Seit Anfang des Jahres konnten Biotech-Aktienfonds laut Lipper-Datenbank eine beachtliche Durchschnitts-Performance von +34,10 Prozent (per 28.10.2013) für ihre Investoren erwirtschaften. Gemäß zuletzt durchgeführtem e-fundresearch.com Asset Allocation Rennen (09/13) liegt die Assetklasse "Equity Sector Biotech" auf Platz 3 des Rankings der bislang erfolgreichsten Assetklassen des Jahres 2013.
Um mehr über die zugrundeliegenden Auslöser der jüngsten Biotech-Rallye sowie über mögliche zukünftige Entwicklungen zu erfahren, sprach e-fundresearch.com mit Harald Schwarz, Geschäftsführender Gesellschafter bei Medical Strategy GmbH sowie Fondsadvisor des seit 2000 aktiven "FCP OP MEDICAL BioHealth-Trends" (LU0119891520).
e-fundresearch.com: Herr Schwarz, was waren die Hauptgründe für die starke Entwicklung des Biotechnologie-Sektors? Warum hatten die meisten Investoren nicht mit einer derart ausgeprägten Rallye gerechnet?
Harald Schwarz: Die Arzneimittelindustrie hat eine schmerzhafte Umbruchphase hinter sich, so dass der aktuelle Innovationszyklus meist übersehen wurde.
Der letzte Innovationszyklus war in den 90er Jahren - in dessen Mittelpunkt Enzymhemmer wie die ACE-Hemmer gegen Bluthochdruck oder die Statine gegen Arteriosklerose sowie die ersten Biotech-Produkte standen. Der Pharma-Index DRG legte von 1995 bis 2000 um über 300% zu und der Biotech-Index NBI um ca. 600%.
Das folgende erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends war jedoch durch eine schwierige Strukturkrise, die gekennzeichnet war durch gigantische Patentabläufe und damit schrumpfende Umsätze – Arzneimittel mit ca. 200 Mrd. USD Jahresumsatz wurden patentfrei.
Dazu kam eine höchst restriktive Zulassungsbehörde FDA, die ständig die Zulassungsanforderungen sowie ihr Risikomonitoring verschärfte – denken Sie nur an den Rückzug des Schmerzmedikaments Vioxx - und schließlich begab sich die Biotech-Industrie mit der Vielzahl ihrer neuartigen Arzneimittel-Entwicklungsplattformen auf unbekanntes Terrain – neuartige Wirkstoffe richteten sich gegen neue Zielmoleküle – so dass die Lernkurve langsamer als erwartet verlief.
Angesichts dieser Hindernisse entstand fast der Eindruck, dass die Arzneimittelindustrie aus dieser Malaise nicht mehr herauskommen würde – die jährlichen Neuzulassungen von neuen Substanzen (NME) in den USA fielen auf Tiefstwerte von 20 und gleichzeitig stiegen die jährlichen Umsatzverluste durch Patentabläufe bis auf 50 Mrd. USD an.
Parallel dazu fielen die Bewertungen von Pharma und Biotech und erreichten in 2010 mit durchschnittlichen KGVs von 9 bzw. 11 Tiefststände.
e-fundresearch.com: Wie stark ist der Biotech-Sektor aktuell einzuschätzen? Was bedingt die aktuelle Stärke/Schwäche?
Harald Schwarz: Die Industrie lernte Ihre Lektion und konnte auf Basis ihrer revolutionären „Drug Discovery Platforms“ ihre Produktivität erhöhen.
Zugleich ermöglichten neue Gesetze, dass die FDA den Zulassungsweg erleichtern konnte. Innovative „Durchbruchsmedikamente“ können sogar deutlich schneller zugelassen werden. Die Erteilung des Breakthrough-Status ermöglicht kleinere und kürzere Studien für die Zulassung.
So wurden 2011 über 30 neue Substanzen von der FDA zugelassen und 2012 sogar 39. Über 50% dieser innovativen Produkte sind „first in class“ und 70% der Neuzulassungen haben biotechnologischen Ursprung. Wir stehen aber erst am Anfang eines neuen Innovationszyklus.
Nachdem es für die meisten Zivilisationserkrankungen wie Herz- und Gefäßerkrankungen bereits gute Therapien gibt, hat sich die Industrie auf Spezialisten- und Nischen-Erkrankungen, d.h. auf schwerwiegende, lebensbedrohliche sowie seltene genetische Erkrankungen – die bisher unzureichend therapiert werden konnten – fokussiert. So wurden gegen Erkrankungen wie Krebs, Multiple Sklerose, Rheuma, virale Infektionen oder Erblindung wurden große Fortschritte erzielt.
Die neuen Medikamente wirken u.a. nicht nur symptomatisch, sondern beeinflussen den Krankheitsverlauf.
Sie können heilen wie bei Leukämie oder Rheuma, leben retten wie bei viralen Infektionen wie AIDS oder Hepatitis C und letztlich Leben verlängern wie bei Krebs. Die neuen Medikamente begründen damit neue Therapiestandards und sind letztlich für eine erfolgreiche Therapie unverzichtbar – und dadurch haben die Unternehmen – wie man so schön sagt – eine erhebliche „Pricing Power“.
e-fundresearch.com: Wie schnitten Biotech-Indizes im Vergleich zum breiten Markt ab? Wie viel Potential steckt derzeit noch im Sektor?
