Die muslimische Weltbevölkerung dürfte bis 2050 weltweit um rund 600 Millionen auf 2,6 Milliarden Menschen wachsen. Diese Entwicklung konzentriert sich auf Länder mit hoher Wirtschaftsdynamik, zunehmenden Einkommen und steigenden Ansprüchen an Finanz- und Vorsorgeleistungen, wie Sandeep Singh, Country Head Franklin Templeton Malaysia, an einem Seminar zum Thema Scharia-konforme Anlagen in Zürich ausführte. Zudem wächst der Anlagebedarf der mächtigen Staatsfonds, die allein in den Mitgliedsländern der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) über 1‘500 Mrd. USD verwalten.
Dementsprechend dynamisch dürfte sich die islamische Finanzwelt entwickeln. Diese konzentriert sich momentan auf die Zentren Malaysia, Saudi Arabien, die Arabischen Emirate und Südafrika, fasst aber auch zunehmend im Vereinigten Königreich Fuss und hat erste Ausläufer in der Schweiz. „Gerade in dieser geo- wie finanzpolitisch unsicheren Zeit setzen Muslime aus aller Welt auf die Sicherheit und Stabilität der Schweiz und lassen ihr Vermögen hier verwalten“, unterstrich Jens Kruse, Country Head von Franklin Templeton Schweiz. Er schätzt, dass von den Wertpapieren im Wert von zurzeit 2‘900 Mrd. Franken, die in der Schweiz für ausländische Anleger verwaltet werden, bereits heute ein zweistelliger Milliardenbetrag für muslimische Privatkunden betreut wird.
Sukuk als moderne Pendants zu konventionellen Anleihen
Wie in der westlichen Hemisphäre möchten auch muslimisch orientierte Anleger vermehrt gemäss ihren ethischen und sozialen Wertvorstellungen anlegen. Während sich in unseren Breitengraden Konzepte wie Socially Responsible-, Environment Social Governance- und Impact Investing etabliert haben, kommen in muslimischen Regionen Modelle auf, die sich nach Islamischen Anlagekriterien richten, sprich Scharia-konform sind. So wie im Westen sind Anlagen in Alkohol, Waffen, Tabak, Pornographie und Kasinos verpönt. Dazu kommen bei Scharia-konformen Anlagen noch Schweinefleisch sowie konventionelle Finanzunternehmen. Letztere deshalb, weil im Islam Zinsen (Riba), die in den hiesigen konventionellen Finanzmärkten eine zentrale Rolle spielen, verboten sind.
Dank moderner Strukturierungstechnologien wurde anfangs der 2000er-Jahre eine neue Generation von Scharia-konformen Produkten entwickelt, die zinsähnliche Anlagecharakteristiken aufweisen und auch in westlichen Märkten aufgenommen werden. Sukuk sind Sammelgefässe, die diversifiziert in kotierte Aktien, Private Equity oder Immobilien investieren. Den Sukuk-Inhabern wird dabei ein Miteigentumsanteil an den Vermögenswerten, die den Sukuk zugrundeliegen, übertragen. Aufgrund des Zinsverbots sind Sukuk so strukturiert, dass Cuponzahlungen in Wirklichkeit Pacht, Miete oder Gewinn sind, die an Sukuk-Inhaber durchgeleitet werden.