Asien: Hält die Outperformance an?

In den vergangenen fünf Jahren konnten Aktien aus der Region Asien ex Japan andere Weltregionen deutlich schlagen. Wie lange geht das noch so weiter? e-fundresearch fragte Rajiv Jain, Fondsmanager des Vontobel Fund - Far East Equity und Hans Hoelzl vom UniAsiaPacific. Managers | 26.04.2006 07:03 Uhr
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Warum Asien outperformte

e-fundresearch: In den vergangenen fünf Jahren hat der MSCI Asia Pacific ex Japan Index besser abgeschnitten als alle anderen breiten MSCI-Regionalindizes. Welche Gründe gab es dafür?

Rajiv Jain: Das waren drei Gründe: Die rasante wirtschaftliche Globalisierung, die durch neue Technologien weiter vorangetrieben wurde, die Urbanisierung Chinas und Indiens und der daraus resultierende Wettbewerb. Ein starkes weltweites Wirtschaftswachstum und stabile Inflationsaussichten. Steigende Unternehmensgewinne, die für ein anhaltend attraktives Kurs-Gewinn-Verhältnis sorgen. Und Finanzreformen und -innovationen, durch die breitere Anlegerschichten erreicht werden konnten. Hans Hoelzl: Der Hauptgrund dürfte in der schweren Gewichtung des australischen Aktienmarktes liegen. Nicht nur die Börse dort hat in den letzten Jahren kontinuierlich zulegen können sondern auch die Währung. Ebenso ist die Gewichtung von Taiwan in diesem Index vergleichsweise niedrig: Ein Markt der in den letzten Jahren durchweg schlechter gelaufen ist als alle anderen Märkte.  Indien ist ein weiterer Bestandteil dieses Index. Dieser Markt war mit Abstand der Beste in den letzten 5 Jahren. Da Indien zu den Emerging Markets gezählt wird, berücksichtigen einige Indizes diesen Markt nicht.

„Asien wird weniger exotisch“

e-fundresearch: Die Entwicklung Chinas hat offenkundig einen maßgeblichen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Region. Welches wirtschaftliche Wachstum erwarten Sie in China für das Jahr 2006 und danach und welche Folgen ergeben sich daraus für die asiatischen Aktienwerte?

Rajiv Jain: Ein zunehmender Anteil der globalen Nachfrage stammt aus China (und Indien) und wir gehen davon aus, dass das Interesse der Anleger an dieser Asset-Klasse weiter zunehmen wird. Die Breite und Tiefe der Anlagen in den asiatischen Schwellenmärkten nimmt zudem zu. Ein Grund hierfür ist, dass diese Anlageklasse von immer mehr Anlegern als normal angesehen wird. Sie gilt längst nicht mehr als so exotisch wie früher.

Hans Hoelzl: Das BIP-Wachstum per se ist noch lange kein Garant für steigende Aktienkurse. Oftmals ist genau das Gegenteil der Fall - nämlich dann, wenn der Hauptgrund dieses Wachstums in massiven Kapazitätserweiterungen liegt, die dann wiederum zu einem „Over supply“ führen. Genau dies war in China von 1992-2001 der Fall. Auch heute wächst die chinesische Wirtschaft größtenteils durch massive in- und ausländische Investitionen in Anlagegüter. Anders als vor 10 Jahren spielt aber auch der Konsum eine immer wichtigere Rolle. Auch das Pro-Kopf Einkommen hat einige für den Massenkonsum wichtige Hürden nach oben durchbrochen mit enormen Implikationen für bspw. den Tourismus in der Region, Altervorsorge, Energiebedarf und Mobilität. Genau von diesen Trends sollte auch die Region als Ganzes profitieren (wie auch entsprechend ausgerichtete Unternehmen und deren Aktien).

China: Auswirkungen des Fünfjahresplans

e-fundresearch: Der Fünfjahresplan, den die chinesische Regierung im März beschlossen hat, lässt nicht auf größere Veränderungen in China schließen. Der Plan geht von einer bescheidenen Verdopplung des Pro-Kopf-BIP zwischen 2000 und 2010 aus. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus und hat dieser einen Einfluss auf Ihre Anlagestrategie?

Hans Hoelzl: Wenn man den Report genauer liest, gibt es dort sehr wohl einige signifikante Veränderungen in der geplanten, zukünftigen Zusammensetzung des BIP - sei es sektoral oder regional. So ist sich die Regierung in Peking sehr wohl bewusst, dass man die Wirtschaft verstärkt auf eigenen Konsum trimmen muss, um ihr mehr Stabilität zu verleihen und sie weniger anfällig gegenüber etwa Investitionschocks zu machen. Zu diesem Zweck will man das Wirtschaftswachstum verstärkt in die ländlichen Regionen im Westen und Norden Chinas tragen. Bisher haben nur der reiche Süden und die östlichen Küstenregionen vom Wirtschaftsboom profitiert. Deswegen blieben und bleiben -teils massive- soziale Spannungen in weniger entwickelten Regionen an der Tagesordnung. Auf der Aktienseite versuche ich diese geplanten Veränderungen durch verstärktes Engagement in Konsum, Transport und Immobilien  zu spielen. Auch der zunehmende Bedarf an Altersvorsorge und Gesundheitsdienstleistungen erscheint hier interessant.