Harald Schwarz: Die Aktienkurse reagieren auf den neuen Innovationszyklus. Seit Ende 2011 hat sich der Nasdaq Biotech-Index mehr als verdoppelt und den breiten Markt, gemessen am S&P 500 um ca. 70% übertroffen. Die Bewertungen liegen mit KGVs von 25 für Biotech weiterhin deutlich unter dem historischen Durchschnitt, so dass der Sektor weiterhin Upside-Potential bietet.
Die Pipelines von Pharma und Biotech sind viele Tausend Substanzen stark. Fast die Hälfte zielt auf Krebserkrankungen. Gerade an die personalisierten Krebstherapie, den neuartigen Antikörper-Drug-Konjugaten, die die belastende systemische Chemotherapie ersetzen können sowie den immuntherapeutischen Ansätzen werden hohe Erwartungen gestellt. Neueste Ergebnisse werden wieder auf dem ASH-Kongress der American Society of Hematology Anfang Dezember vorgestellt.
Auch die seltenen genetischen Erbkrankheiten sind ein Forschungsschwerpunkt. 2012 entfielen 25% der Neuzulassungen auf diese. In unserem Fonds sind ca. 10% des Anlagevermögens in diesen Bereich investiert. Knapp 300% Wertzuwachs erzielte der Fonds mit der Biotech-Firma Sarepta, die ein Produkt gegen die muskuläre Erbkrankheit Duchenne entwickelt.
e-fundresearch.com: Worin bestehen Ihrer Meinung nach die größten Risiken eines Biotech-Investments?
Harald Schwarz: Vor dem Hintergrund des starken Laufs im Biotech-Sektor ist es zu deutlich höheren Bewertungen bei den etablierten Biotech-Unternehmen gekommen, die jedoch - historisch gesehen - immer noch günstig sind.
Langfristig ist jedoch zu bedenken, dass mit der US-Gesundheitsreform ein Zulassungsweg für Bio-Generika geschaffen wird – und dies könnte einige der etablierten Biotech- bzw. Pharma-Unternehmen negativ treffen.
Hingegen haben an der aktuellen Biotech-Rallye die Small Cap-Unternehmen bisher weniger partizipiert. Hier ist somit noch deutliches Nachholpotential vorhanden. Gerade die kleineren Unternehmen mit innovativen Produkten profitieren von Einlizensierungs- oder Übernahmeangeboten. Nichts suchen die etablierten Unternehmen mehr wie neue Produkte und damit zukünftige Umsatzträger.
Grundsätzlich bleibt bei Biotech-Unternehmen das Innovationsrisiko zu berücksichtigen, d.h. klinische Studien können fehlschlagen und Zulassungsanträge scheitern.
Wir von Medical Strategy kontrollieren diese Risiken insbesondere durch eine breite Streuung des Portfolios über bis zu 90 Firmen.
e-fundresearch.com: In wie fern unterscheidet sich der von Ihnen beratene FCP OP MEDICAL BioHealth-Trends von Biotech-Strategien konkurrierender Anbieter?
Harald Schwarz: In Deutschland gibt es ca. 60 Healthcare-Fonds und davon sind 15 Biotech-Fonds. Die meisten bilden die entsprechenden Indices nach und unterscheiden sich daher in den Top 10-Positionen – die immerhin fast 60% des Vermögens ausmachen - nur wenig.
Ganz anders dagegen der von Medical Strategy gemanagte Medical BioHealth-Trends. Der Fonds ist rein Stockpicking-orientiert ohne an eine Benchmark gebunden zu sein. Er investiert vorwiegend in aufstrebende junge Arzneimittel-Unternehmen aus dem Biotech-Sektor aber auch in Newcomer der Medizin-Technologie. Das Geschäftsmodell dieser jungen Firmen beruht auf Innovationen – d.h. sie sind die Erneuerer wenn’s um verbesserte Therapeutika - wie molekulargenetisch erforschte Krebsmedikamente oder miniaturisierte Insulinpumpen - geht und damit letztlich das Lebensblut der Industrie, deren Bewertungsniveau ja immer wieder durch Patentabläufe bedroht ist.
Aufgrund dieses Anlagestils ist der Medical BioHealth-Trends ein Small- und Mid Cap Healthcare-Fonds. Er hat ca. 60% seines Anlagevermögens in Small Caps < 1 Mrd. USD Marktkapitalisierung investiert, 25% in Mid Caps zwischen 1 und 10 Mrd. USD und aus technischen, insbesondere Liquiditätsgründen eine Beimischung von ca. 15% in Large Caps über 10 Mrd. USD.
Der Firmengründer von Medical Strategy, Herr Dr. Fischer und ich als Co-Manager begleiten den Fonds seit seinem ersten Tag. Wir werden durch ein eigenes Team von Analysten, einem wissenschaftlichen Beirat anerkannter Professoren sowie unserer Datenbank-System, in der wir alle innovativen Firmen systematisch dokumentieren, unterstützt.
Dies ermöglicht einen konsistenten Managementansatz in allen Markt- und Börsenphasen. Unser Stockpicking von Innovationsfirmen erfolgt immer nach Value Prinzipien, d.h. wir identifizieren Unterbewertung im Verhältnis zum Kurspotential. Dieser Value-Ansatz war maßgeblicher Garant für unsere Outperformance über die letzten 13 Jahre.
e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Gespräch!
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