Nun, aufschlussreich ist aber, dass die jährliche Inflation in Belgien im vergangenen Monat auf 5,8 Prozent angestiegen ist. Im Vormonat betrug sie lediglich 5,2 Prozent, und im Januar hatte sie noch bei unter 3,5 Prozent gelegen. Das ist schon ein beeindruckender Anstieg, und für vergleichbare Zahlen muss man bis 1985 zurückgehen. In die dazwischen liegende Zeit fiel die große Ära der Allwissenheit und offensichtlichen Allmacht der modernen Zentralbanken. Man wird es Ihnen verzeihen, wenn Sie Ihre Schlüsse aus dieser Geschichte ziehen und davon ausgehen, dass sich die Welt nun wirklich zu verändern beginnt. Und die Erfahrungen in Belgien sollten dabei nicht außer Acht gelassen werden. Belgien ist eine offene Volkswirtschaft, die auf die europäischen Wachstumstrends sensitiv reagiert und sowohl im herstellenden Gewerbe als auch im Dienstleistungssektor ein guter Indikator ist.
Komische alte Welt...
Na ja, komische alte Welt könnte man jetzt anmerken. Aber die Zahlen zur britischen Inflation aus der vergangenen Woche deuteten darauf hin, dass sich auch Großbritannien genau in die gleiche Richtung bewegt. Die Zielvorgabe der Bank of England, der Verbraucherpreis-Index, hat die 3 Prozent-Grenze mittlerweile überschritten. Noch im Januar hatte diese Messlatte bei lediglich 2,2 Prozent gelegen. Nun liegt sie mittlerweile gegenüber dem Vorjahr mit 3,8 Prozent im Plus.
Die Notenbank hatte uns zwar bereits in ihrem Bericht vom Mai auf diese Entwicklung vorbereitet, aber es scheint mir, als würden alle Beobachter den Inflationszenit immer weiter nach oben treiben (Marktteilnehmer haben soeben angedeutet, dass im Herbst eine Rate von 5 Prozent möglich ist) und – was noch wichtiger ist – davon ausgehen, dass dies auf lange Sicht so bleiben wird. Das wirft Probleme auf, weil dadurch das Risiko für höhere Lohnforderungen steigt. Werfen Sie doch nur einen Blick auf die rasche Kampfansage des Öffentlichen Dienstes, die wir in der vergangenen Woche erlebt haben.
Keine Sorgen?
Viele Berichterstatter sind der Meinung, wir sollten uns keine Sorgen machen, weil ein Großteil des aktuellen Inflationsanstiegs eine Folge des Ölpreises ist und der Druck nachlassen sollte, sobald sich die Basiseffekte günstiger auszuwirken beginnen. Das Problem bei dieser Argumentation ist nur, dass die Domino-Effekte des höheren Ölpreises wahrscheinlich wesentlich länger anhalten werden als man erwartet.
Außerdem haben wir nun auch noch mit höheren Strompreisen zu kämpfen. Dies wird die britische Notenbank zwar wahrscheinlich dazu veranlassen, die Zinsen beizubehalten, aber derselbe Effekt bringt die EZB dazu, ihre Zinsen anzuheben. Und tatsächlich äußerte sich Gary Stern, ein stimmberechtigtes Mitglied der US-Notenbank, am Freitag dahingehend, dass die Fed die Leitzinsen trotz der unsicheren Marktbedingungen erhöhen sollte.
Mögliches Einknicken des Wachstums
Wenn die Notenbanken also ein bisschen Allwissenheit in Anspruch nehmen, so fürchte ich, dass sie über das Ziel hinausschießen, wenn sie ihre Allmacht unter Beweis stellen wollen. Falls aber die Geldmarktpolitik verschärft wird, um so die Auswirkungen dieser zweiten Inflationsrunde zu lindern, dann wird das Wachstum bestimmt einknicken. Die Inflation hat bereits in vielerlei Hinsicht Schaden angerichtet, und die entsprechenden Konsequenzen sind unvermeidlich. Deshalb könnte es sein, dass die Notenbanker wahrhaft gottgleiche Fähigkeiten an den Tag legen müssen, indem sie zu diesen Auswirkungen einfach lächeln und sie ertragen. Die Konjunkturabschwächung hat bereits eingesetzt und sollte letztendlich zu einer niedrigeren Inflation führen.
Seine aktuelle Einschätzung zu den Märkten finden Sie auch in seinem Blog auf der Website von Threadneedle.