e-fundresearch: Nach der Hausse des Goldpreises (Frühjahr 2001 - Mai 2006), als der Preis für eine Feinunze in USD gerechnet um 23 Prozent p.a. angestiegen ist, verlor dieser seit damals um 7 Prozent (in Euro gerechnet sogar 11 Prozent). Bieten sich jetzt für langfristig orientierte Investoren wieder interessante Einstiegschancen?
Grusch: Sowohl die charttechnische Situation als auch die fundamentale Betrachtung des Goldmarktes muss als anhaltend positiv eingestuft werden, wobei sich die Preis bestimmenden Faktoren in den letzten Jahren tendenziell zu Gunsten des Goldmarktes verändert haben.
e-fundresearch: Laut jüngsten Zahlen der Londoner Beratungsfirma GFMS, sank die Nachfrage der Schmuckindustrie nach Gold - aufgrund des stark gestiegenden Preises - 2006 um 16 Prozent. Auch die gesamte Nachfrage nach Gold sank laut Zahlen des World Gold Council 2006 um 10 Prozent. Ist das kein schlechtes Vorzeichen?
Grusch: Nein, weil diese Daten einer mengenmäßigen Betrachtung unterzogen wurden, wertmäßig ist die Nachfrage der Schmuckindustrie jedoch gestiegen.
Außerdem wird die Nachfrageschwäche der Schmuckindustrie durch Goldinvestments kompensiert, wobei vor allem der Erfolg der ETFs hiefür verantwortlich zeichnet.
Erfolg von Gold-ETFs wird sich fortsetzen
e-fundresearch: Wie schätzen Sie das Verhalten von institutionellen Anlegern und der Notenbanken zukünftig ein und welche Auswirkungen wird das auf den Goldpreis haben?
Grusch: Der Erfolg der Gold-ETFs wird sich fortsetzen, weil es sich hierbei eigentlich noch um ein sehr junges Produkt handelt und erst langsam die Investoren in den „emerging markets“ erreicht, wodurch eventuelle mengenmäßige Nachfragerückgänge aus dem Schmucksegment kompensiert werden (die Schmuckindustrie hat noch vor kurzem ca. 80 % der weltweiten Nachfrage für sich beansprucht, wobei aufgrund der neuen Finanzinstrumente-Investmentnachfrage dieser Anteil auf rund 60 % gesunken ist.
Auf Notenbankebene rechne ich mit keinem dritten Washington-Abkommen mehr, da bereits im zweiten Jahr des Anschlussabkommens erstmals die zur Verfügung stehende Quote im Ausmaß von 500 Tonnen p.a. nicht erfüllt wurde.
Außerdem rechne ich angesichts der enormen Anstiege der Devisenreserven im asiatischen Raum und in jenen Staaten, die überproportional vom aktuellen Rohstoff- und Energieboom profitieren, mit verstärkter Diversifikation der Zentralbankreserven und damit sehen wir vielleicht bald einen Goldmarkt, der mit Nettokäufen der Zentralbanken konfrontiert ist.
e-fundresearch: Goldminenaktien liegen (gemessen am FTSE Gold Mines Index) seit Februar 2006 kumuliert um 23 Prozent hinter dem Ertrag des Goldpreises (Feinunze +18% / FTSE Index -7%, alles in USD). Normalerweise legen Goldminenwerte aber doch mehr zu als der Goldpreis, oder? Was sind die Gründe für dieses schlechte Abschneiden und rechnen Sie bald mit einem Rebound?
Grusch: Die Goldminenaktien weisen nach wie vor den Hebeleffekt zum Goldpreis auf, allerdings wird dieser Effekt umso transparenter und stabiler, je längere Analyseperioden man betrachtet.
Kurzfristig können Goldaktien mit der Assetklasse Aktien und damit oft unabhängig vom Goldpreis in Mitleidenschaft gezogen werden. Im konkreten Fall leidet aber der von Ihnen angeführte Aktienindex an massiven „replacement“, Management, und projektspezifischen Problemen der indexbestimmenden Gesellschaften, wie z.B. Newmont Mining und Barrick Gold, die dadurch die oft ausgezeichnete Kursentwicklung vieler Goldaktien – nicht zuletzt auch dank der äußerst regen Übernahme- und Fusionsaktivitäten in diesem Marktsegement – verschleiern.
