Die Nationalratswahlen in Österreich stehen knapp bevor. Die Wiener Börse erholt sich derweilen von ihren Einbrüchen im Mai, kann aber seit den letzten Wahlen im Herbst 2002 auf eine unvergleichliche Erfolgsgeschichte verweisen. In den letzten vier Jahren (29.8.2002-2006) legte der Wiener ATX Prime Index um 223 Prozent zu und lies damit nahezu alle anderen Weltbörsen hinter sich.
Wie geht es in den nächsten Jahren weiter? Und vor allem, welche Österreich-Fonds bieten sich für ein Investment an?
Kurzfristig gibt es einen klaren Sieger: Seit Jahresbeginn schlug der Meinl Equity Austria mit einer Performance von 19,5 Prozent den ATX Prime Index nämlich um beachtliche 16,3 Prozent. Der zweitbeste Österreich-Aktienfonds, der ViennaStock der Sparkasse Oberösterreich, kam gerade einmal auf 10,8 Prozent YTD-Ertrag gefolgt vom Capital Invest Austria Stock mit 10,1 Prozent:
Performance seit Jahresbeginn 2006
- Meinl Equity Austria (+19,5%)
- Vienna Stock (+10,8%)
- Capital Invest Austria Stock (+10,1%)
- ESPA VINIS Stock Austria (+9,4%)
- Allianz Invest Austria Plus (+9,3%)
- Raiffeisen-Österreich-Aktien (+8,8%)
- ff austria select (+8,4%)
- 3 Banken Österreich-Fonds (+7,7%)
- KEPLER Österreich Aktienfonds (+7,6%)
- Balzac Austria Index (+5,4%)
- Swisscanto (CH) Equity Fund Austria (+4,8%)
- ESPA Stock Vienna (+4,6%)
- RT Österreich Aktienfonds (+3,2%)
ATX PRIME INDEX (+3,2%) - ATX EX (+3%)
- EMIF Austria Index Plus (+2,7%)
Langfristig - etwa gemessen an der risikoadjustierten Rendite (Sharpe Ratio) der letzten fünf Jahre - liegt weiterhin Friedrich Erhart mit seinem Capital Invest Austria Stock auf Platz eins (siehe Tabelle unten). Auf Platz zwei folgt aber bereits der Meinl Fonds.
Meinl: Gründe für die Outperformance
Wolfgang Matejka, Chief Investment Officer der Meinl Bank und Fondsmanager des Meinl Equity Austria, führt das gute Abschneiden seines Fonds vor allem auf sein Small und Mid Cap Übergewicht zurück: "Mit den großen ATX-Werten war heuer nicht zu verdienen, mit Smaller Caps wie Frauenthal, Intercell und Hirsch Servo dagegen schon eher", begründet er. Die meisten seiner Mitbewerber würden sich eben zu sehr am Index orientieren: "Zugegebenermaßen fällt es uns mit einem Fondsvolumen von 22 Millionen Euro auch leichter aktiv in kleinere Werte zu investieren als den großen Fonds", gesteht er.
Überhaupt sei 2006 ein gutes Jahr für Österreich Fonds: Dass alle aktiv veralteten Fonds besser abschneiden als der ATX Prime liege am schlechten Abschneiden der Indexschwergewichte. "Das Investmentfondsgesetz macht eine Nachbildung des ATX nahezu unmöglich, da maximal 10 Prozent des Fondsvolumens in einem Titel investiert sein dürfen. Wenn es mit den großen Indexwerten nach oben geht ist es deswegen schwer mitzuhalten, nach unten liegt man fast automatisch vorn", berichtet der Experte, der dieses Jahr sogar bereits als Vorstand der Wiener Börse im Gespräch war.
e-fundresearch sprach mit Matejka über die bevorstehenden Nationalratswahlen und was das für die Wiener Börse bedeutet:
"Nach den Wahlen geht´s im ATX rund"
e-fundresearch: Herr Matejka, im Oktober schreiten die Österreicher zu den Wahlurnen. Welche Auswirkungen werden die Wahlen Ihrer Ansicht nach auf die Börsen haben?
Wolfgang Matejka: Dem aktuellen Stand entsprechend gibt es eine Pattstellung vor der Wahl und daher wenig Bewegung im ATX. Danach gehts kurzfristig rund.
Auswirkungen auf die Anleihenmärkte
e-fundresearch: Gibt es hier neben jenen auf den Aktien- eigentlich auch Auswirkungen auf den Anleihenmarkt?