China vs. Indien

e-fundresearch: Welche Aktien bieten Ihrer Ansicht nach ein höheres Steigerungspotenzial in den nächsten fünf Jahren: China oder Indien?

Rajiv Jain: Die chinesische Wirtschaft boomt weiter und die Reform der Finanzmärkte kommt gut voran. Trotz der großen Fortschritte bei den wirtschaftlichen Reformen, leidet der Finanzmarkt nach wie vor unter einem beschränkten Zugang für institutionelle und private Anleger. Hier vollzieht sich eine Änderung. Neben dem starken, stabilen und nicht inflationären Wachstum (China ist mittlerweile die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt) wird unser Optimismus auch durch neue chinesische Initiativen gestärkt, mit denen man die sozialen Unruhen – unseres Erachtens einer der größten Risikofaktoren – in den Griff bekommen will. Wir erwarten zudem, dass sich die Aufwertung der chinesischen Währung in Grenzen halten wird, was die Wachstumsaussichten noch verbessert.

Indien macht bei der Öffnung seiner Märkte für internationale Anleger ebenfalls gute Fortschritte. Die politischen Strukturen Indiens eignen sich weniger für entschlossene Reformen und dringend notwendige Infrastrukturmaßnahmen, sodass Indien langfristig das Nachsehen gegenüber China haben könnte. Der neue Atomwaffenvertrag mit den USA und die geplanten höheren Ausgaben für Infrastrukturmaßnahmen sind Schritte in die richtige Richtung.

Hans Hoelzl: Beide Volkswirtschaften sind unterschiedlicher als man es sich vorstellen kann, sei es in Bezug auf Wirtschaftsordnung, staatliche Interventionen, Sprache, Kultur, Wirtschaftsbereiche etc. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass beide in 15-20 Jahren extrem wichtige Volkswirtschaften im globalen Kontext sein werden. Von verlängerten Werkbänken wird dann niemand mehr sprechen. Auf der Aktienseite sollten beide stark davon profitieren. Es ist aber auch zu erwähnen, dass beide Aktienmärkte schon einiges von diesen Erwartungen eingepreist haben und zumindest zurzeit sehr rückschlagsanfällig erscheinen. Im Fonds versuche ich auch weniger in ganze Aktienmärkte zu investieren, sondern in Werte, die ein langfristig stabiles Geschäftsmodell aufweisen und  eine sehr starke, manchmal auch monopolartige Marktstellung besitzen. Beispiele hierfür wären: Börsen, Häfen, Stromerzeuger, Zigarettenhersteller etc. Einen nochmaligen 50%igen Anstieg von derzeitigen Levels in den nächsten 5 Jahren könnte ich mir vorstellen.

„Korea ist kein Schnäppchen mehr“

e-fundresearch: Wie wird sich Korea entwickeln und ist der koreanische Aktienmarkt nach den hohen Kurssteigerungen der letzten zwei Jahre nicht bereits überbewertet?

Rajiv Jain: Die Aufwertung des koreanischen Aktienmarktes ist auf hohe Unternehmensgewinne zurückzuführen, die wiederum das Resultat starker weltweiter Wachstumsraten und einer Erholung der Binnenkonjunktur sind. Die Bewertung ist immer noch attraktiv (10x 2006E). Die Bilanzen der Unternehmen sind gut und der freie Cashflow befindet sich nach einem starken Rückgang der Investitionsquote als Folge der Asienkrise auf einem Rekordhoch.

Die Schnäppchen der letzten Jahre gehören sicherlich der Vergangenheit an. Wir haben einige unserer koreanischen Positionen verkauft oder verringert, nachdem die Werte in den letzten Jahren kräftig zugelegt hatten. Das größte Länder-Engagement bildet jedoch nach wie vor Korea (24 % des Portfolios gegenüber 29 % für BM Index MSCI-Far East ex Japan).

Hans Hoelzl: Im Gegensatz zu beispielsweise Taiwan oder auch China ist Korea ein Aktienmarkt in dem man sehr breit über alle Sektoren diversifizieren kann. Teuer ist er im Vergleich zu anderen asiatischen Märkten keineswegs. Aber wie oben gesagt: auch hier muss man sich einzelne Aktien ansehen. Eine Aussage über den Gesamtmarkt ist wenig hilfreich. So gibt es im Bereich Bau, Konsum und Finanzdiensleistungen noch durchaus Werte die günstig zu haben sind.

Auswirkungen des US-Konsumenten

e-fundresearch: Welche Branchen halten Sie derzeit für besonders attraktiv und ist der potenziell nachlassende Konsumrückgang in den USA nicht eine große Gefahr für die Region?

