Hin und Her macht Taschen leer

Michael Keppler, u.a. Fondsmanager des Global Advantage Funds Major Markets High Value, erwartet in den kommenden Jahren bei Weltaktien nur unterdurchschnittliche Renditen. "Wenn Sie ein armer Schlucker bleiben wollen, geben Sie Ihr Geld Ihrer Bank als Sparbucheinlage", warnt er trotzdem. Managers | 13.09.2006 09:55 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Michael Keppler ist Präsident von Keppler Asset Management in New York. Zur Zeit betreut die 1992 gegründete Vermögensverwaltungsgesellschaft 13 Investmentfonds mit einem Gesamtvolumen von über 2 Milliarden US-Dollar.

Der von Keppler verwaltete Global Advantage Funds Major Markets High Value erzielte in den letzten zehn Jahren eine jährliche Rendite von 12,3 Prozent und schlug damit den MSCI World Index jährlich im Schnitt um 410 Basispunkte. e-fundresearch befragte den Fondsmanager, Michael Keppler, nach seinen weiteren Aussichten: 

Weltaktien mit unterdurchschnittlichem Performanceausblick

e-fundresearch: Obwohl Sie ein bottom-up Value Investor sind: Was ist Ihr wahrscheinlichstes Szenario für die globale Konjunktur und die globalen Aktienmärkte 2006 und 2007? Welche Renditen sind in entwickelten Märkten (mit welchen Risiken) zukünftig realistischerweise zu erwirtschaften?

Michael Keppler: Nimmt man die Eigenkapitalrenditen von zur Zeit 15,5 Prozent als Maßstab, haben die Unternehmen noch nie so viel verdient wie heute. Konkurrenzdruck wird zwar dafür sorgen, dass die Eigenkapitalrenditen wieder auf ihren langfristigen Durchschnitt von etwa 12 Prozent fallen. Doch das wird nicht über Nacht passieren. Und in der Zwischenzeit wird weiter gut verdient. Die globalen Aktienmärkte sind im historischen Vergleich gemessen an Ihrer Substanz- und der Cashflow-Bewertung sowie an der Dividendenrendite immer noch etwas überteuert. So liegt die Dividendenrendite für den MSCI Weltaktienindex bei nur 2,2 Prozent im Vergleich zu 2,7 Prozent in der Vergangenheit.

Andererseits liegt das Kurs/Gewinn-Verhältnis mit zur Zeit 16,5 etwas unter dem langfristigen Durchschnitt von 18. Seit dem Frühjahr 2000, als der MSCI Weltaktienindex doppelt so teuer war wie in der Vergangenheit, ist zwar schon viel passiert. Die Überbewertung ist seither auf etwa 15 Prozent geschrumpft. Dennoch bedeutet dies, dass wir auf Sicht von drei bis fünf Jahren immer noch eine nur unterdurchschnittliche Gesamtrendite für den MSCI Weltaktienindex zu erwarten haben. In Zahlen ausgedrückt: 6,4 Prozent Wertzuwachs jährlich im Vergleich zur langfristigen Durchschnittsrendite von 8,9 Prozent p.a.

Unter Risiko verstehe ich zum Unterschied von den “modernen Portfolio-Theoretikern” nicht das Ausmaß der Kursschwankungen, sondern den jährlichen Verlusterwartungswert. Dieser Wert betrug für den Weltaktienindex in den vergangenen 36 Jahren 3,4 Prozent. Mangels einer Kristallkugel rechne ich für die nächsten 36 Jahre mit ähnlichen Werten.

"USA, Kanada, Japan Dänemark, Schweiz und Österreich meiden"

e-fundresearch: Welche Länder und Regionen versprechen dabei das größte Potenzial, was sollte man derzeit unbedingt meiden? Oder anders gefragt: Wo ist die Lage besser als die Stimmung?