Mix aus Münzen, kleinen Barren und Fonds
e-fundresearch: Anleger können über vielfältige Weise in Gold investieren. Neben physischen Investments via Barren oder Münzen, bieten sich neben Goldminen-Aktien bzw. Aktienfonds jetzt auch ETF´s an. Was sind die Vor- und Nachteile dieser Anlageformen und wie lautet Ihr Rat an langfristig orientierte Privatanleger?
Grusch: Münzen und kleinere Barren sollten auf jeden Fall Teil einer Vermögensallokation für den absoluten Krisenfall sein.
Die ETFs sind natürlich kostenmäßig absolut ein konkurrenzfähiges Produkt für physische Investments in Gold, allerdings mit der Einschränkung, dass
Sie damit einen funktionierenden Finanzmarkt (also auch im Krisenfall) voraussetzen.
Ich persönlich würde eher zu einem Mix aus Münz- und Kleinbarrenveranlagung (im Krisenfall handelbare Einheiten – aus Kostengründen im Silberbereich Barren nicht unter 250g und im Goldbereich nicht unter einer halben Unze) und Engagements in Spezialfonds auf dem Edelmetallaktiensegment raten. Bei entsprechend positiver Goldmarkteinschätzung könnte sich dieses Exposure durchaus bei 5 % des Vermögens bewegen.
e-fundresearch: Die Gesamtverschuldung der größten Volkswirtschaft der Welt, der USA, befindet sich auf absolutem Redkordniveau. Zusammen mit dem momentanen Problem am Immobilienmarkt rechnet der Markt zukünftig mit einen sich weiter abschwächenden US-Dollar. Wird sich Gold in dieser Phase als Krisenwährung behaupten können?
Grusch: Ich bin nicht der größte Verfechter der negativen Korrelationstheorie von Gold und der amerikanischen Währung, aber die von Ihnen genannten Faktoren stützen natürlich fundamental die Edelmetallmärkte.
e-fundresearch: Kriege bzw. sonstige Kriesensituationen scheinen zuletzt für den Goldpreis nur wenig relevant gewesen zu sein. Wird sich das ändern oder welche Gründe sehen Sie dafür?
Grusch: Der „safe heaven“-Aspekt des Goldmarktes ist nach wie vor auf lokaler Ebene gültig – also im Krisenherd mit Begleiterscheinungen wie galoppierender Inflation, Zusammenbruch des Finanz- bzw. Währungssystems etc. – auf der internationalen Finanzbühne gibt es allerdings eine Reihe von Finanzinstrumenten (Put-Optionen im Index- bzw. Währungsbereich, „short“-Positionen in Index- (Währungs-) Futureskontrakten, etc.) die in direktem Konkurrenzkampf mit der Krisenwährung Gold stehen und daher hat der Goldmarkt in diesem Zusammenhang international an Bedeutung verloren – eine globale Krise würde dies aber abrupt ändern.
e-fundresearch: Noch eine Frage am Rande: Jüngst war zu lesen, dass es nur soviel gefördertes Gold auf der Erde geben soll, das ein Würfel mit gerade mal 18 Meter Kantenlänge entsteht (= 5832m³). Da Gold eine Dichte von 19300 kg / m³ hat, gibt es also rund 113.000 Tonnen gefördertes Gold auf der ganzen Welt. Stimmt das Ihrer Meinung nach?
Grusch: Nein, weil die Kantenlänge bei rund 20 Metern liegen müsste – die bis dato geförderte Goldmenge lag bereits 2005 über 150.000 Tonnen und damit recht knapp bei 154.400 Tonnen, was dem Ergebnis bei 20 Metern Kantenlänge entspricht.
Zur Person
Alfred Grusch ist seit Februar 1990 bei Capital Invest, nunmehr Pioneer Investments Austria und verwaltet u.a. den Pioneer Funds Austria - Gold Stock. Zuvor arbeitete er in der Vermögensverwaltung der österreichischen Girozentrale. Grusch hat Wirtschaft an der Handelsakademie in Wien studiert.