Als der Flug Air China 185 am 4. Juli dieses Jahres auf der Rollbahn von Taipeh aufsetzte, war dies mehr als eine glatte Landung. Der Beginn regelmäßiger Direktflüge zwischen Taiwan und China wurde als Durchbruch gefeiert – als sichtbares Zeichen der Entspannungspolitik, die nach dem Amtsantritt des neuen taiwanesischen Präsidenten Ma Ying-jeou im Mai die Beziehungen der beiden Länder bestimmt. Mas Vorgänger hatte in den Jahren zuvor eine distanzierte Politik zu Peking verfolgt und auf dem Festland die Furcht vor einer Unabhängigkeitserklärung geschürt. Noch im März 2005 hatte die chinesische Führung ein Anti-Abspaltungs-Gesetz verabschieden lassen, das in diesem Fall ein militärisches Eingreifen ermöglicht hätte – und damit indirekt auch die wirtschaftliche Zukunft der Inselrepublik belastet.
Engagement mit Grenzen
Doch inzwischen herrscht zwischen Peking und Taipeh ein konzilianterer Ton. Die Entspannungspolitik setzt ein positives Signal für die taiwanesische Wirtschaft, die neben der Stabilität einer seit Jahren funktionierenden asiatischen Musterdemokratie nun auch von sinkenden geopolitischen Risiken profitiert. Firmen aus Taiwan sind aufgrund ihrer Sprache, Kultur und räumlichen Nähe bestens aufgestellt, um in China gute Geschäfte zu machen. In der Tat investieren und produzieren bereits heute zahlreiche taiwanesische Unternehmen auf dem Festland, angelockt von preiswerten Arbeitskräften und vorteilhaften rechtlichen Bestimmungen. Die Politik setzte diesem Engagement bislang allerdings klare Grenzen: Taiwanesische Firmen dürfen nur maximal 40 Prozent ihres Eigenkapitals in China investieren. Viele Unternehmen haben daher Teile ihres Vermögens abgetrennt und neue Firmen gegründet, die zum Beispiel an der Hongkonger Börse notiert sind.
Inselhüpfen nach Taipeh
Es besteht nun Grund zur Hoffnung, dass sich der Führungswechsel als Katalysator des Wandels erweist. Wenn taiwanesische Firmen größere Freiheiten erhalten, auf dem Festland zu agieren, schafft dies neue Gelegenheiten für Wachstum und kann die aktuell starke Abhängigkeit von Technologieexporten verringern. Taiwanesische Banken dürften ihre Marktposition deutlich stärken, sobald ihnen der Aufbau eines Filialnetzes in Peking oder Shanghai erlaubt wird. Nicht zuletzt sollte neues Kapital ins Land strömen und den Binnenmarkt stimulieren, wenn immer mehr Festlandschinesen die Insel vor ihrer Haustür als attraktives Reiseziel entdecken.
Fernöstliche Friedensdividende
Setzt die politische Annäherung auch Zeichen für den Umschwung am taiwanesischen Aktienmarkt? Die Anleger haben an der Börse Taipeh in den vergangenen zwölf Monaten kräftig Federn gelassen; auch eine „Präsidenten-Hausse“ zum Frühjahr konnte den Abwärtstrend nur kurzfristig stoppen. Kein Wunder: Mit einem Anteil von rund 50 Prozent der Marktkapitalisierung bestimmen weiterhin exportorientierte Technologietitel den Markt. Dieser reagiert folglich sehr sensibel, wenn das Wachstum weltweit – und besonders in den USA – an Fahrt verliert. Auch der Finanzsektor ist relativ stark vertreten. Er hat unter der Kreditkrise gelitten, obwohl taiwanesische Banken nur sehr eingeschränkt am Verbriefungs- und Subprime-Markt aktiv sind.
Auch Positives
Dennoch gibt es positive Nachrichten. Taiwanesische Technologieaktien sind inzwischen wieder günstig bewertet und bieten langfristiges Kurspotenzial. Zudem zeichnen sich viele Blue Chips des Sektors durch eine sehr attraktive Dividendenrendite aus. Titel aus den Sektoren Finanzen und Konsumgüter könnten dagegen auf Dauer von der politischen Entspannung in einer der dynamischsten Wirtschaftsregionen der Welt profitieren. Privatanleger, die auf den Aufschwung beiderseits der Taiwan-Straße setzen, sind mit einem breiter gestreuten Investment wie dem Schroder ISF Greater China (ISIN Kl. A, USD, thes.: LU0140636845) gut bedient: ein aktiv gemanagter Aktienfonds, der zu rund einem Drittel seines Wertes in Taiwan investiert ist. Für eine fokussierte Investition bietet sich dagegen der Schroder ISF Taiwanese Equity (ISIN Kl. A, USD, thes.: LU0270814014) an, der in den letzten fünf Jahren trotz der aktuellen Baisse eine Durchschnittsrendite von 11,5% Prozent p. a. erzielt hat.