Michael Keppler: Wir favorisieren zur Zeit Kontinentaleuropa sowie ausgewählte Märkte in Fernost. In Kontinentaleuropa sind wir vorwiegend in Belgien, Frankreich, Deutschland, Italien und in den Niederlanden investiert. In Fernost sind wir in Hongkong und in Singapur engagiert. In Nordamerika meiden wir sowohl den US-amerikanischen Aktienmarkt als auch Kanada. In Europa halten wir Dänemark, Österreich und die Schweiz für überteuert. Und in Fernost lässt Japan weiterhin nur unterdurchschnittliche Renditen erwarten. Japan ist zwar unter den Industrieländern nach unseren Analysen heute “nur” noch Fünftletzter der 23 Industrieländerbörsen, nachdem der Markt jahrelang an letzter Stelle lag. Mit einem Kurs/Gewinn-Verhähltnis von mehr als 20 und einer Dividendenrendite von nur etwa einem Prozent, kann Japan einen überzeugten “Value”-Investor wie uns nicht hinter dem Ofen hervorlocken.

Irrglaube: "BIP-Wachstum und Aktienrenditen hängen kaum zusammen"

e-fundresearch: Oft wird Anlegern geraten, in Asien zu investieren und die USA unterzugewichten, weil das Wirtschaftswachstum dort höher sei. Welche Rolle spielt das Wirtschaftswachstum für die Aktienbörsen?

Michael Keppler: In den vergangenen Jahren habe ich die Westeuropäer immer jammern hören, dass das jährliche Wirschaftswachstum in den USA um mehrere Prozentpunkte höher sei als das Wachstum in Europa. Dies wurde vielfach damit begründet, dass die US-Wirtschaft im Vergleich zur schwerfälligen europäischen viel dynamischer sei. Dabei wird oft vergessen, dass letztendlich die Veränderung des Bruttosozialprodukts pro Kopf entscheidend für das Wirtschaftswachstum ist. Berücksichtigt man die schrumpfende Bevölkerung in Westeuropa und das Bevölkungswachstum von mehr als zwei Prozent in den USA, schwindet der vermeintliche Vorteil der US-Wirtschaft schnell dahin. In Europa ist die Lage seit Jahren besser als die Stimmung.

Im übrigen ist es eine weit verbreitete Irrlehre zu glauben, zwischen Wirtschaftswachstum und Aktienerträgen bestünde ein enger Zusammenhang. Nehmen Sie beispielsweise die 17-Jahresperiode von 1965 bis 1981: Der Dow Jones Aktienindex für Industriewerte lag Ende 1981 bei 875.00 im Vergleich zu 874,12 Ende 1964, also nahezu unverändert. Das US-Bruttosozialprodukt hatte sich im gleichen Zeitraum fast verfünffacht. In der darauf folgenden 17-Jahresperiode von 1982 bis 1999 war der Zusammenhang dann genau umgekehrt: Das US-Bruttosozialprodukt stieg nur etwa halb so stark. Der Dow Jones explodierte jedoch bis zum 31. Dezember 1999 auf 11.497,12 – eine Verdreizehnfachung gegenüber dem Schlusstand von 1981! Warren Buffett, der diesen Zusammenhang in einer Rede im September 1999 erläuterte, spricht von einer “nahezu biblischen Symmetrie” magerer und fetter Jahre. Soviel zur Korrelation von Wirtschaftswachstum und Aktienerträgen. Es ist also nicht verwunderlich, dass das Wirtschaftswachstum in unseren Markt- und Aktienauswahlverfahren keine Rolle spielt.

"Die Masse muss nicht immer falsch liegen"

e-fundresearch: Soll man nicht eher antizyklisch vorgehen und Pessimismus kaufen und Optimismus verkaufen?

