängste und damit einhergehende Unsicherheiten bezüglich stärkerer Zinsanstiege in den USA ausgelöst. Da ein steigendes Zinsniveau in den USA aufgrund der sich verringernden Zinsdifferenz Gift für die Emerging Markets darstellt, mussten diese stärkere Kursverluste als die entwickelten Märkte hinnehmen. Dieser Entwicklung konnte sich die Wr. Börse aufgrund der bereits erwähnten Abhängigkeit von den Emerging Markets nicht entziehen.
Peter Till: Sowohl als auch. Sicherlich gibt es viele, die sich die gute Jahresperformance sichern wollen, sowohl im In- als auch im Ausland. Mittel- bis langfristig gibt es aber zu viele gute Argumente für Wien, sodass sich ein genereller Ausstieg aus dem Markt nicht lohnt. Tradinggewinne sind nur dann auch gute Gewinne, wenn man nur zur richtigen zeit auch wieder in den Markt einsteigt.
e-fundresearch.com: Welche IPO´s stehen 2006 an der Wiener Börse bevor und wie wird sich dies auf die Liquidität des Aktienmarktes auswirken?
Doris Stadler: Welche Unternehmen sich im kommenden Jahr über den Wiener Kapitalmarkt finanzieren werden, ist derzeit nicht absehbar und wird von der jeweiligen Börsen- und auch Unternehmensentwicklung abhängen. Betreffend Liquidität sind in den letzten Jahren jedoch zwei Tendenzen zu beobachten: einerseits erhöhte sich die Liquidität aufgrund von Privatisierungsschritten sowie Kapitalerhöhungen zur weiteren Wachstumsfinanzierung und andererseits sind durch Übernahmen auch einige Unternehmen vom Kurszettel der Wiener Börse verschwunden, was sich negativ auf die Gesamtmarktliquidität und die Marktkapitalisierung auswirkte.
Peter Till: Neben dem geplanten Börsegang der Post stehen eine Reihe von Kapitalerhöhungen (z.B. Erste Bank) im Raum. Eine Erhöhung des Eigenkapitals der Unternehmen kombiniert mit einem höheren free float Faktor erhöht zwangsläufig auch die Liquidität des Titels.
e-fundresearch.com: Welchen Anlagehorizont empfehlen Sie Anlegern in Ihrem Fonds und mit welcher langfristigen Rendite kann man dabei rechnen? (in den letzten 10 Jahren erzielte der ATX Prime Index eine p.a. Rendite von 13 Prozent bei einer Standardabweichung von 16 Prozent).
Peter Till: Der Anlagehorizont sollte zumindest 5 Jahre sein. Mit dem ff austrian select haben wir allerdings eine klar geringere Volatilität als der ATX Prime Index, nämlich 10% erzielen können. Ich gehe im Fonds weiterhin von einer klar zweistelligen Rendite in den nächsten Jahren bei geringerem Risiko als Benchmark und Mitbewerber aus.
Doris Stadler: Die Allianz Invest Kapitalanlagegesellschaft m.b.H. bietet Ihren Kunden eine Reihe von Investmentfonds verschiedenster Risikoklassen. Wir empfehlen bei jedem Investment eine Mindestbehaltedauer, um die unterschiedlich hohen Kursschwankungen zu glätten. Beim Allianz Invest Austria Plus beträgt die von uns empfohlene Behaltedauer ab 8 Jahre. Je höher das Risikoprofil gewählt wird, desto höher sind die Ertragschancen, jedoch ist der Fonds höheren Preisschwankungen ausgesetzt.
Die Rendite wird von der wirtschaftlichen Entwicklung in den osteuropäischen Nachbarstaaten Österreichs sowie natürlich vom ATX selbst abhängen.
e-fundresearch.com: Der Allianz Invest Austria Plus investiert neben Österreich auch in Osteuropa. Wie sind Sie in dieser Region aktuell gewichtet, vor allem in Relation zu Ihrem minimalen und maximalen Gewicht bzw. warum?
Doris Stadler: Derzeit liegt die Gewichtung in osteuropäische Werte bei ca. 15%. Hauptsächlich liegt der Fokus der Fonds auf österreichischen Werten, wobei Investments in osteuropäische Werte rein opportunistisch sowie aus Diversifikationsgründen vorgenommen werden. Derzeit liegen die Minimal- bzw. Maximalgewichtungen bei 0 bis 30%.
e-fundresearch.com: Frau Stadler, im Vergleich zwischen der Wiener Börse und Osteuropa: Wie sehen Sie den Bereich Corporate Governance? Wo wird Corporate Governance aktiver gelebt und welche Auswirkungen hat dies auf die jeweiligen Aktienmärkte?
Doris Stadler: Im Bereich Corporate Gonvernance zählt die Wiener Börse sicher zu den Vorreitern in Europa. Wir glauben nicht, dass sich eine verbesserte Corporate Governance wesentlich auf Aktienmärkte auswirkt, sondern dass gesetzlichen sowie technischen Rahmenbedingungen eines Börsenplatzes mehr Bedeutung beigemessen wird.