Wofgang Matejka: Ja, aber diese sollten weit geringer ausfallen, da die Spreads innerhalb Europas nur auf extreme Machtverschiebungen reagieren dürften. Sozialistisch dominierte Regierungen sollten grundsätzlich mehr emittieren und durch die daher verbesserte Liquidität könnten sich die Spreads dadurch leicht an Deutschland annähern.
e-fundresearch: Welche Bedeutung kommt den verbleibenden, möglichen Privatisierungsprojekten der ÖIAG - zu denen verschiedene Parteien unterschiedliche Ansichten haben - in diesem Zusammenhang zu?
Wolfgang Matejka: Eine relativ geringe, da kaum noch rasche Privatisierungskandidaten in der Schatulle verblieben sind. Eine Sonderstellung kommt eventuell der Telekom Austria zu. Die restlichen Unternehmen wie Asfinag oder ÖBB hätten noch Einiges an Restrukturierungsarbeit vor sich.
Wahlausgang: Status quo am besten
e-fundresearch: Welche Regierungskonstellation wäre aus Ihrer Sicht für den heimischen Kapitalmarkt wünschenswert?
Wolfgang Matejka: Kurzfristig wäre die Beibehaltung des Status Quo aus Unternehmenssicht am besten. Mittelfristig gilt es aber unbedingt den Pivatinvestor verstärkt an den Kapitalmarkt zu binden und da haben beide großen Lager noch viele Optionen offen gelassen.
Wunschliste an die neue Regierung
e-fundresearch: Wenn Sie die Möglichkeit hätten eine Wunschliste an die nächste Regierung heranzutragen, welche Punkte würden die ersten Plätze belegen?
Wolfgang Matejka: Aus Sicht des Kapitalmarktes wären meiner Meinung nach folgende Schritte wünschenswert:
- Fokussierung auf Privatinvestoren, wobei u.a. durch Steuerbegünstigungen die eigene, direkte Pensionsvorsorge forciert wird
- Fokussierung auf Neuemissionen für die Steuerzuckerln besondere Anreize schaffen. Zudem wäre die Schaffung eines eigenen Marktsegments für KMUs ein zukunftsweisender Schritt
- Informationsmaßnahmen welche die Wissensbildung im Publikum bezüglich Kapitalmarktethik, Wertschöpfung durch die Börse und deren Gesellschaften, Corporate Governance und verwandten Themen offensiv vorantreiben
Ich denke, das in Österreich liegende Privatvermögen müsste es jeder Regierung leicht machen, die Finanzierungsnotwendigkeiten - Stichwort Pensionslücke, Privater Konsum, Gesundheitswesen, Transportwesen - der kommenden Jahrzehnte zu meistern
e-fundresearch: Wie sehen Sie die aktuellen Gewinnaussichten für österreichische Unternehmen?
Wolfgang Matejka: Im Rahmen der Erwartungen. Österreichische Unternehmen haben versprochen und gehalten. Daran haben sich auch internationale Investoren gewöhnt. Das Vertrauen ist daher groß und die Verarbeitung von und in Zentral- und Osteuropa hilft, dieses Vertrauen zu rechtfertigen.
2006: Die weiteren Aussichten für den ATX
e-fundresearch: Wie lauten Ihre Aussichten für den ATX?
Wolfgang Matejka: Im Rahmen der Gewinnerwartungen. Mit rund zehn Prozent Gewinnwachstum dieses Jahr sollte auch die Jahresperformance des ATX für dieses Jahr erreicht sein.
e-fundresearch: Ist die Angst vor einer weiteren Konsolidierung begründet und wie lautet Ihr Ausblick für die nächsten zwölf Monate?
Wolfgang Matejka: Sie ist begründet aufgrund der internationalen Ereignisse, insbesondere der energiepolitisch dominierten globalen Konflikte.
Terror und globale Vermögensverschiebungen werden immer stärker durch Rohstoff- und insbesondere Rohölabhängigkeiten diktiert und finanziert.
Dies muss demnächst gelöst werden, sonst wird sich das inzwischen in den Märkten aufgestaute Risiko einmal kurzfristig und rasch entleeren müssen. Ein zweites 9/11 oder ein Ölpreis auf 100 Dollar/Barrel wünschen sich derzeit wohl die Wenigsten.
Der Ausblick auf die nächsten zwölf Monate kann sich naturgemäß nur in der Hoffnung auf friedliche Lösungen begründen, und ist daher verhalten positiv. Die Wachstumsraten für die nächsten Jahre sollten sich um fünd bis zehn Prozent pro Jahr für Österreich einpendeln. Zentral- und Osteuropa machen es möglich.
e-fundresearch: Vielen Dank für das Gespräch!
Alle Daten per 29.8.2006 in Euro
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