Michael Keppler: Als kurzfristige Tradingstrategie mag das möglicherweise sinnvoll sein. Als Anlagestrategie halte ich davon allerdings nichts. Einem solchen Vorgehen fehlt die philosophische Grundlage. Etwas bloß deshalb zu tun, weil ein anderer das gleiche oder das Gegenteil tut, ist keine vernünftige Verhaltensweise. Dabei muss man auch wissen, dass Massenverhalten an der Börse keineswegs immer falsch sein muss. Die Masse der Börsenteilnehmer liegt allerdings in der Regel an den Extrempunkten falsch, wenn die Trends umschlagen. Ich habe dazu vor Jahren einen Aufsatz verfasst, der auf unserer Website (www.KAMNY.com) eingesehen werden kann: “Wenn die Gier in Angst umschlägt – ein Vergleich zwischen 1929 und 1987”. Es kann also durchaus sein, dass sich die Masse über mehrere Jahre bei Investitionsentscheidungen rational verhält. Um den Erfolg langfristig und dauerhaft zu sichern, ist es erforderlich, Ursachenforschung zu betreiben. Das bedeutet, ein Investment soll nur dann eingegangen werden, wenn das Preis/Leistungsverhältnis stimmt. Das heißt der Kaufpreis muss in Relation zur erworbenen Substanz und zum Ertragspotenzial in einem günstigen Verhältnis stehen. Eigentlich sehr simpel.

"Sparbücher machen arm"

e-fundresearch: Mit welchen Risiken müssen globale Aktienanleger zukünftig rechnen und v.a. wie soll man damit umgehen?

Keppler: Auch diese beurteile ich am liebsten aus der historischen Perspektive. Aktienanleger müssen wissen, dass sie kurzfristig im schlimmsten Fall mehr als die Hälfte ihres Investitionskapitals verlieren können. Aktienanleger haben in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts sogar 80 bis 90 Prozent verloren. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies passiert, ist jedoch mit etwa 1 bis 2 Prozent sehr gering. Das heißt, es passiert nur ein oder zwei Mal im Jahrhundert. Vielleicht noch wichtiger zu wissen ist jedoch, dass selbst der Pechvogel, der zum schlechtesten Zeitpunkt, nämlich im August 1929, Aktien kaufte, nach 21 Jahren dennoch einen höheren Ertrag erzielte als ein Anleger in festverzinslichen Wertpapieren oder ein Sparbuchanleger. Die Wahrscheinlichkeit, in einem Jahr einen Verlust zu erleiden, liegt bei etwa 30 Prozent. Die durchschnittliche Höhe eines Jahresverlustes liegt bei Standardaktien bei 12,6 Prozent. Die Verlustwahrscheinlichkeit in Höhe von 30 Prozent bei einjähriger Haltedauer reduziert sich im Zeitablauf und fällt bei einer 15-jährigen oder längeren Haltedauer auf Null Prozent.

Andererseits liegt die Wahrscheinlichkeit mit Aktien höhere Erträge als mit Renten oder Barvermögen zu erzielen, bereits bei einer Haltedauer von nur einem Jahr bei 61 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, mit Aktien den höchsten Ertrag zu erzielen steigt im Einklang mit der Haltedauer und liegt ab 21 Jahren bei 100 Prozent. Das heißt im Klartext: Wenn Sie ein armer Schlucker bleiben wollen, geben Sie Ihr Geld Ihrer Bank als Sparbucheinlage und lassen die Bank den Mehrertrag zwischen Aktienrenditen und Spareckzins verdienen. Wenn Sie reich in Rente gehen wollen, kaufen Sie Aktien oder gut gemanagte Aktienfonds und kassieren selbst den jährlichen Mehrertrag zwischen Aktienerträgen und dem Spar- oder Festgeldzinssatz, der in der Vergangenheit über 6 Prozent lag.

Ratschläge für Aktienanleger

e-fundresearch: Welche andere Ratschläge geben Sie Aktienanlegern noch mit auf den Weg?

Keppler: Investieren und nicht Spekulieren! Also preisbewusst einkaufen, diversifizieren und liegen lassen – nach dem Motto: Hin und Her macht Taschen leer.

e-fundresearch: Vielen Dank für das Gespräch!



Alle Daten per 7.9.2006 in Euro
Quelle: Lipper
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