Historisch gesehen ist der Markt vom Export bestimmt, was angesichts der Technologieabhängigkeit nicht überrascht.
"Wir gehen davon aus, dass der Markt nach dem Sieg der Kuomintang-Partei (KMT) bei den jüngsten Präsidentschaftswahlen schon bald eine Stimmungs- und Politikwechsel zugunsten der Nicht-Technologie-Sektoren erleben wird", so David MacKenzie, Produktmanager für asiatische Aktien bei Schroders.
Diese haben sich schon jetzt stark entwickelt, was entscheidend zur relativ guten Performance Taiwans in der Region beigetragen hat (der TWSE stieg um 7,6 % in USD). Die Mehrheit der positiven Renditen auf Dollarbasis ergab sich durch die Aufwertung der Lokalwährung (um 6,7 % im laufenden Jahr). Der Markt setzt hohes Vertrauen in den neu gewählten Präsidenten und darin, dass die KMT effektive Reformen durchführen wird.
Ändern sich die Aussichten für taiwanesische Unternehmen durch die neue Regierung?
Taiwan gilt seit Jahren als Nachzügler der Region, da sich die Demokratische Fortschrittspartei in Peking nicht eben Liebkind machte und mit ihrer Politik die Expansion taiwanesischer Unternehmen im chinesischen Markt einschränkte. Insofern war man auf beiden Seiten der Taiwan-Straße nicht bereit, Handel oder Kooperation in irgendeiner Weise zu fördern.
Zu den einschränkenden Maßnahmen der nun scheidenden Regierung gehört eine Investitionsgrenze für taiwanesische Firmen von maximal 40 % des Eigenkapitals auf dem chinesischen Festland. Bedenkt man die Stellung Chinas als einer der weltweit preisgünstigsten Produzenten und die offensichtlichen Vorteile für Taiwanesen, in China aktiv zu sein (Sprache, Kultur und geografische Nähe), so hatten taiwanesische Firmen durch diese Haltung einen deutlichen Nachteil.
Die Aktienkurse und die Wirtschaft hatten darunter zu leiden. Die Politik führte dazu, dass eine Reihe taiwanesischer Unternehmen Teile ihres Vermögens abtrennten, um neue Firmen in anderen Märkten zu gründen, um diese Vorschriften zu umgehen. Ein Beispiel dafür ist Foxconn, notiert an der Börse in Hongkong. Diese und ähnliche politische Maßnahmen höhlten Taiwans Wirtschaftskraft aus, es kam zum Verlust von Arbeitsplätzen und Kapital und die Stimmung in Taiwan verschlechterte sich.
Technologiesektor als Problemkind
Es überrascht daher keineswegs, dass die neue Regierung sehr positiv aufgenommen wird. Aber die Anleger sollten realistisch bleiben. Unternehmensgewinne werden sich unter der neuen Führung ebenso wenig über Nacht ändern wie die Nachfrage nach Technik. Der Technologiesektor hängt stark mit dem US-amerikanischen und globalen Wachstum zusammen – und die Aussichten für beide sind zumindest getrübt.
Bis sich die Prognosen für die Weltwirtschaft verbessern, bleibt der Technologiesektor ein Problemkind, was den inländischen Aktienmarkt und die Wirtschaft ausbremsen dürfte. Die Prognosen für Technologiewerte sind auch deswegen schwach, weil das erste Quartal für den Sektor eine traditionell schwache Periode ist. MacKenzie: "Folgerichtig haben Technologietitel im laufenden Jahr bisher enttäuscht, so dass der Sektor nunmehr aus unserer Sicht sehr attraktiv bewertet ist."
Tiefpunkt erreicht?
"Diagramm 1 zeigt die Eigenkapitalrendite (ROE) und die operativen Margen des TSMC, den wir zur Darstellung des Technologiesektors genutzt haben", so MacKenzie. Beide Messgrößen sind nun sehr viel höher als beim Platzen der TMT-Blase. Dennoch sind die Bewertungen gemessen am Kurs-Buchwert-Verhältnis (die Balken) auf ähnlichem Niveau wie beim TMT-Rückgang. MacKenzie: "Das stimmt uns optimistisch, dass die Bewertung der Technologietitel nunmehr ihren Tiefpunkt erreicht hat."
"Der Führungswechsel kann ein Katalysator für den Wandel sein, wenn die Politik progressiver wird. Wir rechnen mit steigendem Taiwan-Tourismus aus China (ähnlich wie in Hongkong erleben); dadurch wird neues Kapital ins Land fließen, was für inländisch getriebene Titel günstig sein dürfte. Taiwanesische Banken dürften unserer Ansicht nach bald in der Lage sein, zunächst einmal Filialen in China zu eröffnen und sich so deutliche Wachstumschancen für die Zukunft zu sichern. All das sollte die Stimmung in Taiwan heben, den Binnenmarkt stimulieren und zusätzliche Liquidität in den Markt bringen", so MacKenzie.
Ist die Rallye überzogen?
MacKenzie: "Wie gesagt: Ein Regierungswechsel wird die Strukturprobleme Taiwans nicht über Nacht lösen können. Unserer Ansicht nach wird etwa die Hälfte des Marktes zum Ende des ersten Quartals über dem von uns geschätzten fairen Wert gehandelt. Wenig überraschend stellt der Technologiesektor die andere, attraktiv bewertete Hälfte des Marktes dar. Innerhalb dieses Sektors sind viele Unternehmen nun so tief bewertet wie zuletzt nach dem Platzen der Technologieblase, aber heute haben sie eine viel bessere Eigenkapitalrendite (siehe Diagramm 1). Wir halten Technologietitel daher für günstig."
Taiwanesische Unternehmen haben auch eine starke Dividendenseite: Eine Reihe qualitativ hochwertiger Titeln zahlt Dividenden von 8 bis 10 %. Das ist in unsicheren Zeiten eine attraktive Summe und spricht zusätzlich für Investitionen in diesen Markt.
Risiken
Das Hauptrisiko in Taiwan besteht darin, dass die neue Regierung es nicht schafft, Reformen zu bewirken, oder diese nicht rechtzeitig durchführt. Für den Technologiesektor wären die Folgen eines längeren oder steileren Abschwungs ebenfalls schädlich.