In vielen Gesprächen, die ich in den letzten Wochen mit professionellen Anlegern geführt habe, bemängelten viele die traditionellen Indexkonzepte. An herkömmlichen Kursbarometern für Anleihen gefällt vielen nicht, dass die Schuldner mit dem größten ausstehenden Anleihevolumen am meisten Gewicht bekommen. Das ist angesichts der Staatsschuldenkrise kein Wunder. Denn vielfach erhalten schlechte Schuldner besonders hohe Anteile.
Aber die Kritik trifft auch Aktienindizes, die Unternehmen traditionell nach deren Marktkapitalisierungen gewichten. Dabei missfällt vielen Investoren, dass Aktien, deren Kurse sich bereits gut entwickelt haben, viel Raum einnehmen. Papiere, die sich unterdurchschnittlich entwickelt haben und daher Aufholpotenzial besitzen, fallen dagegen nur gering ins Gewicht.
Es gibt auf dem europäischen Markt bereits einige ETFs auf Indizes, welche diese Kritikpunkte ausschalten wollen. Beispielsweise gibt es ETFs auf Staatsanleihen, die Schuldner nach ihrem Wirtschaftswachstum gewichten. Und es gibt Aktien-ETFs, die Aktien so auswählen, dass die Kursschwankungen möglichst gering sind. Andere Aktien-ETFs gewichten die einzelnen Papiere nach fundamentalen Daten wie Umsatz, Buchwert oder Dividenden anstatt der Marktkapitalisierung.
Einige dieser Fonds existieren schon seit mehreren Jahren, und dennoch sind ihre Volumina gering. Es scheint, als träfen diese ETFs beziehungsweise die dahinter stehenden Indizes nicht den Geschmack der Investoren.
Das geringe Interesse der Investoren an vielen bislang erhältlichen ETFs auf entsprechende Indizes zeigt auch: Die Anbieter müssen sich an den Bedürfnissen der Investoren orientieren, anstatt einfach große Indexpaletten und entsprechende Fonds auf den Markt zu bringen.
Sollte die Branche den Markt mit einer Welle neuer Indizes und ETFs überschwemmen, würde das die Investoren sicher verschrecken. Viele der neuen Konzepte würde Anleger wahrscheinlich verunsichern. Um das zu vermeiden, sollten neue Indizes transparent und einfach konstruiert sein, damit Investoren die Zusammensetzung nachvollziehen können.
Es scheint, als seien viele Investoren inzwischen bereit für ETFs auf alternativ gewichtete Indizes. Der Erfolg einzelner Konzepte wird aller Wahrscheinlichkeit nach dazu führen, dass wir eine große Zahl neuer Indizes mit alternativen Ansätzen sehen werden. Man könnte dabei vom Indexing 2.0 reloaded sprechen.
Aber wie gesagt: Der Erfolg dieser Produkte wird davon abhängen, inwieweit die Indexanbieter sich an dem Bedarf der Investoren orientieren.
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Über den Autor Detlef Glow, MBA (UoW):
Glow begann im Jahr 2005 als Leiter der Fondsanalyse für Deutschland und Österreich bei Thomson Reuters - Lipper. Seit Anfang 2007 war er dort Leiter der Fondsanalyse für Zentral-, Nord- und Osteuropa. Seit Herbst 2010 ist Herr Glow Head of Lipper EMEA Research und damit Leiter der Fondsanalyse Europa, Mittlerer Osten und Afrika. Zuvor war er als Direktor Portfoliomanagement bei der Feri Wealth Management GmbH in Bad Homburg als Portfoliomanger für vermögende Privatkunden tätig. Seine Karriere begann Glow neun Jahre zuvor bei der tecis Holding AG in Hamburg, wo er zuletzt als Leiter der Fondsanalyse sowohl für das quantitative als auch das qualitative Fondsresearch der tecis Asset Management AG verantwortlich war.
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