Die Regierungen konnten ihre Auslandsschulden massiv abbauen, im Gegensatz etwa zu anderen Schwellenländern wie der Türkei oder Südafrika, die noch immer hohe Defizite ausweisen. In Lateinamerika sind Überschüsse heutzutage an der Tagesordnung. Die Auslandsverschuldung im Verhältnis zum Brutto-Inlandsprodukt (BIP) ist so stark gefallen, dass etwa Brasilien, das in der Vergangenheit von großen Schulden-Problemen geplagt wurde, heute keine Auslandsschulden mehr aufweist und vor kurzem von mehreren Ratingagenturen auf den Status „Investment Grade“ aufgestuft wurde.
Abhängigkeit von den USA variiert stark
Die meisten Marktteilnehmer gehen davon aus, dass die Volkswirtschaften Lateinamerikas in ihrer Gesamtheit stark von der Entwicklung in den USA abhängen. Das ist jedoch ein Trugschluss, denn der amerikanische Einfluss auf die Region fällt regional stark unterschiedlich aus. Während etwa 80 Prozent der mexikanischen Exporte ins nördliche Nachbarland gehen und die Exporte insgesamt 30 Prozent des mexikanischen BIP ausmachen, ist Brasilien mit einem Export-Anteil von nur 16 Prozent in die USA sehr viel weniger abhängig von der dortigen Entwicklung. Zudem sorgt die starke Inlandsnachfrage in Brasilien dafür, dass Exporte insgesamt nur zu 13 Prozent zum brasilianischen BIP beitragen.
Art des amerikanischen Abschwungs entscheidend für Mexiko
Bei den mexikanischen Exporten in die USA ist der produzierende Sektor federführend. Aus diesem Grunde wurde die mexikanische Wirtschaft durch die vergangene – vor allem durch das produzierende Gewerbe ausgelöste – Rezession in den USA hart getroffen. Der derzeitige Rückgang in den USA resultiert allerdings in erster Linie aus schlechten Ergebnissen des Finanz- und Immobiliensektors, auf die mexikanischen Exporte hatte dies also einen sehr viel geringeren Einfluss. Sollte sich die Malaise in den USA allerdings verstärken und auf das produzierende Gewerbe überschwappen, dürften davon auch die mexikanischen Exporte stärker betroffen werden.
Optimismus bezüglich der Inflation
In den vergangenen Monaten stieg die Inflation wie überall auf der Welt auch in Lateinamerika an, sie ist aber weit entfernt von den hyperinflationären Stürmen, die die dortigen Länder in der Vergangenheit erlebten. Darüber hinaus sorgen die präventiven Zinserhöhungen in Mexiko und Brasilien dafür, dass die Bedrohung durch die Inflation weitaus geringer ausfällt als etwa in Russland oder Teilen Asiens, wo die Realzinsen negativ sind. Investoren sollten allerdings die anstehenden Lohnverhandlungen im Auge behalten. Da die Arbeitslosenrate in Lateinamerika auf einem historischen Tief liegt, könnten Arbeiter bestrebt sein, weitaus stärkere Lohnzuwächse zu fordern als in den westlichen Nationen.
Solide Unternehmenszahlen
Eine große Anzahl Unternehmen in Lateinamerika weist starke Fundamentaldaten auf, einen gesunden Cash Flow und dazu Returns auf eingesetztes Kapital, die sich weit oberhalb der Kosten bewegen. Das Gewinnwachstum liegt deutlich über dem von Unternehmen in entwickelten Ländern, die prognostizierten Kurs/Gewinn-Verhältnisse sind dagegen niedriger als an den etablierten Märkten.
Viel versprechende Investmentthemen
"Die Region ermöglicht einen Zugang zu viel versprechenden Investmentthemen. Ein Schlüsselfaktor sind die steigenden Rohstoffpreise – ein Trend, der unserer Meinung nach anhalten sollte", so Katy Dobson, Managerin des Threadneedle Latin America Fund. Der zunehmende Wohlstand und die bessere Verfügbarkeit von Krediten führen zu einem starken Binnenwachstum in den Ländern Lateinamerikas. Daraus ergeben sich attraktive Gelegenheiten in Sektoren wie Banken, Versicherungen, Immobilien und Einzelhandel. Viel Geld fließt auch in den Ausbau der Infrastruktur: Häfen, Straßen und Anlagen zur Energieversorgung werden erneuert und ausgebaut. Die Hauptprofiteure dieser Maßnahmen sind Stahl-, Zement- und Maschinenbaufirmen.
Zusammenfassung
Die Volkswirtschaften Lateinamerikas sind heute sehr viel besser gegen einen Abschwung in den USA gewappnet als in der Vergangenheit. Die Region bietet hochqualitative Unternehmen in interessanten Industrien und Branchen und erlaubt Investoren damit einen Zugang zu viel versprechenden Investmentthemen, die langfristige nachhaltige Renditen versprechen.