Rajiv Jain: Die inländischen Konsumausgaben in den Schwellenmärkten, insbesondere in Asien, haben sich in den letzten Jahren deutlich erhöht und das abschwächende Exportwachstum in diesen Ländern wettgemacht. Wir haben unsere Portfolios auf einen nachhaltigen und steigenden Inlandskonsum ausgerichtet und finden nach wie vor attraktive Unternehmen in den Bereichen zyklische / nicht-zyklische Konsumgüter und in der Finanzbranche.

Hans Hoelzl: Letztere Frage basiert auf der Vorstellung, dass das Wohl und Wehe der Weltwirtschaft als auch Asiens immer noch vom amerikanischen Konsumenten abhängt. In der Tat ist die USA immer noch die dominante globale Wirtschaftsmacht (und auch rund 65% des BIP kommen aus dem Konsum der Amerikaner), aber andere Volkswirtschaften holen auf und verringern vor allem auch ihre Abhängigkeit von den USA. Dies wir besonders bei dem Größenverhältnis der Konsumenten deutlich: Wir sprechen von 280 Millionen Konsumenten in den USA und (potentiellen) 3.000 Millionen in Asien. Aber auch an der Börse wird eine gewisse Unabhängigkeit sichtbar: Der amerikanische Aktienmarkt dümpelt seit vier Jahren vor sich hin, während die Emerging Markets ohne Ausnahme eine fast schon berauschende Performance vorweisen können. Trotzdem: Sollte die US-Wirtschaft in den nächsten Jahren nicht so gut laufen (was schon seit Jahren vorhergesagt wird, aber bis heute nicht eintrat) wird man dies in Asien spüren wie auch anderswo. Auch für diesen Fall gilt: Die Aktienauswahl ist entscheidend. Zinssensitive Werte oder Märkte (wie Hongkong) dürften aufgrund niedrigerer Zinsen dann relativ profitieren. Exportlastige Märkte wie Taiwan oder Singapur dürften tendenziell eher schlechter laufen.

Abwärtsbewegungen nur Bull-Markt-Korrekturen?

e-fundresearch: Welche Risiken sehen Sie für die Asset-Klasse in den nächsten 12 bis 24 Monaten?

Rajiv Jain: Trotz des neuerlichen Höhenflugs der asiatischen Märkte bleibt das Risiko unseres Erachtens hoch. Nachdem im ersten Quartal Investitionszuflüsse in Rekordhöhe zu verzeichnen waren, wären Gewinnmitnahmen in einer seit jeher saisonal schwächeren Periode nicht verwunderlich. Aufgrund der strafferen monetären Rahmenbedingungen weltweit bieten sich zudem mehr Möglichkeiten, in risikoärmere Anlagen zu investieren, sodass sich das Risikoprofil der asiatischen Schwellenmärkte kurzfristig erhöht.

Unsere langfristigen Aussichten für die Schwellenmärkte bleiben positiv. Ungeachtet der zyklischen Boom-Phasen in der Vergangenheit glauben wir, dass sich ein grundlegender Wandel in den asiatischen Schwellenmärkten vollzieht. Es spricht unserer Meinung nach alles dafür, dass potenzielle Abwärtsbewegungen nichts anderes als Bull-Markt-Korrekturen sind.

Hans Hoelzl: Neben möglichen Streitigkeiten zwischen den USA und dem Iran sind die Hauptrisiken der Ölpreis und Geldabflüsse zugunsten Europa oder USA.

Wo die Luft noch nicht so dünn ist

e-fundresearch: Wie bewerten Sie allgemein die Aussichten für die asiatischen Aktien 2006/2007?

Rajiv Jain: Die Gewinne vieler Unternehmen auf den asiatischen Märkten sind dank einer steigenden globalen Nachfrage nach Fertigwaren und der zunehmend selbst tragenden Nachfrage innerhalb der Region stark gestiegen. Wir erwarten für 2006 dank eines knapp zweistelligen Gewinnwachstums und einer moderaten Marktkorrektur eine 15%ige Aufwertung der regionalen asiatisch-pazifischen Märkte. Die Bewertungen bleiben trotz eines nachlassenden Abschlags zu den USA attraktiv. Die Liquiditätsbedingungen verschärfen sich, wobei die Auswirkungen auf Asien moderat sein dürften. Ausgehend von einem knapp zweistelligen Gewinnwachstum und einer moderaten Marktkorrektur erwarten wir eine 15%ige jährliche Aufwertung bei den Unternehmen aus Fernost, die wir in den nächsten Jahren halten werden.

Hans Hoelzl: Ich erwarte schon seit einiger Zeit eine Verschnaufpause für die Region, aber die derzeitigen Mittelzuflüsse in die Emerging Marktes, v.a. in die BRIC Länder, treiben die Indizes immer weiter. Falls wir das Jahr auf dem gegenwärtigen Niveau beenden, wäre ich sehr zufrieden. Am meisten Potential gibt es zurzeit noch in Indonesien, Thailand und Malaysia. Überall anders erscheint die Luft schon sehr dünn.

e-fundresearch: Vielen Dank für das Gespräch!

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